Die Fritz W. Egli Story
"Schweizer
Präzision"
In einer Zeit, als Fahrwerke wie "Lämmerschwänze wackelten",
baute ein Schweizer einen Rahmen, der es zu Weltruhm brachte:
Das
Egli-Chassis. Und da die Leistung nie genug sein konnte,
kümmerte sich Fritz W. Egli auch um das Motortuning.
Ein Perfektions-Mythos war
geboren.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv-Egli, Rüdiger Lichte
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Fitz W. Egli auf einer 1000er Egli-Vincent
(Foto: Archiv-Egli)
Egli-Prospekt: "Ein Fahrwerk wie auf
Schienen"
(Foto: Archiv-Egli) |
Die
Premiere seiner beiden neuen Maschinen sollte standesgemäß
stattfinden. Ohne wenn und aber! Und das konnte natürlich nur bei der
Züspa sein. Der größten und wichtigsten Schweizer
Motorrad-Ausstellung (vergleichbar mit unserer damaligen IFMA) im
Frühjahr 1967 in Zürich. Als aber Fritz W. Egli den Preis für seinen
geplanten Messestand erfuhr, verschlug es ihm die Sprache. Diesen Betrag
wollte und konnte er niemals bezahlen. Aus der Traum. Doch schon wenig
später kam ihm eine rettende Idee. Genau einen Tag vor dem
Eröffnungstermin telefonierte er mit der Messeleitung und bot für
Dekorationszwecke "zwei außergewöhnliche Motorräder" an.
Und da er für die Leihgabe auch nichts haben wollte, wurde das Angebot
selbstverständlich gerne angenommen.
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Egli-Vincent für die Straße und
Egli-Vincent für die Rennstrecke
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(2 Fotos: Archiv-Egli) |
Irgendwie hatten
wir aber aneinander vorbeigeredet. Als ich nämlich mit meinen Maschinen
bei der Messehalle ankam und nach dem Weg fragte, hieß es, der Platz
für die Dekorationsblumen wäre ganz hinten in der Ecke. Doch ganz
gleich, ob Blumen oder Motorräder, das war mir in diesem Moment
ziemlich egal. Wichtig war nur, meine Maschinen standen auf der
Messe", erinnert sich der Schweizer mit einem verschmitzten
Schmunzeln an das damalige Missverständnis. Dass sie die Hauptattraktion
werden sollten, hatte sich der junge Motorradhersteller in seinen
kühnsten Träumen nicht auszumalen gewagt. Ohne es gewollt zu haben,
stahl die kleine "Spezial-Werkstatt für Vincent-Motorräder"
aus Oberwil/Aargau, in der neben dem Chef nur noch zwei weitere
Mechaniker beschäftigt waren, allen etablierten Herstellern die Show.
Die beiden 1000er Egli-Vincent waren die Sensation schlechthin.
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Mythos: Vincent Black Shadow
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Meilen-Tacho! |
Vincent-Kraftwerk: 1000 ccm und 55 PS
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Dabei war es längst
nicht nur der Name Vincent, der für Aufregung sorgte. Vincent
Motorräder, einst die stärksten, schnellsten und teuersten Maschinen
der Welt, gab es ja schon seit 1955 nicht mehr.
Vergessen hatte sie aber
keiner und die British-bike verrückten Schweizer schon ganz und gar
nicht. Die beiden blinkenden und blitzenden Bikes im letzten Winkel der
Messe hatten allerdings nur noch wenig mit den bekannten Vincents aus
den ruhmreichen Fünfzigern zu tun - bis auf das gewaltige 1000er
V-Triebwerk von der sagenumwobenen Black Shadow.
