Friedel-Münch-Story 2. Teil
Mitte der 1960er Jahre war
Motorrad fahren out.
Trotzdem, in der Wetterau baute der
Kfz-Meister Friedel Münch
ein gewaltiges Big Bike.
Die
"Münch Mammut" war damals
die stärkste, schnellste
und teuerste Serienmaschine der Welt!
Text:
Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv-Groh, Archiv-Münch, Münch Motorrad Technik GmbH, NSU-Kühlmann
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Mitte 1966: Münch Mammut "Prototyp"
(Foto: NSU-Kühlmann)
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Friedel Münch
(Foto: Münch Motorrad Technik GmbH) |

Verboten:
Das "Mammut"-Logo durfte Friedel Münch nie benutzen |

Münch Mammut
"Prototyp"
Speichenräder, 4-in-4-Auspuffanlage,
offene Antriebskette
(Foto: NSU-Kühlmann )
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IFMA-Modell 1966 "Münch
Mammut 001":
Doppelscheinwerfer, 4-in-2-Auspuffanlage, Schaufelrad und
Kettenkasten
(Foto: Archiv-Münch) |

1990 Restauration der
"001":
Münch-Buch Autor Winni Scheibe bei
Friedel Münch |
Den Namen
"Mammut" durfte das Motorrad eigentlich nie tragen.
Das Firmenzeichen war bereits anderweitig geschützt. Doch den
Münch Mammut Fans war dies egal. Für sie war die gewaltige
Maschine einfach nur die "Mammut". Auch kein Wunder.
In der Zeit, als bei uns das Zweiradgeschäft am Boden lag, baute
Friedel Münch ein gewaltiges Big Bike mit
Vierzylinder-NSU-Automotor. Vergleichbares gab es nicht, weder
in Amerika, noch in Japan und bei uns schon ganz und gar nicht.
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Spender: NSU Prinz
(Foto: NSU) |

Münch-4 TTS-E 1300 Schnittmotor |
Das war Anfang
1966. Die Fachwelt war geplättet. Mit unvorstellbarem
Pioniergeist, Erfindergabe, Ideenreichtum und handwerklichem
Geschick hatte der hessische Kfz-Meister sein Traummotorrad auf
die Räder gestellt. Mit Ausnahme des NSU-Rumpfmotors hatte er
aber fast alles selbst konstruieren und bauen müssen. Hierbei
kam ihm seine Erfahrung als Mitarbeiter in der
Horex-Rennabteilung und später als selbständiger KFZ-Meister
sowie Motoren-Tuner sehr zu Nutzen.
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Horex-Münch
(Foto: Archiv-Münch)
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Beachtenswert
war das Primär- und Getriebegehäuse sowie die großvolumige
Ölwanne. Aus Gewichtsgründen ließ Friedel Münch die Teile
aus Elektronguss, eine sündhaft teure Leichtmetalllegierung,
die aus dem Flugzeugbau stammte, herstellen. Nach dem Vorbild
des legendären Norton Federchassis hatte er den stabilen
Doppelrohrrahmen gefertigt, in den der Motor quer zur
Fahrtrichtung eingebaut wurde. Der Hinterradantrieb erfolgte
über eine Kette. Seine bereits 1964 entwickelte Rennbremse mit
250 mm Durchmesser übernahm im Vorderrad die Verzögerung.
Gemessen an der damaligen Motorradtechnik waren die ersten Münchs
wahlweise mit 996 ccm oder 1085 ccm Hubraum, satten 55 PS und knapp 180 km/h Spitze eine
echte Sensation. Lange bevor japanische Vierzylinder-Motorräder
auf den Markt kamen, war sie somit das erste Big Bike.
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Allerdings zeigten sich schon bald gravierende Schwächen. Weder
Kupplung noch Hinterradspeichen waren der enormen Motorleistung
gewachsen. Nur verstärkte Bauteile konnten weiterhelfen. Als
erster Motorradhersteller überhaupt entwickelte der hessische
Tüftler eine aus Elektronguss gefertigte Hinterradfelge. Auch
die Hinterradschwinge konstruierte der brillante Techniker neu.
Dieses Bauteil wurde ebenfalls aus Elektronguss hergestellt, und
der linke Holm war gleichzeitig als geschlossener Ölbad-
Kettenkasten ausgebildet. |

