Fahrberichte


Elektro-Enduro Quantya Strada EVO1

"Hochspannung"

Die Meldungen im Dezember 2008 überschlagen sich. Weltweit klagt
die Autoindustrie über eine dramatische Absatzkrise. Honda zieht sich
aus der Formel 1 zurück und in den USA verweigert die Kundschaft
plötzlich den Konsum. Ungeachtet dessen setzt Quantya S.A.,
elektro-symbolisch gesehen, mit der Strada EVO1 zum Hochsprung an.

Text: Winni Scheibe
Fotos:
Quantya S.A., Oliver Raukohl, Winni Scheibe



(Foto: Quantya S.A.)


Freitag, 05. Dezember 2008, 12:10 Uhr.
B1, zwischen Soest und Unna, im Auto höre ich in den Nachrichten, dass sich Honda mit sofortiger Wirkung aus dem Formel 1 Rennsport verabschiedet. Als Gründe gibt der japanische Hersteller Absatzprobleme, die weltweite Finanzkrise, aber auch die immensen Kosten für das Spektakel an. Dabei trifft es keinen Armen. Laut Insider-Information verschlingt das Formel 1 Engagement pro Jahr rund 350 Millionen Euro. Aber auch Honda, weltgrößter Motorradhersteller und im Autobereich immerhin auf dem 7. Platz, muss sparen. Weitere Spekulationen wer, wann und warum als Nächster auch noch aus der Formel 1 aussteigen wird, folgen im Radio. Dann kommen ellenlange Staumeldungen von der A44, A2, A45, A43 .... der Ruhrpott ist, wie gewohnt, mal wieder ziemlich dicht ...



Quantya Strada EVO1
(Foto: Winni Scheibe)


Freitag, 05. Dezember 2008, 13:30 Uhr.
Unna-Massen, ich besuche Oliver Raukohl, Vertragshändler von Quantya S.A., Swiss Made. Von den astronomischen Beträgen, die Honda in die Formel 1 investierte, kann der einzige eidgenössische Motorradhersteller mit Sitz in Lugano allerdings nur träumen. Dabei ist Quantya auch im Sportbereich tätig. Das kleine Unternehmen baut nämlich Elektro-Crosser und seit neuestem auch Elektro-Straßenenduros. Und wie es im Moment so aussieht, gehört diesen Stromern die Zukunft.



(Foto: Winn Scheibe)


Freitag, 05. Dezember 2008, 14:00 Uhr.
Oliver Raukohl hat den Akku von der Quantya Strada EVO1 über ein spezielles Ladegerät mit Strom aus der Steckdose aufgeladen. Die Kosten belaufen sich gerade mal auf 20 Cent, Portokasse könnte man sagen. Der kleine Stollenreiter ist startklar und Offroad-Experte Raukohl verrät mir die Handhabung: "Die Bremsen sind so wie bei fast allen Rollern. Mit dem rechten Handhebel wird das Vorderrad und mit dem linken Handhebel das Hinterrad gebremst. Der Gasgriff ist wie gewohnt rechts am Lenker, der Zündschüssel sitzt neben dem Tacho. Von geläufigen Bezeichnungen sollten wir uns bei der Quantya allerdings verabschieden. Der Zündschlüssel ist eigentlich ein Stromschalter mit ein-aus oder on-off Stellung, so wie der Knipser am Föhn. Auch die Bezeichnung Gasgriff stimmt eigentlich nicht mehr. Ein Elektromotor bekommt ja kein Gas, sondern Strom. Und deswegen ist genau genommen der Gasgriff ein Potentiometer. Solche Potentiometer kennen wir von Dimmerlampen, runtergedreht ist das Licht aus, beim Hochdrehen wird die Lampe immer heller. Und genau das macht der Potentiometer am Elektro-Bike. Je weiter der Fahrer den Griff aufdreht, um so schneller fährt die Quantya."


Die Bedienung ist kinderleicht

 


(Foto: Quantya S.A.)


Das muss man natürlich nicht unbedingt alles wissen, vereinfacht aber die Eingewöhnungszeit auf dem Gelände-Stromer. Wer nämlich schon seit einiger Zeit Motorrad fährt, dem sind die Abläufe Gas geben, kuppeln, schalten, Motordrehzahl, Beschleunigung und Geschwindigkeit längst in Fleisch und Blut über gegangen. Ein Großteil diese Übungen entfallen auf der Quantya, drauf setzen "Gas geben" und schon geht’s los mit den jungen Pferden. Die Bedienung ist kinderleicht.
Optisch wirkt die Strada EVO1 wie eine abgespeckte 80er aus den 1980er Jahren. Im Fahrbetrieb möchte man sie in die Kategorie modernes 125er Leichtkraftrad einordnen. Der Beschleunigung nach, so bis 50-60 Sachen, könnte man dafür fast glauben, man sitzt auf einer 250er Enduro. Anders als bei Motorrädern mit landläufigen Verbrennungstriebwerken, die bekanntlich erst mal "auf Touren" kommen müssen, legt die Quantya mit ihrem 12 kW (8,5 kW-TÜV-Version) Elektromotor sofort voll los, auch das Drehmoment von 38 Nm ist ab dem ersten Meter komplett abrufbar. Was fehlt, ist der Sound, kernige Viertakt-Schläge, so wie wir sie von Crossern oder Enduros aus dem Haus KTM oder Husqvarna kennen und lieben. Das hat aber auch Vorteile. Die Quantya kommt auf ganz leisen Sohlen daher, man hört sie kaum. Das Motorgeräusch erinnert höchstens an das Surren eines Lüfterrades im Auto. Das stört eigentlich niemanden, weder auf der Straße und schon lange nicht im Gelände. Und genau aus diesem Grund wurde der Elektro-Crosser von Claudio Dick aus Lugano in der Schweiz entwickelt. Als umweltverträgliches Offroad-Bike ohne Abgase und Lärm, und falls der Akteur im Matsch mal umkippt, kann auch kein Benzin oder Motoröl im Erdreich versickern, nichts davon ist an Bord.