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Schweizer-Motorradtraum: Egli-Vincent
(Foto: Archiv-Egli)
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Das hatte Egli nach allen
Regeln der Tuning-Kunst modifiziert und auf rund 75 PS gebracht. Der
Rest war so neu, dass den Messebesuchern der Atem stockte. Solche
Motorräder hatte die Welt noch nicht gesehen. Es waren reinrassige
Sportmaschinen, nichts für Anfänger, brave Familienväter oder Leute,
die gemütlich über die Chaussee bummeln wollen. Genau wie echte
Rennmaschinen hatten die Egli-Vincents Stummellenker und hinten liegende
Fußrasten, GFK-Sporttank, Ein-Mann-Höcker, schmale Schutzbleche und
Speichenräder mit Hochschulterfelgen aus Aluminium. Im Vorderrad sorgte
eine Ø 210 mm Fontana Doppelduplex-Trommelbremse und hinten eine
Simplex-Trommelbremse für atemberaubende Verzögerungswerte. In der
zweiten Egli-Vincent, eine echte Rennmaschine, waren sogar moderne
Scheibenbremsen verbaut.
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Egli-Chassis
(Zeichnung: Archiv-Egli)
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Der Oberknaller jedoch
war der Rahmen. Eine Konstruktion, die nicht durch ein aufwendiges
Rohrgeflecht, sondern durch seine schlichte Einfachheit bestach.
Das Chassis bestand
lediglich aus einem 100 mm starken Zentralrohr aus Präzisionsstahl
direkt über dem V-Motor, das gleichzeitig als Öltank diente, und einem
Rohrdreieck für das Rahmenheck, diese Rohre hatten 30 mm
Außendurchmesser. Der Motor war mittragendes Teil, er war am vorderen
Zylinder mit dem Zentralrohr verschraubt und hinten über stabile
Halteplatten mit dem Rahmenheck verbunden. Die Führung der
Hinterradschwinge aus Profilstahlrohr mit zwei Ceriani-Federbeinen
erledigten Kegelrollenlager, die Ceriani-Telegabel war ebenfalls in
großzügig dimensionierten Schrägrollenlagern gelagert.
Für tadellosen
Korrosionsschutz, aber auch für eine bestechende Optik, hatte der
rührige Konstrukteur das hartgelötete Fahrwerk auf Hochglanz
vernickeln lassen. Eine Maßnahme, die zum Markenzeichen aller folgenden
Egli-Rahmen werden sollte. Bis auf wenige Ausnahmen, wie sich mit der in
diesem Bericht gezeigten, originalgetreu restaurierten, 1000er
Egli-Vincent mit schwarz lackiertem Fahrwerk aus dem Jahr 1969 von Bernd
Stutz belegen lässt.
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Bernd Stutz und seine Egli-Vincent von
1969
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Und dann gab es noch
etwas, was die Schaulustigen bei der Züspa vom Hocker riss: der
riesige original Vincent Smith-Tacho mit einer Ziffereinteilung bis
250
Stundenkilometer!
In einer Zeit, als die 42
PS starke BMW R 69 S als Maß der Dinge galt, brachte die Egli-Vincent
die Motorradwelt mächtig durcheinander. Dabei stand der Schweizer
Spezialmaschinenhersteller erst am Anfang seiner Karriere, die er so
eigentlich gar nicht gewollt hatte.
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Fritz W. Egli: "Handwerk von der
Pike auf gelernt"
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Vincent Black Shadow: "Schneller als
ihr Schatten" |
Sein Handwerk hat Fritz
W. Egli von der Pike auf gelernt und schon früh begann er, sich für
Motorräder zu interessieren. Besonders beeindruckte ihn die schwere
Maschine eines älteren Arbeitskollegen. Wie er richtig hieß, wusste eigentlich keiner, alle nannten ihn nur Blacky: er fuhr nämlich eine 55
PS starke und 200 Stundenkilometer schnelle 1000er Vincent Black Shadow.
