Motorrad-Marken


Münch Sommerfest 2004

Mammut-Lane


Als Motorradkonstrukteur hat sich Friedel Münch einen
großen Namen gemacht. Seine "Mammuts" sind längst
technische Kulturgüter. Zu Ehren des genialen Technikers
 wurde beim 6. Münch-Sommerfest die Straße bei seinem Motorenmuseum in Laubach in "Friedel-Münch-Straße" umbenannt.

Text&Fotos: Winni Scheibe




Ein Motorrad anschieben kann in die Knochen gehen. Besonders dann, wenn es die Daytona-Bombe ist. Mit dieser Rennmaschine wollte Friedel Münch 1970 im Speedway von Daytona Beach/USA einen Weltrekord aufstellen. Als Basis diente dem Großmeister eine Münch-4 TTS 1200, die er jedoch radikal frisierte und abspeckte. Den Hubraum erhöhte er auf 1370 ccm, die Verdichtung auf 13:1. Vier 35er Dell'Orto-Rennvergaser sorgten für die Gemischaufbereitung, die Abgase gelangten ungehindert durch vier offene Megaphon-Rohre ins Freie, echte 125 PS ließen sich am Hinterrad messen.
"Auf Anhieb erreichte Ferdinand Kaczor in Daytona sagenhafte 284 km/h. Doch schon nach ein paar Vollgasrunden flogen Profil-Blöcke aus der Hinterraddecke. Damals gab es einfach noch keinen Reifen, der diesem hohen Tempo standhielt. Wir mussten unser Unternehmen leider abbrechen", erinnert sich Urgestein Münch an damals.


Mit infernalem Lärm wurde der Motorsound der Daytona-Bombe,
Münch-URS und Rickman-Münch vorgeführt


Daytona Bombe


Rickman-Münch von Wilhelm Groh und Münch-URS von Helmut Sing

34 Jahre später wurde mit vereinten Kräften die Daytona-Bombe im Hof von Friedel Münchs Motorenmuseum in Laubach bei seinem 6. Münch-Sommerfest am zweiten September-Wochenende wie früher angeschoben und nach dem dritten Versuch brüllte der Motor endlich auf. Der Lärm ist unbeschreiblich, viele Besucher klatschen vor Begeisterung in die Hände, andere mussten sich die Ohren zuhalten. Als nächstes Highlight startete Helmut Sing seine perfekt restaurierte 500er Münch-URS. Auch hier sorgen vier offene Auspuffrohre für ein gewaltiges Getöse, fast glaubte man, die Erde bebt.
Als dritten Soundcheck ließ Wilhelm Groh seine erst vor wenigen Tagen fertig gewordene Rickman-Münch laufen. Diese Speedmaschine, sie ist mit rund 200 kg die leichteste Münch, die je gebaut wurde, hat sich der Mammutfan gemeinsam mit Ex-Münch-Mitarbeiter Jean Hofmann als Hobbyrennmaschine aufgebaut.


"Friedel-Münch-Straße"


Es war mächtig was los bei Friedel Münchs Sommerfest, gut 2500 Besucher genossen das Spektakel, bestaunten die Münch-4 TTS 1200 mit Vergaser-Motor und Münch-4 TTS-E 1200 mit Einspritzanlage sowie die zahlreichen Sondermodelle. Zur echten Überraschung wurde jedoch der Besuch von Laubachs Bürgermeister Claus Spandau. In seiner Ansprache kam der engagierte Kommunalpolitiker auch gleich zur Sache: "Eigentlich ist es nicht üblich lebende prominente Bürger mit einem Straßennamen zu ehren. Doch der fünffache Motorradweltmeister Toni Mang hat eine und unser F1-Superstar Michael Schumacher hat auch eine. Und da haben wir uns gedacht, das können wir auch und zu Ehren unseres verdienstvollen Motorradkonstrukteurs wird der Bürgelweg zum Friedel Münch Motorenmuseum in Friedel-Münch-Straße umbenannt."


Roland Stoll, Friedel Münch, Bürgermeister Spandau, Wilhelm Groh (v.l.n.r.)

