Portrait


Jim Redman MBE
Sechsfacher Motorrad-Weltmeister und Honda-Star

Ein Bericht aus dem Jahr 1997

"Zeitreise"

Der Rennsport wird ständig professioneller.
Wie war es früher und was ist heute los?
Eine interessante Betrachtung mit und von
Rennlegende Jim Redman.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Winni Scheibe, Archiv-Redman, Archiv-Honda
, Joachim Schahl, Edersee-Touristik



6 Times World Champion Jim Redman

Stellen wir uns doch mal folgende Episode vor. Honda-Fan Olaf aus Hamburg brettert mit seiner RC45 im Sommer 1997 zur Superbike-WM nach Hockenheim. Dort kauft er neben dem Tribünenplatz für viel Geld auch noch eine Fahrerlagerkarte. Schließlich möchte er Rennatmosphäre pur schnuppern. Er schaut den Rennmechanikern über die Schulter,  beobachtet, wie Werksfahrer den Insektenschmutz von ihren bunten Lederkombis putzten. Selbstverständlich sammelt unser Schlachtenbummler Autogramme,  wünscht den Piloten viel Glück für das Rennen. Und dann passierte es: John Kocinski steht vor ihm. Ganz dicht, zum Anfassen nahe. Der 250er Weltmeister von 1990 auf Yamaha und jetzige Honda-Werksfahrer ist sein Idol. Olaf bewundert ihn, kennt seine Biographie in- und auswendig. Mit fast genau so einem Sportbike ist der Hamburger nach Hockenheim gekommen. Der amerikanische Superstar fährt beim WM-Lauf "sein" Bike, kämpft mit der Honda RC45 um den WM-Titel. Ein Autogramm, vielleicht mit persönlicher Widmung, das wäre das Größte, wauh! Doch soweit kommt es aber erst gar nicht. Kocinski reagiert nicht die Bohne auf seine Bitte, dreht sich einfach um und verschwindet im Wohnmobil. Für unseren Superbike-Fan bricht eine Welt zusammen. Das Wochenende ist gelaufen. Ob Kocinski nun gewinnt oder nicht, und ob er am Ende der Saison Weltmeister wird oder auch nicht, ist Olaf von einem Moment zum anderen sch... egal.


Jim Redman besuchte John Kocinski auf dem Hockenheimring


Tribünenplatz in Hockenheim:
Jim Redman verfolgt das Superbike-Training


Diese Geschichte ist natürlich frei erfunden, eine Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten wäre rein zufällig. Kein Zufall ist die Begegnung des sechsfachen Weltmeisters Jim Redman mit John Kocinski im Sommer 1997 in Hockenheim...



Helden der Manege - Sachsenring 1997 - 29 WM-Titel in Reih und Glied
Giacomo Agostini, 15 WM-Titel; Jim Redman, 6 WM-Titel; Phil Read, 8 WM-Titel


Und das kam so. Zur 70-Jahrfeier des Sachsenrings hatte man 1997 neben vielen weiteren Rennhelden auch den Mega-Star eingeladen. Nach der Feier wollte Jim Redman mit seiner Frau Kwezi noch ein paar Urlaubstage bei Stephan Elisat und Ralph Bohnhorst in Braunschweig verbringen.  Vor dem Rückflug war ein Besuch  beim  Superbike-WM-Lauf in Hockenheim geplant. Stephan Elisat kam auf die Idee, dass sich bei dieser Gelegenheit für mich doch sicherlich ein toller Artikel recherchieren ließe. Jim Redman könnte aus seinem Rennfahrerleben plaudern und seine Meinung über den heutigen Rennsport erzählen. Der sympathische Ex-Weltmeister war von diesem Plan sofort begeistert, neben meiner Arbeit als Journalist war ich also ab sofort für die beiden Südafrikaner "Tourguide".



Residenz-Schloss in Bad Arolsen:
Jim und Kwezi Redman, "Tourguide" Winni Scheibe


Nicht unerwähnt soll der Stopp in meiner Heimat, dem Ferienland Waldeck,  bleiben. Meinen Gästen zeigte ich Bad Arolsen, das Residenz-Schloss und wir  tranken einen Cappuccino bei Theo, meiner Lieblingseisdiele in Bad Arolsen. Danach fuhren wir zum Edersee. Als gebürtiger Engländer, Jahrgang 1931,  konnte sich Jim Redman noch gut an die Zerstörung der Edersee-Sperrmauer im Zweiten Weltkrieg erinnern.