Immer wieder beobachtete der junge Egli wie Blacky beim Starten des
mächtigen V-Motors Probleme hatte. Handwerklich begabt, wie er war,
konnte er seinem Arbeitskollegen helfen. Es dauerte nicht lange und
zwischen dem alten und jungen Motorradfan entstand eine
Motorradfahrerfreundschaft. Und was nun folgte, klingt zurückblickend
fast wie ein modernes 1001-Nacht-Märchen. Blacky bekam mit der Zeit
ernsthafte gesundheitliche Probleme, was ein Weiterfahren mit seiner Vincent
unmöglich machte. Verkaufen wollte er das Bike aber nicht, und so
fragte er seinen jungen Freund eines Tages, ob er die Black Shadow haben
möchte. Bei ihm wüsste er sie in guten Händen und weil er seine
Fahrerausrüstung nun auch nicht mehr brauchte, verschenkte er sie
gleich mit. Für den stolzen Nachbesitzer war es viel mehr als nur ein
Geschenk, es sollte seinen weiteren Lebensweg maßgeblich beeinflussen.
Dass Blacky kurz darauf verstarb, gab der Angelegenheit eine Tragik, die
den jungen Egli tief berührte und er beschloss, die Black Shadow nie
wieder herzugeben, er besitzt sie tatsächlich noch heute.
Die Ausbildung zum
Feinmechaniker schloss er in seinem Jahrgang als Bester in der ganzen
Schweiz ab und als Lohn für diese herausragende Leistung durfte er für
drei Jahre zu einem Montageaufenthalt auf die Baja California. Neben
vielen Eindrücken und Erfahrungen hatte der Eidgenosse eine schöne
Stange Fränkli zusammengespart, die es ihm ermöglichte, eine kleine
Motorrad-Schrauberbude einzurichten. Tagsüber arbeitete er weiterhin
als Mechaniker in seiner ehemaligen Lehrfirma, nach Feierabend und am
Wochenende wurde an seiner Vincent und anderen eigenen Maschinen sowie
den Motorrädern von Freunden gewerkelt. Fast alle fuhren englische
Bikes und da gab es schließlich immer etwas zu reparieren, zu
verbessern oder umzubauen. Es war eine eingeschworene Clique, das
gemeinsame Motorradhobby verband zu einer festen Freundschaft, bezahlen
ließ sich Egli für seine Arbeit nicht. "Es war eine wunderschöne
Zeit. Wir hatten viel Spaß zusammen, und wenn wir nicht irgendwo
unterwegs waren, wurde an den Motorrädern geschraubt", erzählt
der Schweizer über früher. Im Prinzip hätte es bis ans Ende der Welt
so weitergehen können. Beruflich stand ihm eine gesicherte Karriere
bevor, die genügend Zeit für die feierabendliche Motorradfahrerei und
natürlich die Motorradbastelei ließ. Doch längst hatte er sich andere
Ziele gesteckt: eine Motorradwerkstatt. Er wollte sich selbst die Arbeit
einteilen und sich von niemandem mehr sagen lassen, was und wie es zu
machen war. Wenn es um Motorradsachen ging, entwickelte Fritz W. Egli
seinen eigenen Kopf.
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1000er Egli-Vincent mit Scheibenbremsen
am Vorderrad
(Foto: Archiv-Egli)
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Geht nicht, gab es für
den zum Perfektionismus strebenden Techniker nicht und wenn ein Problem
zu lösen war, sinnierte er so lange, bis er es gelöst hatte. In seiner
Welt drehte sich alles um Motorräder, er war Techniker, Tüftler und
Konstrukteur in einer Person, der "Geschäftsmann" stand hintenan.
In einer Zeit, als auch
in der Schweiz bald keiner mehr etwas vom Motorrad wissen wollte, setzte
er Mitte der Sechziger diese Vorhaben in die Tat um.
