Fahrberichte
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Kawasaki Z1000
Modelljahr 2007
Das Z-Prinzip
Eine Story in drei Kapiteln
Harley-Davidson hat eine ellenlange Historie. Auch
BMW kann
auf eine ruhmreiche Vergangenheit zurückblicken. Nicht ganz so
alt sind die Feuerstühle von Kawasaki. Zum Meilenstein in der
Firmengeschichte wurde 1972 die Z900 "Z1", und das war genau
vor 35 Jahren. Taufrisch dagegen ist die Z1000. Winni Scheibe hat
den Asphaltbrenner auf der Vulkaninsel Fuerteventura ausprobiert.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werk, Archiv
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Kawasaki Z1000 im März 2007 auf der
Ferieninsel Fuerteventura
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"Das Donnerwetter"
1. Kapitel
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Wenn
das Gespräch auf "weißt du noch" kommt, rücken gestern und
heute plötzlich ganz dicht zusammen. Zum Beispiel dann, wenn sich
eingefleischte Kawa-Fans über die legendäre Kawasaki Z900
"Z1" unterhalten. Vorgestellt wurde der Überhammer im Herbst
1972 auf der IFMA in Köln. |

Sensation auf der IFMA 1972: Kawasaki Z900
"Z1"
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Fest
ins Bewusstsein gebrannt hat sich die Z1 bei mir im Frühjahr 1973.
Damals war ich mit meinem 350er Yamaha Productions-Racer zum
Renntraining in Hockenheim. Bevor es allerdings mit dem Üben losging,
hatte die Test-Crew von "Das MOTORRAD" den Kurs in Beschlag
genommen. Die beiden Tester Franz Josef "FJS" Schermer und
Lucke Braun prügelten die neue Vierzylinder-Kawasaki um den Kurs. Es
war wie ein Erdbeben. Sound, Beschleunigung und Topspeed setzten in der
damaligen Motorradwelt vollkommen neue Maßstäbe.
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Hockenheim März 1973: Test der Z1
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Zu
"FJS" knüpfte ich Kontakt, aus dem im Laufe der Zeit eine
feste Freundschaft wurde. Wie heute kann ich mich an die damalige
Diskussion über die Z1 und die allgemeine Motorradszene überhaupt
erinnern. Die jenigen, die den Motorradboom Anfang der 70er Jahre
miterlebt haben, braucht man ja nichts über den damaligen Zeitgeist zu
erzählen. Jüngere Biker dagegen können sich sicherlich nur schwer
vorstellen, was vor rund 35 Jahren so los war. Da gab es die
eingeschworenen BMW-Fans, die nichts auf ihre Boxer-Maschinen kommen ließen. Oder die Italo-Liebhaber von Moto Guzzi, Moto Morini, Ducati.
Und natürlich die Briten-Fraktion, für sie war Motorradfahren echte
Männersache. Ihre kernigen Traum-Twins stammten von Triumph, BSA oder
Norton. Harleys waren bei uns Exoten, die amerikanischen Eisenhaufen
spielten (noch) keine Rolle. Das war die eine Fraktion, bodenständig,
erfahren, konservativ. |

MOTORRAD Cheftester "FJS" bei der
227 km/h
Topspeed-Messung der "Z1" auf dem Nürburgring
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Vollkommen
anders die "Halbstarken". 18, 19, 20, 21-jährige
Motorradverrückte, die voll auf die neuen japanischen Reiskocher
abfuhren. Diesen Maschinen gehört die Zukunft, war "FJS"
damals überzeugt. Er nannte als Beispiel die Honda CB 750 und verwies
im gleichen Atemzug auf die vor uns stehende und vom heißen Motor noch
knisternde Z1. Die Japaner, prophezeite er, werden den traditionellen
Herstellern schon bald zeigen, wo der Hammer hängt. Die Asiaten haben
die Zukunft im Auge, was gestern war, interessiert sie nicht. Sinn für
Historie, Fehlanzeige.
