Helm-Story
Am 1. Januar 1976 wurde für Benutzer von
Kleinkrafträdern,
Krafträdern und Rollern die Helmtragepflicht eingeführt.
"Kopfschmuck"
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Helme haben
verschiedene Aufgaben. Neben dem Schutz für die
kostbare Birne
wertet der Kopfschmuck seinen Träger mächtig auf:
"Ein Mensch mit Hut ist eben mehr".
Text:
Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv
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Ihr
Mut und ihre Unbesiegbarkeit ist Legende. Von Freunden wurden
sie respektiert, ihre Feinde aber hatten mächtig Bange vor ihnen. Selbst
fürchteten sie nur ein Ding: "dass ihnen der Himmel auf den Kopf
fallen könne!"
Ihr größter Spaß
war es, römischen Legionären eins überzubraten. Asterix und Obelix, die
beiden Helden aus Kleinbonum, gingen bereits 50 Jahre v. Chr. in die
Geschichte ein. Ob aber ausgerechnet diese ausgebufften
Teufelskerle dafür verantwortlich waren, dass römische Soldaten einen
Schutzhelm tragen mussten, ist ungewiss. Fest steht: Ohne die schützende
Schale hätte es in Gallien noch mehr Kleinholz gegeben.
Knapp zwei Jahrtausende nach den
witzigen Kebbeleien zwischen den unbesiegbaren Galliern und den
unbelehrbaren Römern war es die Menschheit endgültig leid, immer nur zu
Fuß zu gehen. Es war an der Zeit, Autos und Motorräder zu erfinden.
Wobei die letzteren in unserer Geschichte die Hauptrolle spielen. Dass
dieses neumoderne Fortbewegungsmittel gewaltige Risiken für Leib und
Leben bedeuteten, erkannten Behörden recht schnell. In England war es zum
Beispiel um die Jahrhundertwende per Gesetz vorgeschrieben, dass dem
gefährlichen Vehikel eine Person mit einer warnenden Fahne vorweg
schreiten musste. Auf keinen Fall durfte den herbeigelaufenen und
gaffenden Menschen etwas passieren.
Straßenverkehr in England um die
Jahrhundertwende
(Foto: Archiv) |
"Mit Schal und
Bommelmütze"
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An
einen Schutz der Kradler dachte indes niemand. Wem es bei rasanter
Fahrt um die Ohren oder an der Stirn zu kalt wurde, der wickelte
sich einen dicken Schal um oder setzte eine Bommelmütze auf. Die
restlichen Körperteile hüllte man in warme Kleidung. Wäre die
Technik auf diesem Stand stehen geblieben, würden sicherlich heute
noch viele Motorradfahrer so durch die Gegend brausen. Doch es
sollte ganz anders kommen. |
"Fliegerhelme für die Kradler"
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Die
Maschinen wurden immer schneller. Und um aller Welt zu zeigen, wie flott
sie wirklich waren, veranstaltete man Rennen. Eng anliegende Lederkleidung,
hohe Stiefel, Handschuhe, eine fesche Lederhaube und eine Schutzbrille
gehörten zunächst zur Standardausstattung der Vollgaspiloten. Auf die
Idee, einen "Sturzhelm" aufzusetzen, kam man erst etliche Jahre
später.
Zweckentfremdet stülpten sich die
Rennfahrer einen Fliegerhelm aufs Haupt. Diese robusten Lederhauben
hielten nicht nur mollig warm, sondern minderten bei einer
"Notlandung" tatsächlich Kopfverletzungen. Bei einigen
Helmen bestand die Halbschale aus dickem Leder, die, wie zum Beispiel
beim "Döberitz-Helm", zusätzlich mit einer über Kreuz
aufgenähten "Lederwurst" verstärkt wurde. Der Kopf
selbst steckte allerdings nicht direkt in der Lederschale. Für eine
zusätzliche "Stoßdämpfung" war der Innenraum
ausgefüttert oder bei besseren Ausführungen sogar mit einem
Kreuzband ausgestattet.
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"Döberitz-Helm" |
Döberitz-Helm von innen |
Schuberth-Halbschalenhelm mit Wiege |
"Eine Eierschale aus
Pappmache"
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Erste Motorrad-Halbschalenhelme gab es auch
bald. Augenfälliger Unterschied zur Lederkappe war die glatte und feste
Außenschale. Sie bestand aus einem verklebten oder harzverstärkten
Leinen- oder Papiermaterial. Im Volksmund auch als Pappmaché bezeichnet.