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Vincent Black Lightning
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Schlecht standen seine
Aktien nicht. Im Mikrokosmos der Vincent-Motorradwelt hatte er sich in
der Schweiz längst einen guten Ruf erworben. Als Black Shadow Besitzer
und Fahrer kannte er alle Stärken, aber auch die Schwächen des
legendären Bikes. Mit geschlossenen Augen konnte er das Triebwerk
auseinander- und wieder zusammenbauen. Und weil man die Ersatzteile
nicht an jeder Ecke bekam, war im Laufe der Zeit ein gut sortiertes
Lager angewachsen. Bei der Pflege, Wartung und Reparatur von Vincent
blieb es natürlich nicht. Was die Kunden brachten, wurde
instandgesetzt. Und als einige Freunde anfingen Moto Cross und
Grasbahnrennen zu fahren, sprang der Rennbazillus auch auf den
Jungunternehmer über. Für ihn kamen aber nur die in der Schweiz
typischen Bergrennen in Frage. Die Black Shadow war längst mit
Leistungsteilen der Black Lightning-Rennmaschine auf gut 80 PS getunt
und ging, wie er noch heute versichert, "wie die Hölle". Doch
über den dritten Rang kam er nicht hinaus. Schuld daran war das
veraltete Fahrwerk, das Philip C. Vincent bereits kurz nach dem Zweiten
Weltkrieg konstruiert hatte. Die Vorderradführung erledigte eine
Girdraulic-Trapezgabel, der Rahmen bestand im Prinzip nur aus einem
kurzen Vierkant-Rohr über dem Motor, und lange bevor Yamaha die
Erfindung der Cantilever-Hinterradfederung für sich in Anspruch nahm,
sorgte bei der Vincent exakt solch ein System für Fahrkomfort. Im
kommoden Straßenbetrieb mochte das Fahrwerk seiner Aufgabe ja
nachkommen, doch im scharfen Renneinsatz war es hoffnungslos
überfordert.
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Logo für Präzision, Leistung und
Schnelligkeit
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Um auch weiterhin Spaß
an der Rennerei zu haben, musste etwas passieren und das konnte nur ein
neues Fahrwerk sein. Da es aber so etwas nirgends zu kaufen gab, blieb
keine andere Wahl als es selbst zu bauen. Doch leichter gesagt, als
getan. Ein Vorbild für ein gutes Chassis war nicht das Problem, und
sich ausgerechnet nach dem Rahmenlayout des berühmten Norton
Manx-Rahmens zu orientieren, kam Egli erst gar nicht in den Sinn. Da
blieb er lieber beim Vincent-Vorbild. Nur musste dieses Rahmenprinzip
vollkommen neu überdacht und gemäß dem aktuellen Stand der Technik
umgesetzt werden. Der Clou des neuen Rahmens war seine Einfachheit und
die möglichst verdrehsteife Verbindung zwischen Lenkkopf und
Hinterradschwinge. Aus dieser Idee entstand der bis heute legendäre
Egli-Zentralrohrrahmen.
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Da es Mitte der Sechziger allerdings noch
kein brauchbares Federbein gab, das für den Einsatz einer
Centilever-Schwinge geeignet gewesen wäre, entschied ich mich zunächst
für eine konventionelle Hinterradschwinge mit zwei Federbeinen",
verrät Fritz Egli. Alles weitere war handwerkliche Meisterarbeit, wobei
er jedoch nichts dem Zufall überließ. Bauteile, die nicht selbst
gefertigt wurden, bezog er ausschließlich von renommierten
Zulieferfirmen. Perfektionist wie er war, wurde aber kein Bauteil
einfach nur angebaut, sondern penibel überarbeitet und exakt in das
System eingepasst. Die Flut von sündhaft teuren und passgenauen
Zubehörteilen, die man heute von jedem Motorrad-Versandhandel bekommen
kann, gab es vor 30 Jahren nämlich noch nicht.
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Fritz W. Egli
(Foto: Archiv-Egli) |
Schweizer Bergmeister 1968: Fritz W. Egli
(Foto: Archiv-Egli) |
Anfang 1968 stand die
erste 1000er Egli-Vincent Rennmaschine für die Schweizer
Bergmeisterschaft startbereit. Acht Läufe waren ausgeschrieben, sieben
Mal wurde Fritz W. Egli Erster, einmal Dritter. Der Name "Egli-Vincent"
war in der Rennszene bald nicht mehr wegzudenken, am Ende der Saison war
der Konstrukteur und Rennfahrer Egli Schweizer Bergmeister!
