Motorrad-Marken


Yamaha AS1 125 
Modelljahr 1969

"Der kleine Frechdachs"

Ende der 60er Jahre brachte Yamaha eine pfiffige
125er Zweizylinder-Zweitaktmaschine auf den Markt. Die 15 PS
starke AS1 rannte mit angelegten Ohren gut 120 Sachen.
Genug Speed um damit einen VW Käfer "nass" zu machen!

Text&Fotos: Winni Scheibe



Yamaha kennt heute eigentlich jeder. Das war allerdings nicht immer so. Bei uns erfuhren die Motorradfans erstmals im Herbst 1964 von dieser Marke. Für den zweitgrößten japanischen Motorradhersteller erfolgte der Einstand auf der IFMA in Köln. Gezeigt wurden seinerzeit drei Zweitakt-Modelle: Die 250er DS-3 mit Zweizylinder-Motor, die 80er YG-1 und das Moped YF-1 mit jeweils Einzylinder-Triebwerk. Zuständig für die Präsentation war das japanische Handelshaus Mitsui GmbH mit Sitz in Düsseldorf. Damals hatte man sich viel vorgenommen. Die japanischen Geschäftsleute wollten die Maschinen von Yamaha auf dem deutschen Markt verkaufen, doch bevor es überhaupt losgehen konnte, musste man zunächst ein Händlernetz aufbauen und den Namen bekannt machen. Kein leichtes Unterfangen.



Anfang der sechziger Jahre lag das Zweiradgeschäft nämlich restlos am Boden. Gerademal 8000 Neumaschinen ließen sich 1964 an den Mann bringen. Wer etwas auf sich hielt, fuhr VW Käfer, einen Opel Rekord oder wenigstens das Goggomobil oder den Kabinenroller von Messerschmitt. Auf Motorräder setzte "kein vernünftiger Mensch" mehr einen Pfifferling. NSU in Neckarsulm, eben noch weltgrößter Zweiradhersteller, erklärte sogar, man werde nie wieder Motorräder bauen, die Zukunft gehört dem Auto! 



Was allerdings kaum einer ahnte, dass bereits eine neue Motorradwelle auf uns zurollte. Nordamerika war längst vom Bikefieber erfasst, und die, die hier fuhren, fuhren nicht, weil sie mussten oder kein Geld für ein Auto hatten, sondern aus Spaß an der Freude, aber auch aus Protest gegen die verspießte, kleinbürgerliche Gesellschaft. Der aufstrebenden Branche kam das allerdings kaum entgegen, Motorradfahrer hatten bei uns einen schlechten Ruf. Der Anfang war entsprechend mühselig. 1966 gab es bundesweit 23 Yamaha-Vertragshändler, die rund 200 Maschinen an die Zweitaktfans verkauften.


Yamaha war durch und durch Zweitaktspezialist, zur Freude der Fans, zum Ärger der Konkurrenz. Und das war Honda. Um ihre Maschinen überall bekannt zu machen, beteiligten sich beide in der Straßen-Weltmeisterschaft. Das packende Duell 1964 in der 250er Klasse hieß Jim Redman, auf der hochtourigen DOHC-Vierzylinder-Werks-Honda gegen Phil Read, auf der simplen Zweizylinder-Zweitakt-Werks-Yamaha. Was zunächst kaum jemand für möglich hielt, wurde am Ende der Saison wahr.  
Als erster Yamaha-Weltmeister konnte sich Phil Read 1964 in die WM-Chronik eintragen lassen. Honda, damals bereits weltgrößter Motorradhersteller, konnte sich vor Ärger ins Knie beißen. Wie schlagkräftig der Yamaha-Twin sogar gegen die brandneue 250er DOHC-Sechszylinder-Werks-Honda war, bewies Phil Read im folgenden Jahr. 1965 holte er sich und für Yamaha erneut den 250er WM-Titel. Aber auch in der 125er Klasse war Yamaha erfolgreich. 1967 gewannen Bill Ivy und 1968 Phil Read die Weltmeisterschaft. 

Für das Image waren diese Erfolge enorm wichtig. Wer Ende der Sechziger ein sportliches Motorrad fahren wollte, saß auf einer Yamaha.




Für die Saison 1968 standen vier Zweizylinder-Modelle zur Auswahl: die 100er YL-1, die 125er AS1, die 250er DS-5 und die 350er YR-1. Alle vier pfeilschnelle Zweizylinder-Zweitaktmaschinen, mit gutem Handling und, bei entsprechender Wartung versteht sich, mit hoher Lebensdauer. 
Neu im Quartett war die AS1. Eine 125er mit drehfreudigem, 15 PS starken Zweitakt-Twin-Motor hatte es bis dato in dieser Form noch nicht gegeben. Der kleine Hüpfer rannte wie die Hölle. Mit angelegten Ohren, Rückenwind und flach über dem Tank liegenden Fahrer kletterte die Tachonadel auf 120 Sachen. 

In der damaligen Zeit war das für eine 125er ein Affenzahn, wobei der Motor lustig bis an 10.000/min drehte. Aber auch im Sprint konnte die AS1 begeistern. Die 125er bestach durch Temperament, einfache Handhabung und gute Bremsen. Also genau die richtige "Einstiegsdroge" in die moderne Bikerwelt.

 



Der große Durchbruch blieb dem niedlichen Hüpfer jedoch versagt. Echte Motorradfahrer nahmen den Winzling kaum für voll, sie taten die AS1 einfach als "Moped" ab. Und so wundert es auch nicht weiter, dass Mitsui kaum mehr als 200 Maschinen absetzen konnte. 
Inzwischen eine gänzlich andere Situation. Wer eine der ersten 125er Zweizylinder-Yamaha besitzt, darf sich eines seltenen Schatzes rühmen. Szenenkenner und AS1-Owner Peter Abelmann weiß, dass maximal 10 dieser Maschinen in Deutschland "überlebt" haben und weiß, wer eine hat, geht pfleglich mit ihr um. Die Ersatzteile werden immer rarer, und wer fährt, achtet penibel auf korrekte Vergaser- und Zündeinstellung. Aber auch die Auspufftöpfe dürfen nicht verstopft sein.
Mangelt es hier an Pflege, hat man schnell eine "Sparbüchse", oder was besser zu verstehen ist, ein Loch im Kolben. Aber das war früher auch kaum anders.


TECHNISCHE DATEN
Yamaha AS1 125
Baujahr 1969

Motor:
Zweizylinder-Zweitaktmotor, schlitzgesteuert, luftgekühlt, "Yamaha-Autolube" Getrenntschmiersystem.
15 PS bei 8500/min, Bohrung x Hub 43 x 43 mm, Hubraum 124 ccm, Verdichtung 7,0. Zwei Mikuni-Schiebervergaser, Ø 17 mm. Kontakt-Zündanlage, 12-Volt Bordelektrik. Kickstarter. Fünfganggetriebe. Endantrieb über Rollenkette

Fahrwerk:
Einrohrrahmen unten offen. Vorne Telegabel, hinten Stahlrohrschwinge mit zwei Federbeinen. Bereifung vorn 2.50-18, hinten 2.75-18. Vorn seilzugbetätigte Simplex-Trommelbremse, hinten gestängebetätigte Simplex-Trommelbremse. Radstand 1200 mm, Tankinhalt 9,5 Liter, Öltank 1,2 Liter.

Preis: 1849 Mark

Text-Archiv: Yamaha Klassiker

Bild-Archiv: Yamaha  125 AS1


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