Diese "Eierschale" sollte das Durchdringen fester Gegenstände
verhindern. Für die eigentliche Stoßdämpfung war je nach Helmtyp der
Innenbereich mit einer dünnen Lage aus Kork oder Filz ausgeschlagen und
zusätzlich mit einem Kreuzband aus stabilem Baumwollgewebe versehen. Den
Kopf nahm die "Wiege", eine nach oben offene Baumwollmütze, auf.
Je nach Kopfgröße ließ sich die Passgenauigkeit über eine Schnürung
verstellen. Ein Nackenschutz und Kinnriemen aus Leder sicherten den guten
Halt auf dem Kopf. Viel Sicherheit hatte die "Knalltüte"
allerdings noch nicht zu bieten. Erlitt der Akteur Bodenkontakt und schlug
mit dem Helm hart auf die Fahrbahn auf oder prallte mit ihm gegen ein
Hindernis, konnte es durchaus passieren, dass die Außenschale wie Glas
zerbrach. Ungeachtet dieses Mankos wurde im Straßenrennsport, im Speedway
und bei den Sandbahnrennen die "Helmpflicht" eingeführt. Bei
Zuverlässigkeitsfahrten, Gelände- oder Trialveranstaltungen begnügte
man sich weiterhin mit den Woll- oder Lederkappen. |
"Schirmkappe für die
Herrenfahrer"
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Das
gewöhnliche Volk auf der Landstraße war erheblich anspruchsloser.
Entweder fuhr man "oben ohne", oder man stülpte sich eine
Wollmütze oder Schirmkappe über. Wollte man die Maschine mal voll
ausfahren, wurde die Mütze mit der Schirmseite einfach nach hinten
gedreht. So war die Kopfbedeckung spielend "100-mph-fest"!
Besser gestellte Kraftradfahrer trugen weiße Leinen- oder schicke
Lederhauben. Ernsthafte Konkurrenz bekamen die elastischen Kopfbedeckungen
erst Mitte der 30er Jahre.
Alois Drax aus München brachte einen für
jedermann käuflichen Schutzhelm mit Hartschale auf den Markt. Gut 20
Jahre war für die sportbegeisterten Motorradfahrer die "Drax-Halbschale"
das Maß der Dinge. Tauchte irgendwo ein Sportsfreund mit solch einem
"Sturzhelm" auf dem Kopf auf, wurde er von seinen Artgenossen
jedoch mitleidig belächelt und sogar als Spinner oder Angeber links
liegen gelassen. Mit diesen "Rennfahrern" wollten die erfahrenen
Windgesichter nichts zu tun haben.
Die Helmlegende: "Cromwell"
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An dieser Einstellung änderte sich in
den nächsten Jahren wenig. Auch nicht, als nach dem Zweiten Weltkrieg das
"Helmtragen" richtig in Mode kam. Dieser Trend kam aus England
und hieß Cromwell. Die feste Außenschale des Cromwell-Halbschalenhelms
war aus "Vulkan-Fiber" gefertigt. Im Vergleich mit früheren
Mustern war die Außenschale längst nicht mehr so bruchgefährdet. Die
Innenausstattung orientierte sich an bekannten Ausführungen. Anfang der
50er Jahre gab es erstmalig die Cromwell-Halbschale aus
duroplastischem
Kunststoff, in diesem Fall aus GfK (glasfaserverstärktes Polyesterharz).
Das Außenmaterial bestand aus mehreren Schichten Glasfasergewebematten,
die mit Kunstharz getränkt waren. Die GfK-Schale wurde handlaminiert und
zeigte hervorragende Eigenschaften. Sie war außergewöhnlich stabil,
unempfindlich gegen Witterungseinflüsse und Lösungsmittel, ließ sich
individuell lackieren und nach Lust und Laune mit Aufklebern dekorieren.
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Trotz
des immensen Sicherheitsgewinnes teilte sich die Zweiradzunft auch
weiterhin in zwei Lager. Die einen lehnten kategorisch das Tragen eines
Schutzhelms ab. Andere hatten Rennfahrer als Vorbilder. Genau wie Mike
Hailwood, Giacomo Agostini, Jim Redman oder Phil Read, um hier nur vier mehrfache
Weltmeister zu nennen, steckten sie ihre Birne in den englischen Hut. Als
Augenschutz bevorzugte man Brillen von Fospaic, Monza oder Climax und als
Zeichen der Kameradschaft trug man den "gelben Schal". Ob im
Rennsport oder Straßenverkehr, der Cromwell war bald nicht mehr
wegzudenken. Manche Motorradfahrer bevorzugen noch heute die klassische
Schüssel...