Dass Fritz W. Egli ein
talentierter Rennfahrer war, hatte er nachhaltig bewiesen, doch seine
wirkliche Stärke war die des Motorradkonstrukteurs, Tuners und
Mechanikers. Und so überließ er im folgenden Jahr seinem Freund Fritz
Peier die Rennerei. Auch hier das gleiche Bild, die Kombination Egli/Vincent/Peier
war 1969 unschlagbar. Peier wurde Schweizer Bergmeister, darüber hinaus
brach er alle Rekorde und erzielte etliche Achtungserfolge bei
internationalen Rennen in England. "Unsere damaligen Einsätze lassen
sich mit dem heutigen Motorradrennsport nicht mehr vergleichen. Der
Fritz Peier und ich haben uns alles geteilt, Essen, Benzin und
Reisekosten. Rennsport war noch Idealismus, außer ein paar Fränkli
Preisgeld war kein Geld damit zu verdienen. Dafür war die Kameradschaft
im Fahrerlager um so besser, oft waren wir bei englischen Rennkollegen
zum Tee eingeladen", plaudert Fritz Egli von früher. "Unsere
Renn-Vincent hat damals sehr viel Aufmerksamkeit erregt. Oft konnten wir
sogar so bekannten Werksfahrern wie Phil Read und Giagcomo Agostini
mächtig einheizen. Rennfertig brachte die Vincent knapp 160 kg auf die
Waage, und je nach Abstimmung leistete das Triebwerk zwischen 80 und 85
PS bei 7000 Touren."
Fast immer Zweiter in der
damaligen Schweizer-Meisterschaft wurde Florian Bürki auf einer
Triumph-Métisse. Fritz Egli erinnerte sich eines Tages an die
Geschichte mit seinem alten Arbeitskollegen Blacky und fragte Bürki, ob
er mal Lust hätte die Ersatz-Vincent auszuprobieren. Es kam wie
erwartet: im Ziel trennten die beiden "Egli-Werksfahrer" nur
Zehntelsekunden voneinander. Fritz Peier wurde 1971, Florian Bürki 1972
und 1973 Schweizer Bergmeister auf Egli-Vincent.
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Egli-Vincent mit 500er
Einzylinder-Comet-Motor
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In seinem Betrieb hatte
sich Fritz W. Egli längst auf die Herstellung von Rahmen-Kits und
kompletten Egli-Motorrädern spezialisiert.
Zwischen 1968 und 1972
entstanden etwa 50 Egli-Vincent mit dem 500er Einzylindermotor und rund
200 Egli-Vincent mit dem 1000er V-Triebwerk.
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Egli-Vincent mit 1000er Black
Shadow-Motor
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Von einer Serienfertigung
konnte dabei allerdings keine Rede sein. Jede Maschine wurde exakt nach
Absprache des Kunden in Handarbeit aufgebaut. Wobei bei den
Zubehörkomponenten grundsätzlich nur Spitzenerzeugnisse von Ceriani,
Grimeca, Campagnolo, Lockheed, Brembo, Orlandi, Fontana, Lucas, Kröber,
Dellorto und Borrani zum Einsatz kamen.
Die Sonderwünsche
beschränkten sich allerdings nicht nur auf das Chassis, auch
Motortuning war in der nach oben offenen Leistungsskala grundsätzlich
möglich. Vom ursprünglichen Vincent-Motor waren außer den Gehäusen
sowieso kaum noch ein Teil original. Die durchgeführten Modifikationen
und Veränderungen begannen beim Kurbeltrieb und dessen Lagerung, es gab
unterschiedlich "scharfe" Nockenwellen, verbesserte Kolben,
komplett überarbeitete Zylinderköpfe, Stoßstangen aus Alu und eine
modifizierte Kupplung. Bei allen Tuningarbeiten wurde größter Wert auf
Zuverlässigkeit und Langlebigkeit gelegt. Egli-Motorräder waren durch
die Bank weg alltagstauglich und wer wollte, konnte damit sogar ans
Nordkap oder nach Sizilien fahren.
