Motorrad-Marken


Kawasaki 500 H1 "Mach III"

"Schneller als der Schall"

In der Zeit, als bei uns kein Mensch mehr an Zweitakter glaubte,
brachte Kawasaki 1969 einen unglaublichen Feuerstuhl auf den Markt.
Eine 200 km/h schnelle Dreizylinder-Zweitakt-Maschine mit 60 PS:
Die 500 H1 "Mach III". 

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werk


"Mach III" von 1968
(Foto: Werk)


Kawasakis Einstieg ins internationale Motorradgeschäft wurde 1965 zum Flop. Die 650er "W1" war nämlich eine dreiste Kopie der legendären BSA A7. Die Fachwelt hielt sich damals den Bauch vor Lachen und der Viertakt-Twin stand sich bei den Händlern in den USA die Reifen platt. Kawa reagierte umgehend und brachte 1966 die 31 PS starke Zweizylinder-Zweitakt-Maschine A1 "Samurai" auf den Markt. Schon im Frühjahr 1967 folgte die, ebenfalls Drehschieber gesteuerte, 42 PS starke 350er A7 "Avenger". Aber längst nicht genug. Im Herbst 1968 präsentierte das Werk die 500 H1. Weltweit standen die Motorradfans Kopf. Was Kawa da aus dem Hut gezaubert hatte, ließ den Leuten den Atem stocken. Der 500er Dreizylinder-Zweitakt-Motor leistete 60 PS bei 7.500/min, und 200 Sachen schnell sollte die Rennmaschine mit Straßenzulassung sein. Darüber hinaus hatte sie als erstes Serienbike eine vollelektronische CDI-Zündanlage.




 




Die Kawasaki Mach III wurde damals von Testern
als "Rodeo-Bike" bezeichnet


Ab dem Frühjahr 1969 konnte man die "Mach III", wie sie überall nur genannt wurde, kaufen. In den USA rasteten die Tester schier aus. Sie schrieben von "unbändiger Kraft" und bezeichneten sie als "Rodeo-Bike", denn beim Beschleunigen wäre es unmöglich, das Vorderrad am Boden zu halten. In Deutschland wurde das 4200 Mark teure Geschoss gleich auf der "Besten Rennstrecke der Welt" - der Nordschleife vom Nürburgring - getestet. Von unbeschreiblichen Fahr-, oder besser gesagt "Flugerlebnissen" war zu lesen.

Doch die Euphorie hielt nicht lange.
Die CDI-Zündanlage steckte noch in den Kinderschuhen, und Kolbenfresser gehörten zur Tagesordnung. Aber auch das Fahrwerk konnte einem Angst und Bange machen. Bereits kleine Bodenwellen, Fahrbahnabsätze oder Mittelstreifen brachten das Chassis dermaßen ins Schlingern, dass nur durch Gaswegnehmen und festes "Zupacken" die Fahrsituation in den Griff zu bekommen war. Böse Zungen behaupteten: Die "Mach III" wackelt bereits im Stehen...

Die echten Kawa-Fahrer störte das allerdings wenig. Mit der 500er ließ sich nämlich jedes Big-Bike versägen. Mit zusammengebissenen Zähnen wurde gezeigt, was in der "Mach III" steckte. Gut eingestellte Maschinen schafften tatsächlich knapp 200 Sachen, die Standardausführung kam auf 185 km/h. Durchhaltevermögen war allerdings gefordert. Das kreissägenähnliche Motorgeräusch wurde von hochfrequenten Vibrationen begleitet. Diese feinen Schwingungen zerstörten Glühbirnen oder ließen Motor- und Auspuffhalterungen reißen. Selbst Rahmenbrüche konnten vorkommen. Trotzdem, die "Mach III" umgab ein einzigartiges Racingflair. Einstimmig wurde die Meinung vertreten, dass diese Maschine nichts für "Weichlinge" oder "Hasenfüße" sei. Kawasaki hatte das selbst gesetzte Motto "besser, schneller und stärker als alle anderen" voll erfüllt. Ein Leitspruch, dem das japanische Werk noch heute treu ist.





Von 1968 bis 1969 blieb die H1 "Mach III" unverändert im Programm. Ab 1970 wurde der Rahmen verstärkt und die Zusatzbezeichnung "Mach III" nicht mehr verwendet. Für das Modelljahr 1972 spendierte man der 500er einige technische Änderungen. Die CDI-Zündanlage war nun ausgereift, dafür lag die Leistung nur noch bei 54 PS und das Triebwerk war in Gummiblöcken gelagert. Von den üblen Vibrationen bleiben die Passagiere nun weitgehend verschont. Anstelle der Trommelbremse sorgte nun eine Scheibenbremse am Vorderrad fürs Anhalten. 1974 stieg die Motorleistung auf 58 PS, um gleich zwei Jahre später auf die versicherungsgünstigen 50 PS gesenkt zu werden. Bis 1976 blieb die "Mach III" - wie sie weiterhin von ihren Fans genannt wurde - im Kawa-Programm. Die Zeit der Zweitakter war jedoch vorbei. Strenge Abgas- und Geräuschbestimmungen machten die Zulassung immer schwieriger. Die Zukunft gehörte dem Viertakter, und ein heißes Eisen hatte Kawasaki bereits im Feuer: Die 900 Z1. 


Technische Daten

Kawasaki 500 H1 "Mach III"


"Ur-Mach III" von 1968 
(Foto: Werk)

Luft gekühlter Dreizylinder-Zweitaktmotor, 500 ccm, 60 PS bei 7750/min. Doppelrohrrahmen, vorn Scheibenbremse, hinten Trommelbremse, 182 kg, 200 km/h

Text-Archiv: Kawasaki Klassiker

Bild-Archiv: Kawasaki H1 500


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