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Jim Redman, Honda-Werksfahrer
und sechsfacher Weltmeister
(Foto: Archiv-Redman) |
"Styropor als Stoßdämpfer"
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Schuberth mit "Elastischer
Innenauskleidung"
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Eine
entscheidende Helmweiterentwicklung gelang der Firma Schuberth. Im Juni
1954 ließ Schuberth eine "Elastische Innenauskleidung, insbesondere
für einen Motorrad-Schutzhelm", patentieren. Zwischen der Helminnenwandung und der Tragekonstruktion hatten die Vordenker von
Schuberth eine Kalotte aus 15 bis 20 Millimeter starkem, stoßdämpfenden
Kunststoff eingearbeitet. Bei Schlägen oder Stößen auf die Außenschale
wurde ein Großteil der Energie von der Styropor-Kalotte aufgenommen und
somit die Kreuzbänder weniger belastet. Eine Verletzungsgefahr des Kopfes
ließ sich durch diese Erfindung deutlich reduzieren.
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Im Rennsport war das Tragen eines
Schutzhelmes von der FIM und OMK inzwischen zwingend vorgeschrieben, im
öffentlichen Verkehr brauchten die Kradler dagegen keinen aufsetzen. Auch
eine Normung, aus der die Hut-Qualität ersichtlich war, gab es nicht.
Neben der bekannten Halbschale kam in den 60er Jahren der Jet-Helm auf den
Markt. Dieser Helm stammte ursprünglich von Düsenjäger-Piloten, hatte
sich aber bereits im Autorennsport etabliert. Anders als bei der
"Schüssel" reichte bei diesem Hut die Außenschale bis über
die Ohren und bot somit erheblich mehr Sicherheit. Je nach Ausführung war
ein kleines Windschild oder sogar ein Visier am Helm befestigt. |
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"Hut"- Laden |
"Integralhelm", das Maß der Dinge
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Vollvisier-Helm Anno 1976
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Motorrad-Helme "Gestern und
Heute" |
"Neuzeit" |
Anfang der siebziger Jahre erschienen
in der deutschen Fachpresse erstmalig exotisch anmutende Fotos aus
Amerika. Anstelle von Cromwell- oder Jet-Helmen, trugen die US-Boys
neumoderne Vollhelme. Nach dem Motto: Was für Autorennfahrer gut ist, muss auch
zum Motorradfahren taugen, erprobten einige Vollgaspiloten
den neuen Kopfschutz. Doch der vom US-Helmproduzent Bell gebaute
Integral-Autoschutzhelm brachte längst nicht die erhofften Vorteile. Der
Helm war sehr schwer, das Sichtfeld aus dem Visierausschnitt zu klein, und
im Genickbereich war die Helmschale weit nach unten gezogen. Viele
Motorradfahrer und Fachleute standen dem neuen Kopfschutz kritisch bis
ablehnend gegenüber. Nach ihrer Ansicht konnte es bei einem Unfall durch
die tiefe Helmschale zum Genickbruch kommen. Darüber hinaus verbreiteten
sich bald die abenteuerlichsten Schaudergeschichten über die neuen
"Mars-Helme".
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Helmnormung ab 1970: DIN 4848
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Rückblickend darf aber sicherlich
gesagt werden, dass bereits in dieser Zeit mit der Halbschale kein
Blumentopf mehr zu gewinnen war, der technische Stand von Jet- und
Integralhelmen aber noch in den Kinderschuhen steckte. Nichtsdestotrotz
wurde im Februar 1970 in Deutschland die "Kraftfahrer-Schutzhelm-Normung nach DIN 4848" eingeführt. Die Ausführung sowie das
Prüfverfahren gebräuchlicher Halbschalenhelme war vom Expertenausschuss in dieser Normung genau festgelegt worden. Die gestellten
Sicherheitsaspekte ließen sich in folgende Kriterien unterteilen:
durchdringungsfeste Schutzschale, stoßdämpfende Bauteile wie Polsterung
und Tragebänder und die Trageeinrichtungen bestehend aus Wiege, Kopfband,
Nackenschutz und Kinnriemen sowie eine Innenpolsterung zur Erhöhung des
Tragekomforts.