Aus heutiger Sicht ist
diese Vielfalt für Restaurateure und Egli-Kenner allerdings ein
schwieriges Unterfangen, wenn es darum geht, genau zu beurteilen, was
nun original ist und was nicht. Hinzu kommt, dass im Laufe der Zeit
viele Eglis um- oder nachgerüstet worden sind. Denn genau hierauf legte
Fritz W. Egli immer großen Wert. Modifikationen, Weiterentwicklungen
sowie hochwertigere Anbauteile ließen sich problemlos nachrüsten - so
dass eine Egli immer auf dem neuesten Stand der Technik war.
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Egli-Kawasaki mit 750er H2-Motor
(Foto: Rüdiger Lichte)
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Das Rennsportengagement
machte die "Egli-Schmiede" weit über die Schweizer Grenzen
bekannt. Von überall aus Europa, aber auch aus Übersee trudelten
Aufträge ein. Dieser Erfolg brachte es mit sich, dass Fritz W. Egli
1971 nun schon zum zweiten Mal mit seinem Betrieb umziehen musste. Um
ein für allemale Ruhe zu haben, kaufte er in Bettwil/Aggrau ein altes
Bauernhaus und baute den Hof nach und nach für seine Bedürfnisse um.
Die Zeit, in der man sich überwiegend mit dem Aufbau von den
Egli-Vincents beschäftigte, ging im Wechsel der Sechziger zu den
Siebzigern langsam aber sicher dem Ende zu. Die Kundschaft fuhr
mittlerweile Triumph Bonneville, Honda CB 450, Kawasaki Mach III oder
Mach IV oder Laverda 750 SF. Auch für diese Maschinen bot Egli
Fahrwerke an, wobei an große Stückzahlen nicht zu denken war. Je nach
Modell wurden nur zwischen 10 und 25 Rahmen-Kits hergestellt.
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Eine Revolution auf dem
Motorradmarkt löste die ab 1970 in Europa verkaufte Honda CB 750 Four
aus. Hondas "Meilenstein in der Motorradgeschichte" läutete eine
neue Generation ein, mit der Schlosserei vor der Ausfahrt war nun
endgültig Schluss. Das 750er Vierzylinder-Triebwerk war leistungsstark,
zuverlässig und langlebig. Nur die japanische Fahrwerkstechnik steckte
damals noch in den Kinderschuhen. Bei Egli reagierte man sofort. Bereits
Anfang 1971 stand die erste Egli-Honda CB 750 fahrbereit auf den
Rädern.
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Fritz W. Egli auf der Egli-Honda CB 750
(Foto: Archiv-Egli) |
Egli-Honda mit CB 750 Four Motor um
1970-71
(Foto: Archiv-Egli)
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Das Rahmenprinzip hatte
sich, abgesehen von den zusätzlichen zwei Motorhaltestreben vor dem
Zylinderblock, nicht geändert. Neu dagegen waren die Egli-Gussräder
aus Magnesium. Nach Friedel Münch war Fritz W. Egli der zweite
Motorradhersteller, der solche Räder im Serienbau einsetzte. Diese
neuen Laufräder waren nicht nur leicht, sondern auch enorm stabil. Im
Vergleich zu einem normalen Speichenrad, das sich bereits bei 3.03
Tonnen Belastung verformte, ertrug das Egli-Gussrad 7,45 Tonnen
Druckbelastung stellte die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt bei
der statischen Festigkeitsprüfung beeindruckend fest.
Selbstverständlich gab
es die Egli-Honda auch in getunter Ausführung mit 810 ccm, 75 PS und
über 210 km/h schnell. Von allen je produzierten Eglis etablierte sich
dieses Modell zum Dauerbrenner. Von 1970 bis 1984 wurden 700 Egli-Hondas
mit CB 750-Motor gebaut. In der Egli-Geschichte bis heute absoluter
Rekord, lediglich die Egli-Kawasaki kommt mit 600 Einheiten an diese
Zahl heran.