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"Frankensteins Tochter"
2. Kapitel
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Kawasaki Z 900 von 1974 |
Gut
ein Jahr nach dem Erlebnis in Hockenheim durfte ich die Z1 von meinem
Freund Bodo ausprobieren. Alles, was ich bisher über die 79 PS starke Z
900 erfahren hatte, bestätigte sich bei diesem Ausflug. Die Z1 war die
Hölle. Die Beschleunigung riss einen regelrecht vom Hocker, ruckzuck
war man auf über 200 Sachen, uns jungen Motorradfahrern konnte es ja
nie schnell genug gehen. In einem späteren Test nannte "FJS"
die Kawa sogar einmal "Frankensteins Tochter". Die Z1 forderte
nämlich ihren Kerl, besonders wenn es flott um die Ecken gehen sollte.
Rahmenbau, Fahrwerksabstimmung und Bremsen steckten noch in den
Kinderschuhen, diese Bauteile waren mit der brachialen Motorleistung
hoffnungslos überfordert.
Dafür gab es hinterher immer viel zu erzählen. Für die einen wurde
die Z1 zur Sucht. Andere verspotteten die "verspielte
Technik", trauten ihr nicht über den Weg und "lange hält das
japanische Gelump sowieso nicht", so die Meinung der Experten. Sie
sollten sich gewaltig irren. Die Z1 machte ihren Weg. Bei den Power-versessenen Bikern auf der Straße und auf der Rennstrecke.
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Egli-Racing Team
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Bereits
1974 gewann das Egli-Racing Team mit den französischen Starpiloten
Godier/Genoud im prestigeträchtigen Endurance-Langstreckenrennsport den
Titel. Noch heute schwärmt der eidgenössische Fahrwerks-Guru von dem
Potential, das im Kawa-Triebwerk steckte. In den USA war es der
legendäre Pop Yoshimura, der reihenweise Erfolge mit der Z1 einfuhr.
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1977
machte Kawasaki das Maß voll und brachte die Z1000 auf den Markt. Das
tat der Karriere keinen Abbruch. Besonders in der populären
amerikanischen AMA-Superbike-Serie. Zu den bekanntesten US-Champions im
Dienste von Kawasaki zählten Eddie Lawson und Wayne Rainey. Beide
wurden später, wenn auch auf Yamaha und Honda, mehrfache 500er
Weltmeister.
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Kawasaki Z1000 von 1977 |

Kawasaki AMA-Superbike-Champion 1980,1981und
1982 Eddie Lawson
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Kawasaki GPZ900R von 1984
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1983
löste die vollkommen neu entwickelte Kawasaki GPZ900R die
"Z-Generation" ab, Z900 und Z1000 waren out, wurden fast
vergessen. Dachte man jedenfalls. |
"Frankensteins Erbin"
3. Kapitel
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Kawasaki Z1000
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Wieder
stehe ich vor einer knisternden Vierzylinder-Kawasaki. Dieses Mal ist
die Geräuschkulisse jedoch wesentlich dezenter. Das Triebwerk ist
flüssigkeitsgekühlt, die Thermik des 125-PS Boliden tadellos. Mir
kommt der Montag vor fast genau 35 Jahren in den Sinn. Damals konnte der
Motorradhersteller Kawasaki tatsächlich noch nicht auf eine bewegte
Tradition zurückblicken. Die ersten Kawas wurden 1963 in Japan verkauft
und als MOTORRAD 1973 die Z1 auf dem Hockenheimring testete, war die
Motorradmarke gerademal 10 Jahre auf dem Markt, taufrisch würde man
vielleicht heute sagen. |

Kawasaki Z1000 von 2004
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Im
März 2007 ist alles anders. Z1 und auch Z1000 sind längst Oldtimer und
trotzdem gehen sie den Kawa-Fans, aber vor allen den japanischen
Firmenmanagern, nicht aus dem Kopf. Das Ergebnis des
Geschichtsbewusstseins war 2003 die Z1000 und für 2007 ist es nun die
aktuelle Z1000, eine konsequente Weiterentwicklung des 2003er Modells.