Der 77-jährige Mammut-Hersteller war tiefgerührt, fand in seiner Dankesrede kaum Worte. Das übernahm dann Wilhelm Groh, enger Freund von Friedel Münch, 1. Vorsitzender des Münch-4 Clubs und Besitzer des "Friedel-Münch-Museums" in Walldorf bei Hockenheim. "Es gibt nur wenige Motorradkonstrukteure, die als Einzelperson Derartiges geleistet haben wie unser Friedel. Im Namen aller Münch-Freunde bedanke ich mich für diese Ehrung, wir sind alle stolz auf unseren Helden."



Szenenkenner:
Jürgen Wiehage, URS-Konstrukteur Prof. Dr. Ing. Peter Kuhn, 
Münch-URS Besitzer Helmut Sing, Friedel Münch (v.l.n.r.)


Spannende Hintergrund-Informationen über die Münch-Historie lieferten die Gesprächsrunden mit Talkmaster Roland Stoll. URS-Konstrukteur Prof. Dr. Ing. Peter Kuhn erzählte unter anderem, wie er als junger Student in seinem Praktikum im Horex-Werk Friedel Münch kennen gelernt und seine handwerklichen Fähigkeiten bewundert hatte, später wurden sie Freunde. 

Der legendäre ZDF-Nachrichtensprecher und überzeugte Münch-Fahrer Jochen Breiter plauderte aus dem Nähkästchen, welche Show es Anfang der 70er Jahre war, eine Münch zu fahren und dass er sogar mal eine Story für den Playboy darüber geschrieben habe.


Jochen Breiter auf seiner "alten" Münch-4



Prof. RO Dr., Dr. h.c. Gyula K. Takacs

Es braucht wohl nicht besonders erwähnt zu werden, dass sich die Gespräche und Anekdoten rund um die gewaltige Mammut und den damaligen Zeitgeist drehten. Als ausgewiesener Kenner erwies sich hier Prof. RO Dr., Dr. h.c. Gyula K. Takacs, der als Münch-Kenner und Münch-Fahrer ein enormes Wissen über die "Mammut" besitzt. Fast wäre es bei Friedel Münchs Sommerfest auch dabei geblieben.



Triumph Rocket III


Doch als plötzlich Besucher Jens Neubert mit der neuen 2,3 Liter starken Triumph Rocket III auf den Hof fuhr, war es mit der Mammut-Show zunächst vorbei. Genau wie früher, wenn irgendwo eine Münch Mammut auftauchte, regelmäßig ein Menschenauflauf programmiert war, stand nun dieses englische Überbike im Mittelpunkt des Interesses. Auch Gastgeber Friedel Münch ließ es sich nicht nehmen, sich das gewaltige Bike ausführlich erklären zu lassen und sprach dem Motorrad seine Hochachtung aus. Schließlich entspricht die Rocket III haargenau seiner Konstruktionsphilosophie: "Hubraum und Leistung sind durch nichts zu ersetzen".



"Der Mammut Konstrukteur"



Friedel Münch beim Sommerfest 2004


Friedel Münch ist inzwischen 77 Jahre alt. Doch vom Rentnerleben will er nichts wissen. Trotz seiner schweren Behinderung nach seinem Schlaganfall Anfang der 90er Jahre verbringt er einen Großteil seiner Zeit in seiner Werkstatt sowie gleich nebenan in seinem Motorenmuseum in Laubach. Hier werkelt er so gut er kann, als passionierter Motorradkonstrukteur kann er es einfach nicht lassen. „Arbeit ist die beste Therapie", so das Original-Zitat vom hessischen Kfz-Meister.



Ehrenbesucher beim Sommerfest:
Zwei Horex-Rennmaschine


Am 6. Februar 1927 wurde Friedel Münch in Dorn-Assenheim in der Wetterau/Hessen geboren. Nach der Schlosserlehre und Ausbildung zum Kfz-Meister machte er sich Anfang der Sechziger mit einer Motorradwerkstatt selbständig. Sein Spezialgebiet waren Horex-Maschinen. Es dauerte auch nicht lange, und der Jungunternehmer war in ganz Deutschland als begnadeter Horex-Spezialist bekannt. Zur echten Sensation wurde wenig später seine Vorderradrennbremse.



