Portrait "Perfekt serviert" Fürstenstädte haben ihre
Besonderheiten.
Keine Frage. Text&Fotos: Winni Scheibe |
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Harley-Fan und Gourmet-Koch Dieter Schäfer vor dem Bad Arolser Schloss |
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Wir schreiben das Jahr 1815, ein grausamer Krieg ist zu Ende. Napoleon wurde besiegt, ganz Deutschland und einige Gegenden drum herum unterliegen nun wieder der preußischen Macht. Ganz Deutschland? Mitnichten! Auf der neu gezeichneten Landkarte, mitten zwischen den Flüssen Eder und Diemel, muss eine weiße Fläche eingetragen werden. Das kleine Fürstentum Waldeck hat nämlich seine Selbständigkeit behalten. Mit Geschick und Trotz konnte das Fürstenhaus diesen Status sogar über 100 Jahre bis zum 1. April 1929 halten. Kein Wunder. Die Fürstenfamilie zu Waldeck und Pyrmont gehörte zu den wohlhabendsten Adligen in Deutschland. Und wie es sich für Personen mit Blauem Blut in den Adern schickte, wohnte man natürlich in einem prachtvollen, nach Versailler Vorbild errichteten, Residenzschloss. Gebaut wurde der Palast um 1720 in Arolsen, der Ort sollte später Haupt- und Residenzstadt des Fürstentums werden. |
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Noch heute lebt Wittekind Fürst zu Waldeck und Pyrmont mit seiner Familie im ehemaligen Residenzschloss. Zwar hat seine Durchlaucht keinerlei politischen Einfluss oder Machtbefugnis mehr, aber dafür sind die Arolser und auch viele Waldecker verdammt stolz auf ihre Aristokratie. Stolz sind die Arolser aber auch auf die sechsreihige Eichenallee, die sich von oben bis unten durch die Stadt zieht und auf den Titel "Bad-Arolsen". Als Geheimtipp wird "Schäfers-Restaurant" in der Schlossstraße 15 empfohlen. Hier steht Chef Dieter Schäfer höchstpersönlich hinter dem Herd. Falls er aber eine freie Minute hat, tauscht er die weiße Arbeitskluft gegen eine schwarze Lederjacke ein, und statt des Kochlöffels dreht der begeistere Biker dann am Gasgriff seiner Harley-Davidson Dyna Glide Custom. |
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Dieter Schäfer ist Koch und Restaurantbesitzer mit Leib und Seele. Seinen Job sieht er nicht als Arbeit an. Er betrachtet ihn als Erfüllung. Seit 1983 ist er selbständig. Mit der Realisierung eines anderen Wunsches musste Dieter Schäfer allerdings nicht so lange warten. Schon als 18jähriger leistete er sich eine Yamaha XS 650. Eigentlich wollte er diese Maschine nach sechs Jahren Fahrspaß wieder verkaufen, nachdem er sich 1983 geschäftlich in Bad Wildungen auf die eigenen Füße gestellt hatte. "Aber niemand wollte die Yamaha haben. Kein Mensch hat sich damals dafür interessiert", sagt Schäfer heute und ist innerlich froh darüber. "Ansonsten wäre ich wohl Fußgänger geworden." Der XS-Viertakt-Twin folgte 1988, als der Gourmetkoch nach Arolsen umsiedelte, eine Yamaha SRX 600. An diesem Sport-Single fand der Motorradfan allerdings nicht so recht Gefallen. Im Frühjahr 1989 schlug der Wahl-Arolser deshalb zu und leistete sich eine Vierzylinder-Yamaha FJ 1200. "Da habe ich gemerkt, wie schnell man überhaupt mit einem Motorrad fahren kann. Das war aber auch schon fast alles," ist seine Meinung zu Yamahas Sporttourer. |
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Längst war er davon überzeugt, dass eigentlich nur eine Harley-Davidson für ihn in Frage kommt. "Das war immer mein Traumbike. Schon Anfang der 80er Jahre hatte ich mich für die Schwergewichte aus Milwaukee interessiert, nur vom Preis her war so etwas für mich unerschwinglich", gibt er offen zu. Mit dem Kauf musste der Feinschmecker-Koch daher bis zum Frühjahr 1992 warten. Dann hatte er das nötige Kleingeld für eine neue Dyna Glide Custom beisammen. |
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Der
Originalzustand entsprach aber nicht gerade seinem Ideal. Nach und nach
baute er sie sich demzufolge immer ein bisschen um. In erster Linie in
Eigenregie und nur wenn Spezialarbeiten erforderlich waren, sprangen
gute Freunde in die Bresche. Zuerst kamen die Standard-Auspufftöpfe ab.
"Mit diesen Rohren hatte sich die Harley angehört, als ob ein
Kaninchen hustet." Eine Softail-Anlage überzeugte ihn schon mehr.
Doch mit einfach Anschrauben war es natürlich nicht getan. Sie musste
erst zurechtgefeilt werden, damit sie zur Dyna Glide passte. Ein Freund,
der in einem Metallbaubetrieb schafft, übernahm dabei die
Schweißarbeit für die Halterungen. Zwischendurch bastelte Dieter
Schäfer an einer anderen Sitzbank. |
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Rund 400 Stunden Arbeitszeit und "viel Geld" stecken bis jetzt in seinem Bike. Es sind jedoch Bastelstunden, die oftmals wie im Flug vergehen. "Mitunter dauert es mehrere Tage, bis ich genau nach meiner Idee eine kleine Aluhalterung gefertigt habe. Ecken, Kanten und Rundungen müssen haargenau stimmen, alles muss exakt zusammenpassen", betont der Perfektionist. Sehr zum Leidwesen des Fahrspaßes allerdings, denn bis jetzt verbringt der vielbeschäftigte Gourmetkoch mehr Zeit in seiner Garage als im Sattel der Harley. Der Umbau wird mit Sicherheit eine Geschichte ohne Ende, sozusagen ein Lebenswerk. Die Harley will der Arolser nämlich auf ewig behalten. "Möglichst mit viel Alu und Edelstahl, aber so wenig wie möglich Chrom soll dran sein." |
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Nur
wenige Gäste in seinem Restaurant kennen die "heimliche"
Leidenschaft von Dieter Schäfer. Und noch weniger Arolser erkennen in
dem Harley-Fahrer auf den Straßen den Gourmetkoch. "Auch im Lokal
arbeite ich mehr im Hintergrund, im Restaurant bin ich selten zu sehen.
Selbst wenn ich in Arolsen vor der italienischen Eisdiele sitze, erkennt
mich kaum jemand. Außerdem habe ich dann die Sonnenbrille auf",
sagt er. "Für mich ist es auch keine Diskrepanz, dass ich
beruflich eine gehobene Küche betreibe und in meiner Freizeit an meiner
Harley schraube." |
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Adresse: Schäfer's Restaurant Schlossstraße 15 34454 Bad Arolsen |