Firmenhistorie
"...auch die Beatles
waren einst die Größten..."
Einst waren sie die
Größten. Die Beatles und die englische
Motorradindustrie. Allen vorweg
BSA (Birmingham Small Arms).
Zu den namhaften Motorradpionieren der ersten Stunde gehörten
Royal Enfield, Triumph, Velocette, Matchless, Norton,
Brough Superior und ab 1910 BSA.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv, Werk |
500er Einzylinder BSA von 1913
(Foto: Werk)
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Zum
ersten Verkaufserfolg für BSA wurde 1927 die 500er Einzylinder "Slopper"
und schon wenig später war das Werk Englands größter
Motorradhersteller. Das Modellprogramm bestand aus rund 20 verschiedenen
Maschinen, die so klangvolle Namen wie "Blue Star",
"Empire Star" und "Gold Star" trugen. Das
Firmen-Logo,
BSA "Birmingham Small Arms", war ebenso eindrucksvoll: Drei
gekreuzte Gewehre.
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BSA-Logo
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600er Einzylinder BSA "Slopper"
von 1935
(Foto: Werk)
Zum Verkaufserfolg und Trendsetter
wurde ab 1927 die neue BSA 500 Slopper. Den Einzylindermotor hatten die
Techniker schräg nach vorne geneigt eingebaut, das sportliche Bike war
dem erfolgreichen TT-Rennmotorrad von 1921 nachempfunden. Im Rahmen der
Modellpflege wurde der Hubraum auf 600 ccm erhöht und die Leistung
stieg auf 20 PS.
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BSA 1000 G14 Big V-Twin von 1935
(Foto: Werk)
Ähnlich wie die
berühmten amerikanischen Marken Harley-Davidson und Indian bot auch BSA
in den 20er und 30er Jahren Tourensport-Maschinen mit großvolumigen
V2-Motoren an. Die V-Twins gab es in unterschiedlichen Ausführungen von
500 bis 1000 ccm.
Der 1000 Big V-Twin von 1935 hatte eine breite "Highway"-Lenkstange,
Handschaltung und Trittbretter. |
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BSA R19 350 von 1936
(Foto: Werk)
Sportlicher Wettstreit
wurde in England stets groß geschrieben. Im Straßenrennsport zählten
die Siege auf der Isle of Man bei der "TT", im Gelände waren
es die "Six-Days".
Die Vorgänger heutiger Enduros waren schon
damals stollenbereift und die
Auspuffanlage war für bessere
Bodenfreiheit hochgelegt. Die leichte 350er BSA R19
war eine käufliche
Wettbewerbsmaschine, die man aber auch als
Straßenmotorrad im Alltag bewegen konnte. |
Fachleute sprachen ehrfürchtig von der
"klassischen englischen Motorradbaukunst"
500er A7-Twin-Motor
(Foto: Werk)
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BSA 500 B34 Gold Star Clubman von 1954
(Foto: Werk)
Lange bevor der
Ausdruck "Café-Racer" erfunden wurde, hatte BSA
bereits in den 50er Jahren mit der Gold Star eine reinrassige
Straßensportmaschine im Programm. Der 500er ohv-Einzylindermotor
brachte es auf beachtliche 40 PS. Die bildhübsche "Clubman"
war
ab Werk mit Stummellenker, hinten liegenden Fußrasten und
einer "swept-back" Auspuffanlage ausgestattet. |
Nach
Kriegsende setzte man die kaum veränderte Einzylinder-Motorradfertigung
fort. Ähnlich wie beim stärksten Mitbewerber Triumph gab es ab 1946
auch bei BSA ein 500er Zweizylinder-Bike, die A7 Star Twin. Typisch für
die kernigen Viertakter mit 250, 350, 500, 600 und ab 1950 mit 650 ccm
Hubraum war die Triebwerkskonstruktion. Das Vierganggetriebe werkelte in
einer separaten Schaltbox hinter dem Motor, der Primärantrieb hatte ein
eigenes Gehäuse, aber auch Zündmagnet und Lichtmaschine waren
außerhalb vom Motor platziert.
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BSA 500 A7 Star Twin von 1961
Gleich nach Kriegsende 1946 brachte BSA eine neue 500er auf den
Markt.
Der Paralleltwin leistet 26 PS und zeigte sich in klassischer englischer
Bauart. Das Getriebe war hinter dem Motor angeblockt, Primärantrieb,
Lichtmaschine und Zündung hatten ebenfalls ihre eigenen Gehäuse.
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Maschinen von BSA bestimmten damals das
Maß der Dinge. Die Straßenlage war vorbildlich und die Bremsen
"erste Sahne". Fachleute sprachen ehrfürchtig von der
"klassischen englischen Motorradbaukunst". Nicht ohne Grund.
Die Ladies konnten es mit allen aufnehmen. Sie waren schneller als die
amerikanische Indian oder Harley-Davidson, flotter und handlicher als
die große Zündapp oder BMW. Optik, Motorklang, Fahrgefühl und
Fahrerlebnis waren einzigartig.