Theos Eisdiele in Bad Arolsen:
Brigitte Haide, Jim und Kwezi Redman



Edersee-Sperrmauer im Ferienland Waldeck.
Am 17. Mai 1943 wurde von einer spezialentwickelten englischen Wasserbombe ein 
rund 70 m breites und 22 m tiefes Loch in das Bollwerk gerissen. Die Flutwelle tötete 
68 Menschen, viele Tiere und zerstörte Häuser.
(Foto: Edersee-Touristik)


Hockenheimring

Freitagmittag erreichten wir das Fahrerlager in Hockenheim. Es ging noch recht gemütlich zu, von Rennhektik keine Spur. Erst wenige Zuschauer saßen auf den Tribünen. Die Honda-Hospitalitie war schnell gefunden, wir stellten uns vor. "Interviews und Fototermine" sind nur mit Genehmigung des Castrol Honda-Teamchefs Neil Tuxworth möglich, hieß es. "Doch kein Problem", folgte gleich drauf die freundliche Antwort, um 14 Uhr könnte man das arrangieren.



Jim Redman und Neil Tuxworth


Pünktlich zur verabredeten Zeit waren wir wieder da. Neil Tuxworth spendierte kalte Drinks, es war brütend heiß. Wir fachsimpelten über den Superbike-Rennsport und die TT, die zur gleichen Zeit auf der Isle of Man abging. Die Zeit verflog. Es wurde 14.30 Uhr, wir ließen  uns noch einen Drink ausgeben, die Uhr stand inzwischen auf 14:45. Von John Kocinski war nichts zu sehen. Langsam wurde es Neil Tuxworth selbst peinlich und er fragte uns, ob wir die Werksmaschinen sehen möchten. Ich traute meinen Ohren nicht, normalerweise dürfen nur Teammitglieder in die Box. Für Außenstehende oder gar Presseleute mit Fotoapparat ist dieser Bereich absolute Tabuzone. Neil Tuxworth stellte den Honda-Mechaniker Jim Redman vor, erklärte ausführlich die Superbike-Technik. Kurz vor 15 Uhr stand er endlich da: John Kocinski, Honda Superbike-Werksfahrer 1997!  Die beiden Sportler reichen sich die Hände.
Jim Redman, legendärer Honda-Werksfahrer aus den sechziger Jahren und John Kocinski, am Ende der Saison "vielleicht" Superbike-Champion. Was wir damals allerdings noch nicht wissen konnten, er wurde es auch tatsächlich. Sie wechselten ein paar Worte, und schon wollte sich der amerikanische Superstar wieder aus dem Staub machen. 



"Momentaufnahme"
Das Gespräch zwischen Altmeister Jim Redman und Jungstar John Kocinski
dauerte eine knappe Minute


Ich schrie Stopp, machte schnell ein Foto. Er brauchte vor dem Trainingslauf noch ein bisschen Ruhe und müsse sich unbedingt konzentrieren, erklärte John Kocinski. Alle weiteren Fragen bitte Sonntagabend nach dem Rennen. Ende der Vorstellung.


Erinnerungen an "Yesterday"


250er Rennen 1962:
# 100 Honda Werksfahrer Jim Redman, 
Sieger auf dem Sachsenring und am Ende der Saison 250er Weltmeister
(Archiv: Eggersdorfer)