Der Fahrspaß ist enorm

 


(Foto: Quantya S.A.)


Auf dem kleinen Stollen-Stromer Platz genommen, sitzt der Fahrer dicht am Lenker und somit ziemlich versammelt. Die Fußspitzen haben Auszeit, Schalt- und Fußbremshebel gibt es nicht. Zunächst werden im Schritttempo ein paar enge Kurven gedreht, so lässt sich am Schnellsten das richtige Gefühl für die Kraftentfaltung des Elektromotors bekommen. Klappt die Übung, geht’s auf Strecke. Das schiebt. Die Straße rauf und wieder runter, mal ums Eck und dann ein Stück übern Acker. Man fühlt sich wie ein Lausbub, die Quantya ist noch lange keine ausgewachsene Geländemaschine, eher ein junges Fohlen. Das steckt an, mit etwas Training sind auch nette Kunststücke drin: Wheelies, Stoppies und Sprünge.




(2 Fotos: Quantya S.A.)


Es ist ein Tag vor Nikolaus, im Sauerland liegt Schnee, in Unna ist die Landschaft matschig. Für einen ersten Fahreindruck reicht mir der Ausflug, es hat Spaß gemacht und überzeugt. Zum Abschluss erzählt mit Oliver Raukohl noch von seinem Quantya-Offroad-Park, den er Anfang 2009 gleich um die Ecke eröffnen wird. Zur Einweihung komme ich. Dann juckele ich zwei Akkus leer, versprochen.



Quantya-Offroad-Park bei Unna
(Foto: Oliver Raukohl)


Freitag, 05. Dezember 2008, 17:05 Uhr.
A44, Heimfahrt Richtung Kassel, es rollt. Deutschland ist Autoland, die Honda Meldung vom F 1 Rückzug gehört weiterhin in den Nachrichten zum Topthema. Es ist nur der Anfang, mal sehen, wie die Branche die Kurve kriegt.



(Foto: Quantya S.A.)


Die Quantya-Technik

 


Vom 12 kW Elektromotor wird die Power über einen Zahnriemen auf eine Vorgelegewelle im Schwingendrehpunkt und dann via Kette zum Hinterrad übertragen
 (Foto: Winni Scheibe)


Triebwerk:

Gleichstrom-Elektromotor, Leistung 12 kW (TÜV-Version 8,5 kW)
maximales Drehmoment 38 Nm, Quantya TelemetricSystem-Software, Lithium-Polymer-Akku, Spannung 48 V. Ladezeit 70 Minuten für 80%, 140 Minuten für 100%, Akku-Lebensdauer laut Hersteller-Angabe 2 Jahre oder 1000 Ladezyklen.
Kraftübertragung über Zahnriemen auf eine Vorgelegewelle im Schwingendrehpunkt und Kette zum Hinterrad

Fahrwerk:
Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, Marzocchi Upside-down Gabel, Gleitrohrdurchmesser 40 mm, Federweg 245 mm, Vierkant-Stahlschwinge, Sachs-Federbein mit Umlenkhebel, Federweg 275 mm, Bereifung vorne 2.75x19, hinten 3.50x18, vorne und hinten hydraulisch betätigte Scheibenbremse, Gewicht 95 kg

Fahrleistungen:
Reichweite je nach Einsatz bis zu 180 Minuten
Höchstgeschwindigkeit 80 km/h

Kosten
Modell: Quantya Strada EVO1 9.282 Euro, straßenzugelassen für Führerscheinklasse A1 ab 16 Jahren
Modell: Quantya Track 8.794 Euro, Offroad-Bike ohne Straßenzulassung
2 Jahre Garantie

Kontakt:
MX Friends Limited
Oliver Raukohl
Buderusstr. 47
59427 Unna

info@mx-friends.de
www.mx-friends.de
www.quantya.com


Links zu Fernsehbeiträgen auf YouTube
WDR: http://de.youtube.com/watch?v=mhh1YKXYtGs
RTL: http://de.youtube.com/watch?v=vIY42w-VzeI


Text-Archiv: Fahrberichte


Home