Münch "Mammut"

 Aber es sollte noch viel besser kommen. In einer Zeit, als kein Mensch mehr ans Motorrad glaubte, baute der Tausendsassa ohne Bankkredit ein Supermotorrad: die Mammut. Das von einem 55 PS starken 1000er NSU-Vierzylindermotor auf Trab gebrachte Big-Bike war Anfang 1966 das stärkste und schnellste Motorrad der Welt.



Für die Serienherstellung der Mammut, die aber schon bald nicht mehr diesen Namen tragen durfte, er war anderweitig als Markenzeichen geschützt, fand Friedel Münch im amerikanischen Verleger, Motorradfan und Millionär Floyd Clymer einen finanzstarken Geschäftspartner. Bald waren im kleinen Betrieb 20 Leute beschäftigt, in den ersten drei Produktionsjahren wurden 137 "Münch-4", wie das Superbike nun hieß, gebaut.


Münch-4 TTS 1200
Der Motor stammt vom NSU


Aus gesundheitlichen Gründen verkaufte Floyd Clymer 1970 seine Geschäftsanteile an George Bell aus Miami/Florida. Bell war nicht nur total motorradverrückt, er war obendrein auch noch stinkreich. Für gut zwei Millionen Mark wurde in Altenstadt bei Friedberg die Münch-Motorradfabrik gebaut. Um den Markennamen "Münch" weltberühmt zu machen, kaufte George Bell kurzerhand den URS-Rennstall von Helmut Fath. Die Produktion der Münch-4 lief bald auf Hochtouren, und mit der Münch-URS gewann Owesle/Rutherford 1971 die Gespann-Weltmeisterschaft. Allerdings zu einem deftigen Preis, wie sich wenig später herausstellte. 



Sitzprobe:
Roland Stoll auf der Ex-Solo-Münch-URS von Karl Hoppe


George Bell hatte nicht nur sein ganzes Geld ausgegeben, er war auch in die USA abgehauen und ließ Friedel Münch auf einem gewaltigen Schuldenberg sitzen. Als Retter in der Not konnte Friedel Münch die Firma Hassia als neuen Partner gewinnen. Mit finanzieller Rückendeckung war die Münch-4 Fertigung gesichert und als nächste Entwicklungsstufe kam die Münch-4 TTS-E 1200 mit Einspritzanlage und gut 100 PS Motorleistung auf den Markt. Weiterhin war die Münch-4 TTS-E das größte und stärkste, aber auch mit 17.5000 Mark das teuerste Bike auf dem Markt.
Leider währte die Zusammenarbeit mit Hassia nicht lange, Münch musste seine Firma samt Namensrechte an den Frankfurter Lebensmittelgroßhändler und Münchfahrer Heinz W. Henke verkaufen. Nach diesem Deal war Friedel Münch in seiner Exfirma nur noch "Technischer Leiter". Ende 1976 trennte sich Münch von Henke, und ab dieser Zeit war er wieder "sein eigener Herr". Friedel Münch erledigte Lohn- und Sonderaufträge und kümmerte sich natürlich um seine treuen Münch-4 Kunden.
Bei Henke baute man die Münch-4 bis 1980. Insgesamt entstanden genau 478 Münch-4 Motorräder. Gut vier Jahre war es dann still um die "Mammut", bis 1984 Jens Hallhuber sämtliche Fertigungseinrichtungen, Warenbestände und die Namensrechte kaufte. Sein Ziel war es, die Münch-4 weiterhin in Kleinserie zu produzieren. Doch dazu kam er nicht mehr, 1992 verstarb Hallhuber. Heute kümmert man sich bei DBH in Lüneburg um die Münchkundschaft, wartet, restauriert und verkauft Ersatzteile.



Münch-4 TTS-E 1200


Mit der neuen "Münch-Mammut-2000" von Thomas Petsch aus Würzburg kam vor vier Jahren neues Leben in die Münch-Szene - allerdings nur für kurze Zeit. Lediglich 15 dieser 260 PS starken und 86.000 Euro teuren Asphalt-Brenner wurden gebaut, dann zog der Würzburger Unternehmer im April 2002 die Notbremse und stellte die Fertigung ein.



Münch-Mammut-2000


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