Jim Redman zog die Augenbrauen hoch, zuckte mit den Achseln, ich war geplättet. Kocinskis "set-up" wird der Ex-Weltmeister wohl nie verstehen. Auch kein Wunder. Zu seiner Zeit war eben vieles ganz anders. Das Wort "Medienrummel" war noch nicht erfunden, den Kontakt zu den Fans pflegte jeder Rennfahrer selbst. Dabei war das Interesse an Motorradrennen früher viel größer. Zu manchen GPs kamen bis zu 300.000 Zuschauer. Aber auch die Leistungen der damaligen GP-Piloten lassen sich mit dem heutigen Standard kaum vergleichen. Bei der Dutch-TT 1964 in Assen startete der bereits vierfache Weltmeister gleich in drei Klassen. Am Ende des Abenteuers ließ sich der Honda-Werksfahrer in der 125er, 250er und 350er Klasse als Lauf-Sieger feiern. "Den ganzen Tag über wurde ich umlagert. Jeder wollte unbedingt einige Sätze mit mir sprechen und jeder wollte natürlich auch ein Autogramm haben. Später wusste ich überhaupt nicht mehr, von was mir die rechte Hand mehr weh tat, ob vom Autogramme schreiben oder Gasgeben," fiel es Jim Redman mit einem verschmitzten Schmunzeln zum Treffen mit Kocinski ein.



Rennsport zum "Anfassen"
An der Strecke und im Fahrerlager

(Archiv: Redman)


Die Fahrt nach Hockenheim nutzte ich für den ersten Teil der Story und ließ den erfolgreichen Honda-Werksfahrer einfach erzählen. Eine Geschichte, die spannender als jeder Abenteuerroman ist. Wäre der gebürtige Engländer jedoch nicht nach Rhodesien, sondern in die USA ausgewandert, hätte er 100prozentig die Klischee-Karriere "vom Tellerwäscher zum Millionär" gemacht. Doch mit 20 Dollar in der Tasche brachte es Anfang der Fünfziger in Bulawayo/Rhodesien keiner zum Millionär und "der arme Hund" Jim Redman schon ganz und gar nicht. Als Truck-Fahrer wurde niemand reich. Bald hatte er aber gute Freunde gefunden. Der eine war Gary Hocking, der andere Nobby Clark. In ihrer Freizeit hatten sie nur eines im Kopf: Motorräder. Mit englischen Dampfhämmern machten sie die Gegend unsicher, forderten andere Biker zum Rennen heraus. "Es war eine verrückte, aber auch sehr schöne Zeit. Wir sind auf der Straße und im Gelände herumgeheizt. Nie konnte es uns schnell genug gehen," verriet mein Beifahrer. "Unser größter Traum war es aber, möglichst schnell Weltmeister zu werden."



Autogrammkarte Honda-Werksfahrer Jim Redman
(Archiv: Redman)

Ende der fünfziger Jahre starteten Gary Hocking und Jim Redman ihre internationale Rennfahrerkarriere in Europa. Nobby Clark begleitete sie als "Schrauber". Gary Hocking wurde bereits 1959 MZ-Werksfahrer, 1960 wechselte er zu MV Agusta und konnte 1961 mit der italienischen Edelmarke tatsächlich 350er und 500er Weltmeister werden! "Bei mir klappte es nicht ganz so schnell. Zunächst prügelte ich mich als Privatfahrer mit einer 350er und einer 500er Norton durchs Feld. Es war fürchterlich, das Geld reichte vorn und hinten nicht, manchmal wollte ich die Sachen schon hinschmeißen. Doch plötzlich war der Knoten geplatzt", erzählte der agile Ex-Weltmeister. "Im Sommer 1960 habe ich beim Großen Preis von Deutschland auf dem Sachsenring vor über 200.000 Zuschauern das 350er Rennen gewonnen."



Tom Phillis, 125er Weltmeister 1960 auf Honda und Jim Redman
(Archiv: Honda)