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Herstellung eines thermoplastischen
Integral-Helms |
Zur Fertigung der Außenschale
verwenden die Helmhersteller zwei verschiedene Grundmaterialien. Die
duroplastischen Kunststoffe, Helme aus GfK oder Glasfiber, wurden bereits
erwähnt. Ist die Herstellung im Handarbeit - Laminieren recht
zeitaufwändig und teuer, lassen sich die Helmschalen heute in modernen
Produktionsverfahren maschinell herstellen. Hierbei spielt es überhaupt
keine Rolle, ob es sich um eine Außenschale für einen Halbschalen-, Jet-
oder Integral-Helm handelt. Motorradhelme aus duroplastischem Kunststoff
lassen sich in allen möglichen Farben lackieren, sind äußerst
widerstandsfähig und halten bei guter Pflege zehn Jahre und länger.
Wesentlich schneller und
preisgünstiger erfolgt die Herstellung von Helmschalen aus
thermoplastischem Kunststoff. Unter hohem Druck und mit großer Temperatur
wird die Hartschale in einer Spritzmaschine gefertigt. Als vor etwa 35
Jahren diese Fertigungstechnologie noch am Anfang stand, war es mit der
Qualität dieser Helme nicht weit her. Besonders empfindlich reagierte der
bereits eingefärbte Kunststoff auf UV-Strahlung und Lösungsmittel. Lacke
und Aufkleber konnte das Material auf den Tod nicht leiden. Je nach
Gebrauch konnte man die Hüte nach zwei oder drei Jahren auf den Müll
werfen. An eine umweltverträgliche Entsorgung dachte damals noch niemand.
Inzwischen hat sich auch bei den thermoplastischen Helmen vieles getan.
Längst sind sie nicht mehr so empfindlich. Auch die Lebensdauer beträgt
mittlerweile gut fünf Jahre. Im Vergleich zu den Kopfschützern aus
Duroplast sind thermoplastische Halbschalen-, Jet- oder Integral-Helme in
der Regel immer preisgünstiger. Was allerdings nicht bedeuten muss, dass
sie minderwertiger oder schlechter sind. Nur durch ihre günstigere
Herstellung lassen sie sich anders kalkulieren.
Den
eigentlichen Schutzfaktor eines Helms bestimmt nämlich nicht das Material
der Außenschale, sondern zunächst einmal, um welchen Typ es sich
überhaupt handelt und natürlich, was drinnen ist. Umfangreiche
Untersuchungen haben eindeutig belegt, dass nur ein Integral-Helm den
größtmöglichen Schutz bieten kann. Weder die Halbschale noch der
Jet-Helm genügen den aktuellen Sicherheitsanforderungen.
Windkanal-Test |
Helmaufbau
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Bis zum heutigen Standard der
Innenausstattung und des Visierkomforts musste der Helm allerdings etliche
Entwicklungsstufen durchlaufen. Begnügte man sich früher mit Kork, Filz
oder Ledereinlagen in Verbindung mit dem Kreuzband als stoßdämmende
Elemente, übernahmen im Laufe der Zeit fast alle Helmhersteller die von
Schuberth entwickelte Styropor-Innenpolsterung als wirkungsvolle
Stoßdämpfung. Sie verhindert bei einem Sturz, dass die auf die
Außenschale wirkende Stoßenergie ungedämpft an den Kopf weitergegeben
wird. Für guten Tragekomfort sorgen Innenpolsterung und das Innenfutter.
Bei den ersten Integral-Helmen wurde
das Visier zum Verschließen mit zwei Druckknöpfen unten am Helm
arretiert. Im Fahrbetrieb eine sehr unpraktische Bedienung. Wieder waren
es die Helmspezialisten von Schuberth in Braunschweig, die sich des
Problems annahmen und die "Einhand-Betätigung" erfanden. Heute
lassen sich bei allen Integralhelmen die Visiere teilweise stufig oder
stufenlos öffnen.
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"Recht&Pflicht"
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Ab dem 1. Januar 1976 war es
mit "oben ohne" vorbei!