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Egli-Rahmen-Kit
(Foto: Archiv-Egli)
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Wobei wir schon beim
nächsten wichtigen Egli-Kapitel sind: Der Kawa-Ära. "Als 1973 die
Kawasaki 900 Z 1 auf den Markt kam, übertraf sie all unsere
Erwartungen", plaudert der Fahrwerks-Guru aus dem Nähkästchen,
"zuerst dachen wir, jetzt können wir unser Geschäft zusperren, gegen
solch ein Motorrad können wir nie und nimmer ankommen. Doch als wir mit
der Z1 gefahren waren, wussten wir, genau das Gegenteil wird der Fall
sein. Damals wussten wir allerdings noch nicht, welch fast
unerschöpfliches Potential in diesem Motor steckte."
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Egli-Langstrecken-Team 1974: Godier/Genoud
(Foto: Archiv-Egli)
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Es dauerte nicht lange
und es folgten Taten. Das Egli-Racing Team beteiligte sich mit den
französischen Starpiloten Godier/Genoud im prestigeträchtigen
Endurance-Langstreckenrennsport. 1974 gewann das Team auf der
Egli-Kawasaki im Prinzip alles, was zu gewinnen war und stand am Ende
der Saison als Champion fest.
"Bitterer Beigeschmack
an der Geschichte war", zeigt sich Egli noch heute über das
Engagement verärgert, dass Kawasaki überall mit diesem Erfolg
Werbung machte, der Namen Egli in der Reklame aber nirgendwo
auftauchte." Fritz W. Egli ging trotzdem seinen Weg, 1975 wandelte
er die Einzelfirma F. W. Egli in eine Aktiengesellschaft um. Seiner
Kawa-Aktivität setzte er 1979 mit der MRD 1 die Krone auf. Gemäß dem
selbst gewählten Motto "machen, was machbar ist", wurde die Egli
MRD 1 als optimale Fahr-, Leistungs- und Speed-Maschine auf die Räder
gestellt.
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1979 Eglis "Überhammer" MRD 1
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20 Jahre bevor die
aktuelle Suzuki Hayabusa an der 300-km/h-Schwelle knabbert, schaffte die
MRD 1 bereits Anfang 1979 echte 297 Stundenkilometer! Auch kein Wunder.
Der auf 1016 ccm aufgebohrte Z 900 Kawa-Motor war mit einem
ATP-Abgasturbolader bestückt und zusätzlich durch alle möglichen
Tuningkunststücke auf beachtliche 180 PS bei 10000/min aufgepäppelt
worden. |
Zeitgleich wurde
erstmalig die patentierte Egli-Telegabel, mit zwei zusätzlichen
Verbindungsachsen, und die Cantilever-Hinterradschwinge mit
Monoshock-Federbein verwendet. Am Egli-Zentralrohr-Rahmensystem, um es
an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich zu betonen, hatte sich
dagegen nichts verändert.
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Im Laufe der
Egli-Geschichte gab es eigentlich kaum einen Motor, der nicht irgendwann
einmal in das Schweizer Spezial-Chassis gebaut wurde. Das waren Honda,
Yamaha und Enfield Einzylinder-Triebwerke, Ducati-Motoren und sogar
Aggregate von BMW fanden sich im Zentralrohrrahmen wieder.
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Egli-Enfield
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Zweite Leidenschaft: US-Spielzeug
Corvette |
Fritz W. Egli
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Seit Anfang der neunziger
Jahre hat sich Fritz W. Egli einer neuen Aufgabe gewidmet: dem Import
der Enfield India. Und weil die Enfield längst nicht seinem
Qualitätsstandard entspricht, gibt es natürlich diverse Tuningstufen
für den Dampfhammer. Aber noch etwas ist interessant an dieser
Geschichte. Ausgerechnet die 350 Enfield Bullet war neben der Vincent
Black Shadow Fritz Eglis erstes Motorrad...
Adresse:
Egli Motorradtechnik AG
Hauptstraße 14/15
CH-5618 Bettwil
www.Egli-Racing.ch
Egli-Shop:
www.egli-kalenderbuch.de
www.eglifilm.eu
Das Buch über Fritz W. Egli
"Egli - The Official Book" |