Wenig später beim Assen-GP kam wohl das wichtigste Rennen in seinem Leben. Als Ersatzpilot durfte er vom verletzten Naomi Taniguchi die 125er und vom ebenfalls verletzten Tom Phillis die 250er Werkshonda fahren. Nach einem 4. und einem 8. Platz engagierte der japanische Hersteller ihn auf der Stelle als neuen Werksfahrer. "Im Nachhinein  klingt das cool. Doch darf man nicht vergessen, dass es damals sehr viele gute Fahrer gab und auch genau so viel, die scharf auf diesen Job waren", betont Jim Redman und fügte hinzu. "Die hochtourigen Werksmaschinen waren genau meine Welt. Ich kam blendend mit der filigranen Technik zurecht, liebte die Leistungscharakteristik und genoss die Herausforderung, mit diesen neuen Wundermaschinen allen anderen um die Ohren zu fahren."
Was nun folgte, wurde zur Traumkarriere, die in der GP-Geschichte bis heute herausragend ist. Der Ausnahmekönner startete und gewann in der 125er, 250er, 350er und 500er Klasse. Er schaffte 46 GP-Siege und wurde zwischen 1962 und 1965 sechsmal Weltmeister, zweimal in der 250er Klasse und viermal in der 350er Klasse. Längst war er zum Superstar und zu einem der ersten Motorradrennfahrer überhaupt geworden, der mit seinem Sport richtig viel Geld verdiente. Bei Honda war er die Nummer Eins, die Japaner verehrten ihn, und sogar Firmenboss Soichiro Honda schraubte höchstpersönlich an seinen Rennmaschinen. Normalerweise waren es aber ausschließlich Renningenieure, die sich um sein Material kümmerten, mit einer Ausnahme, Nobby Clark war Redmans persönlicher Rennmechaniker. "Nobby war mein Freund, zu ihm hatte ich festes Vertrauen. Im Winter war er in Japan und arbeitete in der Rennabteilung. Er lernte japanisch, wusste ungeheuer viel über die Hondatechnik, ohne ihn hätte Honda und natürlich auch ich niemals einen so großen Erfolg gehabt."



Nobby Clark


Jim Redman und die Honda 500 GP-Rennmaschine 1966
(Archiv: Honda)


Zwischen 1962 und 1965 hatte Honda elf WM-Titel gewonnen! Einen in der 50er, drei in der 125er, drei in der 250er und vier in der 350er Klasse. Nur der 500er-Titel in der Königsklasse fehlte Soichiro Honda noch in seiner Sammlung. Für dieses Vorhaben setzte der ehrgeizige Firmenboss 1966 seinen Freund und Starfahrer Jim Redman auf die neu entwickelte  500er Vierzylinder-Werksmaschine. Beim den WM-Läufen in Hockenheim und in Assen besiegte Multi-Weltmeister Redman den GP-Neuling Giacomo Agostini auf MV Agusta. Beim Belgischen GP in Spa stürzte der Rhodesier jedoch schwer und zertrümmerte sich dabei das rechte Ellbogengelenk. Aus der Traum.  "Ago" schaffte seinen ersten 500er WM-Titel. Zwar versuchte der Speedfreak ein Comeback, doch an die früheren Erfolge konnte Jim Redman nie wieder anknüpfen. 1969 hängte er das Leder und den Helm an den Nagel. Er zog sich nach Südafrika zurück, finanziell hatte er längst ausgesorgt, unter die Rennfahrerkarriere wurde ein für allemal ein dicker Schlussstrich gezogen.


"Pit-Walk" 1997 in Hockenheim


Boxengasse Hockenheimring
Kwezi und Jim Redman, Theo Laaks, Herbert Kaufmann


Nach der Pleite mit Kocinski genehmigten wir uns ein "Pit-Walk". Supersport-Teamchef Theo Laaks und Erfolgsfahrer Herbert Kaufmann kamen uns entgegen. Ich stellte die Sportsleute vor, Theo Laaks wollte es im ersten Moment nicht glauben. Doch das dauerte nur einen Moment und schon sprudelte er los. Erzählte Jim Redman, dass er ihn in Hockenheim und auf dem Nürburgring mit der legendären Sechszylinder-Honda erlebt hatte und schwärmte von dem einmaligen Sound, ja "früher". Aber schnell war man wieder in der Gegenwart. Jim Redman fragte Herbert Kaufmann, wie es laufe und erfuhrt, dass es Probleme mit dem „set-up" gäbe, aber sonst sei alles OK. Wir sagten "bye-bye", schlenderten weiter.



Jim Redman und Michael Galinski


Michael Galinski, Superbike-Meister von 1986, bog gerade von der Piste. Auch hier ein "hallo", "wie läuft´s" und "das set-up müssen wir noch hinkriegen". Wir wünschten viel Glück und spazierten in Richtung Fahrerlager-Tribüne.
"Für uns gab es damals so gut wie keine Möglichkeiten, die Maschinen auf die jeweiligen Strecken optimal abzustimmen. Wir bekamen sie in die Hand gedrückt, mussten schnell fahren und Rennen gewinnen. Heutige Rennbikes, ganz gleich ob Zweitakter, Viertakter oder Cup-Maschinen sind komplizierte High-Tech Geräte. Ein perfektes Set-up wird vielfach zum Glückstreffer. Schade ist es nur, wenn nicht die Fahrkunst des Piloten, sondern die Technik über den Sieg entscheidet," stellte Jim Redman fest.