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Stand der Dinge: Moderner Einspritz-Motor
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Eigentlich
ist ein Vergleich zur Ur-Z1 nicht zulässig. Zwischen den beiden
Asphaltbrennern liegen immerhin 35 Jahre Motorradentwicklung. Die Neue
hat alles, was momentan Stand der Dinge ist: Einspritzmotor, G-Kat,
Euro-3-Norm und bei uns in Deutschland serienmäßig ABS sowieso. Und
trotzdem, die Z1 war damals und die Z1000 ist heute ein Motorrad, wie
Motorräder zu sein haben. Ohne Firlefanz und Schnickschnack. Puristen
würden sagen "mit Technik zum Durchgucken". Längst hat man
für diese Art von Maschinen auch einen Namen gefunden, sie werden
Naked-Bike genannt. Aber schon fängt die Streiterei an, die Z1000 ist
groß und stark, also könnte sie auch ein Muskel-Bike sein, oder wegen
ihrem aggressiven Aussehen auch ein Streeetfighter.
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Es
gibt allerdings noch weitere Optionen. Zum Beispiel Kraftrad und
Fahrmaschine. Und genau so etwas ist die Z1000. Weil der Motor mit 125
PS gut im Futter steht und mächtig Dampf aus dem Keller hat. Das gibt
der Vorwärtsbewegung etwas Souveränes, macht die Z1000 zur
Fahrmaschine. Für Spritztouren, zum Rumgondeln, zum Cruisen aber auch
zum Kurvenkratzen. Für Vollgas auf der Autobahn nicht unbedingt. Die
kleine Verkleidung sieht zwar rattenscharf aus, Schutz vor Wind und
Wetter gewährt sie jedoch kaum. Wer unbedingt mit dem Bauch flach über
dem Tank liegend volle Lotte über die Bahn heizen will, ist auf der
ZX-10R zweifellos besser aufgehoben.
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Wie
es sich für eine echte Fahrmaschine gehört, ist die Sitzposition auf
der Z1000 kommod. Aufrecht sitzend, die Nase im Wind, garantiert nicht
nur für guten Überblick, nichts kneift, nichts zwickt. Fast lässt
sich behaupten, man fühlt sich auf Anhieb wohl. Und weil es so ist,
lässt man es zügig laufen. Rechtsrum, linksrum und zwischendurch
auf den Graden mit Sprint-Einlagen. Das schöne daran, alles im großen
Gang. Selbst vorschriftsmäßig mit 50 Sachen in Ortschaften bleibt der
Sechste drin. Die Drehzahlmessernadel zeigt niedrige 2000 Touren an,
nichts ruckelt, das Triebwerk schnurrt wie ein Kätzchen. Nach dem
Ortsschild wird am Kabel gezogen und ab geht die Post. Natürlich kann
man vor Kurven 2-3 Gänge zurückschalten und nach dem Knick voll
durchbeschleunigen. Kann man, macht auch Spaß, muss man aber nicht.
Langweilig wird es so oder so nicht. Der Motor hat in jeder Lebenslage
Kraft, so wie es von einem Kraftrad eben erwartet wird.
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Zum
Handling der gut 230 kg schweren Z1000 lässt sich schon nach wenigen
Kilometern auf kurviger und freier Strecke feststellen, dass die
Steuerung Vorderrad-bezogen ist. Hätte sie Stummellenker, kämen
sportliche Gefühle auf und so bleibt eine Mixtur aus
Toureneigenschaften und Superbike-Feeling. Maßgeblich mitverantwortlich für diese Fahreigenschaften sind die breiten Pneus, die
in den haargenau gleichen Dimensionen auch auf besagten 300 km/h
schnellen Superbikes Verwendung finden. Bei der Kawa sind es Dunlop-Sportmax-Qualifier-Gummis, erste Wahl also.