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BSA 650 A10R Super Rocket von 1962
Seit 1950 stand zur 500er auch eine 650er im Programm. Bei BSA konnte
man mit den Verkaufserfolgen der A7 und A10 Modelle zufrieden sein. Doch
auf den Lorbeeren wollte man sich nicht ausruhen. Zunächst gab es die
650er A10 mit 35 PS. Im Laufe der Zeit wurde der Twin ständig weiter
entwickelt und stand Anfang der 60er Jahre als A10R Super Rocket mit
beachtlichen 45 PS und gut 180 km/h Spitze im Programm.
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Ab 1962 gab es den neuen "Blockmotor"
BSA A65-Motor
(Foto: Werk) |
Bei
BSA und Triumph, das Werk hatte 1951 den Konkurrenten aufgekauft, lief
das Geschäft auf Hochtouren, man brachte es weltweit sogar zum
Marktführer. Neben dem Binnenmarkt waren die USA Hauptabnehmer, ein
gewaltiger Boom war ausgebrochen, ganz Amerika schien motorradverrückt.
Die Maschinen konnten nicht schnell und stark genug sein. Jahr für Jahr
legten die Briten einige Briketts nach.
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BSA 650 A65 Star Twin von 1962
Mit der neuen 650er A65 Star Twin begann bei BSA in Birmingham
1962
eine neue Motorradgeneration. Anstelle der traditionell-zerklüfteten
Triebwerkskonstruktion präsentierte sich das 650er Topmodell mit einem
formschönen und glattflächigem Blockmotor. Nach über 30 Jahren
verabschiedete sich das Werk mit der A65-Modellbaureihe aber auch vom
eingegossenen BSA-Logo - drei gekreuzte Gewehre - im Steuerdeckel. Das
eiförmige Motorgehäuse war äußerst kompakt, die Herstellung ließ
sich vereinfachen und half somit die Produktionskosten zu senken. Bis
zur Werksschließung Ende 1972 blieb BSA diesem Bauprinzip treu.
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Sie machten sich die Sache
allerdings ziemlich einfach. Anstatt vollkommen neue Maschinen auf den
Markt zu bringen, gab es ab 1962 mit der A65-Baureihe zwar eine neue
Motorgeneration, Technisch blieb jedoch alles beim Alten. Anstelle der
traditionell-zerklüfteten Triebwerkskonstruktion präsentierten sich
die neuen Modelle nun mit einem glattflächigem Blockmotor. Im Laufe der
Zeit wurde diese Motorengeneration ständig weiter frisiert und man gab
den Bikes die tollen Namen: Thunderbolt, Firebird, Rocket, Lightning,
Hornet oder Spitfire. Topmodell in der 650er-Baureihe war 1968 die A65SS
Spitfire Mk IV Special. Die 182 kg schwere bildhübsche Lady leistete 55
PS und war fast 190 Sachen schnell.
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BSA 650 A65SS Spitfire MkIV Special von
1968
Auf den nächsten Streich
brauchten die BSA-Fans nicht lange zu warten.
Als absolutes Topmodell in der A65-Baureihe präsentierte das Werk
Anfang 1968 die
A65SS Spitfire MkIV Special. Der 55 PS starke und gut
190 km/h schnelle 650er Twin war gleichzeitig letzte Evolutionsstufe in
der
A65-Baureihe. Wer sich damals die 4650 Mark teure Spitfire MkIV leisten
konnte, war unangefochtener "King of the Road", denn kein
anderes Bike, weder von Triumph noch von Norton oder gar Harley oder
BMW war in dieser Zeit schneller.
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Ein Spaß, der allerdings einen
hohen Wegzoll forderte. Die Motorvibration stieg ins Unerträgliche, von
Zuverlässigkeit konnte bald keine Rede mehr sein und die Öllache
unterm Motor wurde zum "Markenzeichen". Im Prinzip wäre es
bis ans Ende der Welt so weiter gegangen. Doch plötzlich standen die
Japaner da. Aufgeschreckt von der Offensive baute man noch ganz schnell
eine 750er Dreizylindermaschine. Ab 1968 gab es die BSA A75R Rocket3.
Allerdings vergeblich, 1973 machte das einst weltgrößte Werk pleite.
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BSA 750 A765R Rocket3 von 1968
Für eine echte Sensation sorgte BSA 1968. Jedenfalls aus englischer
Sicht. Mit einem letzten Kraftakt hatte man die 750er Rocket3 auf den
Markt gebracht. Jedoch vergeblich wie sich bald herausstellen sollte.
Das Ende der "good old British bikes" stand längst fest.
Gegen die moderne Honda CB750 Four sah die brandneue BSA mit ihrem 750er
Dreizylinder-Motor bereits zum Erscheinungstermin alt aus. Heute gehört
die Rocket3 zu einem begehrten Sammlerobjekt. Von 1968 bis zum Ende der
Bauzeit 1972 verließen lediglich nur 5897 Maschinen das Werk.
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... und der letzte Streich...
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BSA 650 A65T
Thunderbolt von 1971
Mit drei Modellen startete 1971 BSA für die letzten zwei Firmenjahre eine neue Baureihe,
die als "Oil-in-Frame" bezeichnet wurde. Neben der 52 PS
starken A65L Lightning
und A65FS Firebird Scrambler mit 54 PS war die
A65T Thunderbolt mit
kommoden 46 PS das Tourenmodell im Angebot. |