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Ob,
oder ob nicht, und für welchen Helm sich der Motorradfahrer Mitte der
siebziger Jahre entschied, wurde ihm selbst überlassen. Wer die Freiheit
pur genießen wollte, fuhr sowieso "oben ohne". Mit dieser Freiheit war es
allerdings am 1. Januar 1976 vorbei. Für Benutzer von Kleinkrafträdern,
Krafträdern und Rollern wurde die Helmtragepflicht eingeführt. Etwas über
zwei Jahre später, ab Mitte 1978, mussten auch die Mokick- und Mopedfahrer
einen Schutzhelm tragen. Verstöße gegen diese Auflage wurden aber
(noch) nicht bestraft, erst ab dem 1. August 1980. Wer ohne Helm auf
dem Kopf erwischt wurde, bezahlte 30 Mark (ab 1.1.2002 15 Euro) Bußgeld.
An diesem Betrag hat sich bis heute nichts geändert.
Damit alle motorisierten
Zweiradfahrer vor dem Gesetz gleich sind, erweiterte man am 1.10.1985 die
Helmtragepflicht auch auf die Mofafahrer.
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Nach "DIN & Norm"
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Wie weit die Einführung des
Verwarnungsgeldes überhaupt erforderlich war, ist allerdings fraglich.
Längst hatte sich das Sicherheitsbewusstsein der Biker grundlegend
gewandelt. Eine Umfrage ergab, dass fast 99 Prozent der Biker den Helm
freiwillig aufsetzen. Vom Halbschalen-Helm wollte inzwischen kaum noch
jemand etwas wissen, auch die Jet-Helme waren passé, wer etwas auf sich
hielt, setzte einen Integral-Helm auf. Dachte man jedenfalls. Dass dies
aber nicht so war, erfuhr die breite Öffentlichkeit im Sommer 1988. Ab
Oktober `88 trat nämlich die neue Helmnorm ECE R-22 in Kraft. Eine
knüppelharte Prüfnorm, die nur noch moderne Integral- und hochwertige
Jet-Helme schafften. Der Aufschrei in der Szene war groß. Damit nun nicht
jeder gleich einen neuen ECE-geprüften Helm kaufen musste, gewährte der
Gesetzgeber bis Ende 1990 eine Übergangsfrist. Die Wogen glätteten sich
wieder. Wer bis zu dieser Zeit mit einem Cromwell auf dem Kopf erwischt
wurde, kam mit einer Verwarnung davon. Für alle alten Schüsseln galt
nämlich weiterhin die DIN 4848, die "Helmtragepflicht" war
damit erfüllt.
Ab 1990 löste die ECE 22-02 und ab
1992 die ECE 22-03 die ursprüngliche ECE-Norm von 1988 ab. Aber auch die
ECE 22-03 ist längst überholt. Nach der ECE 22-04 kam die ECE
22-05...
Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) wurde zum 1. Januar 2006
überarbeitet. Aus der Bezeichnung "amtlich genehmigter Schutzhelm"
wurde "geeigneter Schutzhelm". Mit der Überarbeitung wurde die
Ausnahmeverordnung, in der die unbefristete Verwendung von Helmen, die
nicht in amtlich genehmigter Bauart ausgeführt sind, aufgehoben.
Nach diesen vielen verwirrenden Normeinteilungen fragt sich der
verunsicherte Harley- und Oldtimer-Fahrer sicherlich zu Recht: darf er
jetzt überhaupt noch einen klassischen Halb tragen? Die Antwort kann
nur lauten: NEIN! |
"Die nackte Wahrheit" |
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Damit
wäre das Thema eigentlich erledigt. Bleibt zum Schluss lediglich nur noch
die Frage: Was passiert nach einem Crash? Und hier steht ein großes
Fragezeichen. Wenn's an "Zahlemann & Söhne" geht, können
Assekuranzen gewaltig kleinlich werden. Lässt sich dem Geschädigten
nämlich nachweisen, dass seine Kopfverletzungen auf Grund eines alten
oder eines unzureichenden oder nicht "geeigneten Schutzhelms" zurückzuführen sind, kann man ihm eine Mitschuld anrechnen. Bei
Schmerzensgeldforderungen oder Ersatzansprüchen kann es ähnlich
aussehen. Vielfach landen Streitereien vor Gericht. Eine Mitverschuldungshaftung ist
juristisch möglich und auch zulässig. Hätte das Unfallopfer nämlich
einen modernen Integralhelm getragen, so vielfach die Auffassung der
Richter, wäre längst nicht so viel passiert.
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