BSA A 65
Spitfire MK IV Special
Baujahr 1968
"Power Lady"
BSA Motorräder
hatten immer eindrucksvolle Namen:
Thunderbolt, Firebird, Rocket, Lightning, Hornet oder Spitfire.
Topmodell in der 650er-Baureihe war 1968 die
A 65 Spitfire Mk IV Special.
Die bildhübsche Lady war 55 PS
stark und über 180 Sachen schnell.
Text:
Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werk
BSA A 65 Spitfire MK IV Special
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In
den Fünfzigern und Sechzigern bestimmten den englischen und
amerikanischen Motorradmarkt zwei Firmen: BSA und Triumph. BSA
(Birmingham Small Arms) war bis zu dieser Zeit sogar klar die
Nummer eins. Doch Triumph machte dem konservativen Marktführer
mächtig Druck. Heute würde man die beiden Nobelmarken mit BMW
und Mercedes vergleichen. Triumph baute Maschinen für
engagierte "Sportfahrer", BSA für anspruchsvolle
"Herren mit Hut".
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Dieses
Image versuchte BSA 1962 mit Innovation und Sportgeist zu
verändern. Mit der neuen A65-Modellgeneration verabschiedete
sich das Birminghamer Werk vom traditionellen Zweizylinder-Motor
mit separatem Primärantrieb und angeblocktem Getriebe. Die
Konstrukteure um den Entwicklungschef Bert Perrigo ließen
Kurbelwelle, Primärantrieb, Kupplung und das Vierganggetriebe
in einem gemeinsamen Motorblock rotieren. Für die damalige Zeit
war diese Ausführung revolutionär, mit der "klassisch
englischen Motorenbaukunst" hatte sie nichts mehr am Hut.
Der Gehäuseblock sah nun wie ein dickes Kraftei aus. Doch
hinter den blankpolierten Deckeln werkelte altbekannte Technik.
Weiterhin drehte sich die geschmiedete einteilige Kurbelwelle,
mit ihrem gewaltigen, mittig angebrachten Schwungrad,
rechtsseitig in einem Gleitlager und auf der linken Primärseite
in einem Kugellager. Auch marschierten im 100prozentigen
Gleichschritt die beiden Kolben im Gusszylinder wie gehabt auf
und ab. Aus dem neu gewählten, fast quadratischen
Bohrung-mal-Hub-Verhältnis 75 x 74 mm ergaben sich genau 654
ccm. Das Arbeitsprinzip des ohv-Motors hatten die BSA-Ingenieure
nicht verändert, lediglich im Zylinderkopf waren nun die sechs
Lagerböcke für die Kipphebel mit eingegossen. Fürs
planmäßige Öffnen und Schließen der Ventile sorgte eine
hinter dem Zylinderfuß untenliegende, zahnradgetriebene
Nockenwelle, kurze Stößel, Stoßstangen und Kipphebel.
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(Foto: Werk)
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Eine interessante
Neuerung war die stabile Triplexkette für den Primärantrieb,
der Lucas-Wechselstromgenerator, der direkt auf dem linken
Kurbelwellenstumpf saß sowie die Batterie-Spulenzündung. In
altbewährter Manier erfolgte die Motorschmierung über
Trockensumpf mit externem Öltank im hinteren Rahmendreieck.
Ohne wesentliche Veränderungen, um es an dieser Stelle gleich
vorweg zu nehmen, diente der Blockmotor bis zur Werksschließung
1973 als Antriebsaggregat. Eingebaut wurde er in das bewährte
Doppelschleifen-Fahrwerk.
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BSA A 10 von
1962
BSA A 65 Star Twin von 1963 |
Als
die BSA A65 StarTwin 1962 auf den Markt kam, wurde sie von den
Motorradfahrern jedoch mit gemischten Gefühlen angenommen.
Nicht nur, dass die Optik zunächst sehr gewöhnungsbedürftig
war, auch von der großartig angekündigten Sportlichkeit kam
wenig rüber. Das Vorgängermodell A 10 Gold Star leistete
nämlich wackere 46 PS, die neue A 65 brachte es dagegen gerade
nur auf 38 PS. Doch im Fahrbetrieb begeisterte sie mit
tadellosem Handling, bequemer Sitzposition und ausgewogener
Motorcharakteristik. Auf dieser Basis entstanden in den
nächsten Jahren verschiedene Scrambler-, Touren- und
Sportmaschinen.
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Für die
BSA-Fans, denen es bald nicht schnell genug gehen konnte,
brachte das Werk 1966 die A 65 Spitfire Mk II auf den Markt.
1967 folgte die Mk III und 1968 als Oberknaller die Mk IV
Special. Unverwechselbare Erkennungsmerkmale der Sportmaschine
waren der bullige 18 Liter GFK-Tank, die
Borrani-Hochschulter-Felgen und die wunderschöne
Duplex-Trommelbremse mit 200 mm Durchmesser im Vorderrad. Die
Motorleistung war inzwischen auf beachtliche 55 PS bei 7250/min
geklettert. Dieses Mehr an Power brachten die BSA-Techniker
durch "zeitgemäßes Tuning" zustande. Die Verdichtung
hatte man auf gnadenlose 10.5:1 hochgeballert, zwei Amal
Concentric-Vergaser waren für die Gemischaufbereitung
verantwortlich. Vollgetankt drückte der Wetzhobel gerademal 182
kg auf die Waage, und wurden die Gasschieber bis zum Anschlag
hochgezogen, stieg die Tachonadel auf fast 190 Stundenkilometer.