Kraftrad:
Münch-Kettenkasten und Münch-Schaufelrad |

Cheftester: Floyd Clymer 1967 auf
Münch-4 TTS 1100
(Foto: Archiv-Münch) |

Superbike 1968: Münch-4 TTS 1200
mit sagenhaften 88 PS
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Für die
Serienfertigung seiner Motorräder konnte Friedel Münch von
1966 bis 1969 den amerikanischen Verleger, Motorradfan und
Multimillionär Floyd Clymer und von 1970 bis 1972 den
US-Amerikaner George Bell gewinnen. Bei den ersten 30
Münch-Motorrädern sorgte das 1000er oder 1100ccm-Triebwerk mit 55 PS für
Vorschub. Ab 1967 kam das neue 1177ccm Aggregat vom NSU TT zum
Einsatz. Diesen Motor hatte Friedel Münch auf beachtliche 88 PS
getunt. Kostete Ende 1969 dieses exklusive Big Bike etwa 8000
Mark (die Honda CB750Four gab es bereits für 6450 Mark) stieg
der Preis bis 1971 auf gut 10.000 Mark. Doch gemessen an den
hohen Fertigungskosten war mit dem Spaß kaum Geld zu verdienen.
Von einer Fließbandproduktion konnte keine Rede sein. Jede
Maschine wurde von Hand zusammengebaut, Kundenwünsche wurden
berücksichtigt. Und so kam es, dass kaum eine Münch der
anderen glich. Wahlweise gab es das Bike mit großem
Einzelscheinwerfer oder mit Münch-typischem Doppelscheinwerfer,
jeder Benzintank wurde, genau auf die Größe des Fahrers angepasst, handgedengelt, es gab Einzel- oder
Zweipersonensitzbank und wer weiß was sonst noch für
Sonderwünsche. Keinen Wunsch, den Friedel Münch nicht
erfüllen konnte. Genau genommen war jede Münch eine
Einzelanfertigung.
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88-PS-Powerpack 1968:
Münch-4 TTS 1200 Vergasermotor
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Eingerahmt bis 1969:
Münchrahmen mit Heckausleger |

100-PS-Eingespritzt ab 1973:
Münch-4 TTS-E 1200 Einspritzmotor
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Selbsttragend:
Neuer Münchrahmen ab 1970
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Motorradspezi
Münch, immer auf der Suche nach neuen technischen Lösungen,
war geprägt von der Lebenseinstellung: "geht nicht, gibt
es nicht". Auch als immer größere und stärkere
japanische Maschinen auf den Markt kamen, hatte er immer wieder
eine neue Idee. Anstelle der Weber-Doppelvergaser stattete er
das Triebwerk mit einer modernen Einspritzanlage aus und konnte
so die Motorleistung von 88 PS auf beachtliche 105 PS steigern.
Hiermit war 1973 die Münch-4 TTS-E 1200 wieder das schnellste
Motorrad auf der Welt.
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Münch-4 TTS-E 1200 von 1974
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Leider stand seine Firma aber unter
keinem guten finanziellen Stern. 1974 musste Friedel Münch
seinen Betrieb an den Lebensmittelgroßhändler und Münchfahrer
Heinz W. Henke verkaufen. Plötzlich war der geniale
Konstrukteur in seiner ehemaligen Firma nur noch Angestellter
als "Technischer Leiter". Das konnte natürlich nicht
gut gehen. Ende 1976 trennte er sich von Henke. Von 1966 bis
1980, dann stellte Henke die Münch Fertigung ein, wurden
insgesamt 478 Münch-Motorräder gebaut. Keine mehr und auch
keine weniger. Ein Kapitel ruhmreicher deutscher
Motorradgeschichte war zu Ende.
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Spar-Mobil: Henke-Münch 1979
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Ganz anders bei Friedel Münch.
Nach der Trennung von Henke reparierte, wartete und verbesserte
der unermüdliche Tüftler und Konstrukteur weiterhin seine
"Mammuts". Sieben Münch-4 TTS-E stattete er
nachträglich mit Turbolader aus. Das rasende "Mammut"
leistete 125 PS und war über 240 km/h schnell. Aber längst
nicht genug. Auf Kundenwunsch baute er sogar noch einige
Einzelanfertigungen mit den Modell-Namen Horex 1400 TI, Titan
1600, Titan 1800, Titan 2000 und die Münch Mammut 2000
"Versuch". |

Münch-4 TTS-E
"Turbo"
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Friedel Münch mit seiner Horex
1400TI
(Foto: Archiv-Münch)
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Titan 1600

Titan 1800
(Foto: Watts) |

Titan 2000
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Münch Mammut 2000
"Versuch"
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