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Das
Gleiche gilt auch den Stoppern. Fein dosierbar und wenn man vorne voll
zieht, schlägt es einen fast über den Lenker. Der Clou dabei, nichts
blockiert, besonders vorne nicht. Das Zauberwort heißt ABS. Wer dieses
Sicherheitspotential in einer unverhofften Schrecksituation aber voll
nutzen möchte, sollte alles bisher Verinnerlichte schleunigst schnell
vergessen und das Bremsen im ABS-Regelbereich fleißig trainieren. Und
das heißt, den längst in Fleisch und Blut übergegangene
Handlungsablauf "blockiert das Vorderrad - Bremse sofort
lösen" gegen das neue Muster "Bremse voll halten"
tauschen. Klingt kinderleicht, ist es aber nicht. Hier helfen aber weder
Tipps noch Ratschläge. Nur durch üben und noch einmal üben lässt
sich der
neue Handlungsablauf "Bremse halten" als Programm im Unterbewusstsein abspeichern.
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Dass
die Z1000 umwelttechnisch mit Einspritzanlage, G-Kat und Euro-3-Norm top-up-to-date ist, versteht sich eigentlich von selbst. Beim
Fahren selbst,
bekommt man davon nichts mit und würde man es dem Fahrer nicht
verraten, dass es so ist, er würde selbst nie darauf kommen.
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Bleiben
zu guter Letzt noch ein paar Worte zum Outfit der neuen Z1000. Noch vor
einiger Zeit hätte man sie als Streetfigther bezeichnet. Das waren
Maschinen, die wild, aggressiv und ganz böse aussahen. Damals waren
diese Kreationen seltene Exoten, mit denen man auffiel. Die Leute drehten
ihre Köpfe nach ihnen um. Inzwischen gibt es diese Muster von der
Stange, auch bei Kawasaki, eben als Z1000. Und weil diese extravagante
Mode längst zur Allgemeinmode geworden ist, spricht schon lange keiner
mehr über Streetfighter. Jedenfalls bei den Serien-Bikes.
Letztendlich ist das aber ziemlich schnurz. Sitzt man auf dem Kraftrad,
bekommt man davon ja sowieso nichts mit. Gucken tun nur die anderen und
das kann auch nichts schaden.
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Technische Daten
Kawasaki Z1000
Modelljahr 2007

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Motor:
Flüssigkeitsgekühlter DOHC-4-Zylinder-Viertakt-Reihenmotor,
Hubraum
953 ccm,
Bohrung x Hub 77,2 x 50,9 mm; Verdichtungsverhältnis 11,2:1;
vier Ventile pro Zylinder; Leistung 92 kW (125 PS) bei 10.000/min
(Leistungsbeschränkte Version 72 kW (98 PS) gegen Aufpreis),
maximales Drehmoment 98,7 Nm bei 8.200min; Keihin-Kraftstoffeinspritzung
mit
ovalen Zusatzdrosselklappen; Digital-Zündanlage; G-Kat, EU-Abgasnorm
EURO 3;
E-Starter; Sechsganggetriebe, Antriebskette mit Dichtringen
Rahmen:
Zentralrohrrahmen (mit Motorhilfsrahmen) aus hochfestem Stahl;
41-mm-Upside-Down-Gabel mit stufenloser Zugstufendämpfung und
einstellbarer
Federvorspannung; Bottom-Link Uni-Trak-Schwinge mit Gasdruckfederbein,
stufenlos einstellbare Zugstufendämpfung und Federvorspannung;
Federweg vorn 120 mm, hinten 150 mm; Bereifen vorn 120/70ZR17M/C (58W),
hinten 190/50ZR17M/C (73W); Bremsen vorn 300-mm-Doppelscheibenbremse im
Petal-Design, hinten 250-mm-Einzelscheibenbremse im Petal-Design;
ABS;
Gewicht 232 kg; Sitzhöhe 820 mm; Tankinhalt 18,5 l
Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h
Preis: 10.395 Euro plus Nebenkosten |

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