Mit dieser Fahrleistung war man 1968 "King of the
Road".
Keine Triumph, keine Norton und auch keine BMW war
schneller.
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Wie
lange es der Spitfire-Fahrer allerdings tatsächlich aushielt,
mit diesem Karacho durch die Gegend zu düsen, hing von einigen
Faktoren ab. Die hartnäckigen Vibrationen konnten dem Biker
nämlich mächtig zusetzen. Der Spruch, bei Vollgas verlierst`e
deine Zahnplomben, kommt nicht von ungefähr. Aber auch die
Mechanik blieb bei rigoroser Behandlung nicht unbeschadet. Die
Liste aufgetretener Defekte reichte von kaputten Lampen,
losvibrierten und verlorenen Schraubverbindungen, Schäden an
der Kurbelwelle bis hin zum gebrochenen Pleuel mit zerschlagenem
Motorgehäuse. Bei allem Verständnis für das Motto "Power
ohne Ende" hatten die BSA-Konstrukteure den Bogen eindeutig
überspannt. Die hohe Leistung des fast bis zur Unendlichkeit
verdichteten Motors lässt sich in der Praxis kaum ausschöpfen.
Bis 4000/min hielt sich das "Eigenbeben" zwar noch in
ertragbaren Grenzen, doch ab dieser Drehzahl bis gut 6000/min
wurde die Fahrt zur Qual, und erst über 6000/min nahmen die
Vibrationen wieder merklich ab.
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Diese
Motorcharakteristik bestimmte somit das Betätigungsfeld der
Spitfire Mk IV. Nichts für Vollgasfahrten über die Autobahn,
dafür für kurvige Landstraßen mit kurzen Geraden, auf denen
man erst gar nicht in die Versuchung kam, den Gashahn längere
Zeit voll aufzudrehen. War der vierte Gang eingelegt, bestimmte
die Gashand den Fahrrhythmus. Vor der Krümmung wurde das Gas
zugedreht, der Motor verzögerte nachhaltig die Fuhre, und nach
der Biegung gab man wieder Gas. Über ein Runterschalten
brauchte man erst gar nicht nachzudenken. Das Fahrwerk hatte
dagegen deutlich größere Reserven. Ganz gleich ob im Sprint
ein Stück über die Autobahn oder bei wilder Kurvenräuberei,
nie war das Chassis überfordert. Auch die Bremsanlage kam mit
dem flottem Tempo prima zurecht. Auf diesem Gebiet haben die BSA
Leute damals ganze Arbeit geleistet.
Ganze
Arbeit hat auch Axel Rüther geleistet. Der BSA-Fan- und Kenner
hat die Spitfire - für seine Frau - picobello restauriert,
dabei aber auch nach seinen Vorstellungen und Erfahrungen
modifiziert. Schließlich ist die technische Entwicklung seit
1968 nicht stehengeblieben. Mittlerweile gibt es bessere
Federelemente, tadellos funktionierende Zündanlagen und
modifizierte Schmiersysteme mit Feinfilter. Puristen mögen den
neumodernen Kram ablehnen. Andere scheren sich weniger darum.
Mit dem entsprechenden Know-how lässt sich die Zuverlässigkeit
eines Engländers jedoch sehr wohl in den Griff bekommen.
Wieweit das Bike hierfür im Originalzustand bleiben muss,
sollte dem Fahrspaß kein Abbruch tun. Letztendlich kommt es
schließlich nur aufs Feeling an...
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Technische Daten
BSA A 65 Spitfire Mk IV Special
Baujahr 1968
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Motor
Fahrtwind gekühlter Viertakt-Twin, eine untenliegende, über Stirnräder getriebene
Nockenwelle, zwei Ventile pro Zylinder über Stößel,
Stoßstangen und Kipphebel betätigt. Bohrung x Hub 75 x 74 mm,
Hubraum 654 ccm, Verdichtung 10,5:1, Leistung 55 PS bei
7250/min. Trockensumpfschmierung 3,5 Liter mit Feinölfilter
(modifiziert). Zwei Amal-Concentric-Vergaser, Ø 30 mm,
Trockenluftfilter.
Kontaktlose Lucas-Rita-Zündanlage
(nachträglich modifiziert),
12 Volt Wechselstromgenerator
Getriebe
Primärantrieb
über Triplex-Kette, Mehrscheibenkupplung im Ölbad,
Vierganggetriebe, Endantrieb über Einfach-Rollenkette
Fahrwerk
Doppelschleifenrahmen,
hydraulisch gedämpfte Alu-Telegabel, 35 mm Standrohrdurchmesser
(nachträglich modifiziert), Hinterradschwinge mit zwei
hydraulisch gedämpften Federbeinen. Vorne
Duplex-Vollnaben-Trommelbremse,
Ø 200 mm, hinten
Simplex-Halbnaben-Trommelbremse, Ø 180 mm. Vorne und hinten
Speichen-Räder mit Borrani-Hochschulter-Felgen;
Metzeler
Bereifung, vorne 3.50 H 19 und hinten 4.00 H 18
Abmessungen und Werte
Radstand 1450 mm, Gewicht 182 kg,
Tankinhalt 18 Liter,
Höchstgeschwindigkeit 182 km/h
Preis 1968 DM 4650,--
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