Katja Poensgen und Jim Redman 


Auf der Treppe zur Fahrerlager-Tribüne kamen uns Katja Poensgen und Dr. Christoph Scholl entgegen. Wieder stellte ich die Herrschaften vor. Jim Redman fragte Katja gleich, woher sie die Verletzungen habe. Sie erzählte vom schweren Trainingssturz, dass dies aber nur eine kurze Unterbrechung und nicht das Ende ihrer Rennkarriere bedeuten würde. Der sechsfache Weltmeister weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr ein Sturz weh tun kann, wünschte ihr gute Besserung und viel Erfolg fürs nächste Rennen. Dr. Scholl, einer der fähigsten Rennärzte, interessierte sich dagegen für etwas ganz anderes. Er wollte von Jim Redman wissen, wie viele Rennpisten es in Südafrika gibt und ob man diese auch mieten kann. Wenn bei uns tiefer Winter herrscht, ist in Südafrika nämlich Hochsommer. Und an ein Trainingscamp in Südafrika hat ja noch keiner gedacht. Man versprach, Kontakt zu halten.



Motorsport-Legenden:
Jim Redman und Doc Scholl


Auf der Zuschauertribüne schlüpften wir in die Rolle von Rennfans. Das erste Zeittraining für die Superbike-WM lief, danach war die Supersport-World-Serie dran. Wir diskutierten über die Sonderregelung für die Zweizylinder-Ducatis, die merkwürdige, getrennte Wertung innerhalb der Superbike-WM, mal für die Weltmeisterschaft mal für die Europameisterschaft, und warum die Supersport-World-Serie keine Weltmeisterschaft ist, es aber trotzdem WM-Punkte und EM-Punkte gäbe.
"Zu meiner Zeit gab es sechs Klassen: 50, 125, 250, 350 und 500 ccm und die Gespanne. Viele Fahrer blieben jahrelang in ihrer Klasse, jeder kannte sie. Wurde über Rennsport gesprochen, meinte man die Fahrer, die Marken kamen erst an zweiter Stelle. Ob die heutige Klassenvielfalt für die Rennfans wirklich besser ist, wage ich zu bezweifeln," gab sich Jim Redman skeptisch. Beim Freitagstraining guckte kaum jemand zu, am Rennsonntag waren es immerhin 24.000 Schaulustige. 

"F
rüher," Jim Redman musste bei diesem Wort selbst lachen, "Früher, war bestimmt nicht alles viel besser, es war nur ganz anders. Die Welt begann sich zu verändern. Die Jugend motzte auf, Beatles, Rolling Stones, lange Haare und Motorräder waren etwas ganz Wichtiges davon. Die Japaner wollten durch den Rennsport ihre Maschinen weltbekannt machen, um sie dann besser verkaufen zu können. Aber alles war neu, es war eine echte technische Revolution. Rennmotorräder mit Vier,- Fünf- und Sechszylinder-Motoren, die bis 20.000 Umdrehungen machten, hatte es in dieser Art bisher ja noch nicht gegeben. Wer mit so einer Maschine siegte, wurde gefeiert wie ein Superstar und verehrt wie ein Held. Vielleicht brauchen heutige Rennfans wieder Helden, Stars, mit denen sie sich identifizieren können, denen sie auf die Schulter klopfen und die Hand schütteln können und von denen sie Autogramme holen."


Back to the Racetrack


Wunderwerk:
Honda baute 1964 die RC164 250er Sechszylinder Werksrennmaschine extra für Jim Redman


Dave Ruper 1994 auf der Honda RC164


Story: Honda RC164


Story: Nobby Clark


Im Frühjahr 1994 brachte das Team Obsolete aus New York die legendäre 250er Honda RC164 zum Roebling Road Raceway in Savannah/Georgia mit. Kein geringerer als Nobby Clark, in den sechziger Jahren, wie schon gesagt,  Chef-Mechaniker von Jim Redman, hatte die einmalige Sechszylinder-Werksmaschine von 1964 perfekt restauriert. Als Fahrer beim Vintage-Rennen war Einzylinderspezialist Dave Ruper vorgesehen, doch Ruper kam mit der hochtourigen Maschine überhaupt nicht in die Pötte, immer wieder würgte er das Triebwerk ab. Um mit der Honda von der Stelle zu kommen, braucht der Motor mindestens 15.000 Umdrehungen. Die Höchstleistung von 60 PS erreicht das technische Wunderwerk bei 18.000 Umdrehungen! Nobby Clark war stinksauer und wünschte sich von Team Obsolete Chef Rob Iannucci für den nächsten Einsatz seinen Freund und sechsfachen Weltmeister Jim Redman zu verpflichten.



Jim Redman auf der 250er Sechszylinder-Honda bei der Centennial Classic TT 1998 in Assen


Ein Jahr später war das Team Obsolete wieder da. Erst in Savannah/Georgia und gleich danach in Daytona Beach. Die Honda RC164 hatte man auch dabei, aber nun schwang sich Jim Redman in den Sattel. Nach 26 Jahren war der Ex-Weltmeister zum ersten Mal wieder auf einer Rennstrecke. Verlernt hatte er allerdings nichts. Wie einst donnerte er mit der Sechszylinder-Rennmaschine übers Speedway von Daytona. Begleitet wurde die sensationelle Fahrt von einem ohrenbetäubenden Inferno. Kein anderes Rennmotorrad ist lauter. Rund 25.000 Oldtimerfans waren im Speedway von Daytona schier aus dem Häuschen.
Bei dieser Showeinlage sollte es nicht bleiben...


VIP-Rennen mit  Read, Raudies, Redman und Agostini 1999 in Oschersleben


Norbert Kauder, Journalist, Dirk Raudies, 125er Weltmeister, Phil Read, achtfacher Weltmeister,
Jim Redman, sechsfacher Weltmeister, Hanns-Martin Fraas, Journalist,
Giacomo "Ago" Agostini, fünfzehnfacher Weltmeister, Peter Rubatto, "Mister-Superbike",
Ralph Bohnhorst, Gespann-Champion, Paul Stanick, Klassiker-Pilot, Winni Scheibe, Journalist,
Franz Josef Schermer, Journalist, Dr. Stephan Elisat, Motorrad-Guru (v.l.n.r)
(Foto: fact Joachim Schahl)


Die wichtigsten Erfolge von Jim Redman


Juli 1960 GP-Sachsenringrennen, Sieg auf 350 Norton (kein WM-Lauf)

1960 125er Weltmeisterschaft 7. Platz auf Honda
1960 250er Weltmeisterschaft 4. Platz auf Honda

1961 125er Weltmeisterschaft 4. Platz auf Honda
1961 250er Weltmeisterschaft 3. Platz auf Honda

1962 125er Vize-Weltmeister auf Honda
1962 250er Weltmeister auf Honda
1962 350er Weltmeister auf Honda

1963 125er Weltmeisterschaft 3. Platz auf Honda
1963 250er Weltmeister auf Honda
1963 350er Weltmeister auf Honda

1964 125er Vize-Weltmeister auf Honda
1964 250er Vize-Weltmeister auf Honda
1964 350er Weltmeister auf Honda

1965 250er Weltmeisterschaft 3. Platz auf Honda
1965 350er Weltmeister auf Honda

1966 250er Weltmeisterschaft 3. Platz auf Honda
1966 500er WM-Hockenheim Laufsieg auf Honda
1966 500er WM-Assen Laufsieg auf Honda
1966 500er Weltmeisterschaft 5. Platz auf Honda

 

Buch-Tipp

1999 brachte der T&T-Verlag das Buch
Jim Redman
"Mein Wille zum Sieg"
ISBN 3-932563-10-7
auf den Markt
Wer die Autobiographie über den Fachhandel nicht mehr bekommt,
sollte es einfach bei "ebay" versuchen - es lohnt sich!


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