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                Motorräder können ganz schön nachtragend sein. Besonders dann, 
                wenn
        sie brandneu sind. Wer seine taufrische Maschine vom ersten 
                Meter an
        prügelt, scheucht und schindet, kann sein blaues Wunder 
                erleben.
        Technische Defekte sind vorprogrammiert, die 
                Gedankenlosigkeit kann aber
        auch einen Sturz zur Folge haben. 
                 
                Text:
                Winni Scheibe 
                Fotos: Scheibe, Honda, Kawasaki
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 Richtig Einfahren
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        Die Szene kennt eigentlich jeder. Ganz
        gleich ob vor der Eisdiele, beim Motorradtreff oder an der Tankstelle.
        Cool steigt ein Biker auf seinen Bock, haut den ersten Gang rein und
        donnert mit Vollgas vom Acker. Der Laie staunt, der Fachmann wundert
        sich. Technisches Verständnis scheint dieser Zeitgenosse nicht zu
        haben. Auf das kalte Triebwerk wird keine Rücksicht genommen, was
        alleine zählt, ist die Show. Koste es, was es wolle. Wau!!! 
        Es gibt allerdings auch andere. Biker, die wissen, dass jeder Kaltstart
        mehr Verschleiß verursacht als 100 km mit Vollgas über die Autobahn
        und daher schonend losfahren, die ihre neue Maschine
        behutsam einfahren, die nach einer Reifenmontage die
        frischen Pneus gewissenhaft anfahren und die erneuerten
        Bremsbeläge sorgfältig einbremsen. Vier Themen, die
        jeder Motorradfahrer beherzigen sollte: 
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        "Einfahren" vom Motor 
  
    
      
        
          
          
        Motorschmierung 
        (Foto: Honda-Werk) | 
       
     
   
        
          
            
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        Wer Höchstleistung und Langlebigkeit vom
        Triebwerk
        erwartet, muss es sorgfältig einfahren. "Einfahren" ist die
        Zeitspanne, in der sich bewegliche Bauteile im Motor aneinander
        anpassen. Ein Großteil der Hersteller schreibt die Einfahrzeit bis zur
        ersten Inspektion vor. Bis dahin sollte der Motor nur mit zwei Dritteln
        seiner maximalen Drehzahl gefahren werden. Schädlich für ihn ist, im
        großen Gang untertourig oder im ersten Gang hochtourig zu fahren. Erst
        nach der ersten Inspektion darf man das Aggregat voll fordern. Wer es
        allerdings 100% machen will, hält sich haargenau an die vom Werk
        vorgegebene Einfahrvorschrift.  
        Um zu verstehen, welche Bauteile überhaupt
        "eingefahren"
        werden müssen, kriechen wir gedanklich in einen Viertaktmotor. Im
        Motorgehäuse sind Kurbeltrieb, Nockenwellen, Ventil- und
        Ventilbetätigung, Getriebewellen und alle Wellen der Nebenaggregate
        gleit- oder rollengelagert. Weiteres bewegliches Bauteil ist der Kolben.
        Für möglichst widerstandslose Dreh- oder Schubbewegung sorgt das
        "Lagerspiel".
        Je nach Lagerbauart liegt es zwischen 1/10tel bis 1/100stel Millimeter. Den
        Lagerspiel- "Freiraum" gleicht das Motorenöl aus und
        gewährleistet so die Schmierung der Lagerstellen. Gleitlager, Kolben,
        Zylinder und Ventiltrieb müssen eingefahren werden. Betrachtet man die
        Lagerfläche dieser Bauteile 100fach vergrößert, sind
        Fertigungsunebenheiten deutlich zu erkennen. In der Einfahrzeit "schleifen"
        sich diese Lagerflächen ab. Hierbei entsteht feiner Metallabrieb, der
        sich mit dem Motorenöl vermischt. Während der Einfahrzeit darf nur
        handelsübliches Mineralöl zur Schmierung dienen. Wer glaubt, mit
        synthetischem Motorenöl dem Triebwerk etwas besonders Gutes zu tun,
        irrt sich gewaltig. Teure synthetische Motorenöle haben keine
        Einfahreigenschaften. Ihre hochwertigen Wirkstoffe lassen das "Einschleifen"
        nicht zu. Hat das Bike die erste Inspektion hinter sich und ist mit
        frischem Motoröl versorgt, kann man das Triebwerk allmählich zur Sache
        bitten. 
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        Motorzeichnung Kawasaki W 650 
          
        (Foto: Kawasaki-Werk) | 
       
     
   
        
          
            
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        Rollenlager (Wälzlager mit zylindrischen, kegeligen oder
        tonnenförmigen Wälzkörpern) benötigen, bedingt durch hohe
        Fertigungsgenauigkeit, keine Einlaufzeit. Diese Lager sind ab dem ersten
        Kilometer voll belastbar. Alle anderen beweglichen Bauteile wie
        Ventilfedern, Kupplungsbeläge, Zahnflanken der Getrieberäder, Steuer-
        und Primärkette unterliegen ab dem ersten Kilometer dem Verschleiß.
        Ein Einfahren ist für diese Bauteile nicht nötig. 
                Zweitakt-Motoren sollten ebenfalls
        bis zur ersten Inspektion eingefahren werden. In dieser Zeitspanne
        passen sich, genau wie im Viertakt-Motor, Kolben- und Kolbenringe der
        Zylinderlaufbahn an.  | 
             
           
         
  
                                                        
                                     
        "Einbremsen" von frischen Bremsbelägen
        
       
  
  
        
          
            
              
                
        "Bremsbeläge einbremsen" | 
             
           
         
        
          
            
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        Alle Welt spricht immer nur von Beschleunigung und
        Höchstgeschwindigkeit. Damit die Fuhre aber wieder zum Stillstand
        kommt, verlässt man sich auf das einwandfreie Funktionieren der
        Bremsanlage. Wie gut eine Scheiben- oder Trommelbremsanlage wirkt, liegt
        aber nicht nur an der Hand- oder Fußkraft des Fahrers, sondern auch an
        den Reibwerten der Bremsbeläge. Deshalb merke: auch neue Bremsbeläge fährt
        man behutsam ein. Rasch hintereinander folgende Vollbremsungen sind zu
        vermeiden. Bei diesen Gewaltaktionen können die frischen Bremsbeläge "verglasen"
        und sind somit unbrauchbar. Erst wenn sich Belag und Bremsscheibe bzw.
        -trommel aneinander angepasst haben, wirkt die volle Bremsleistung.  
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        "Anfahren" von neuen Reifen
        
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        Neue Reifen müssen angefahren werden | 
       
     
   
        
          
            
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        Neue Motorradreifen müssen grundsätzlich angefahren werden. Bei der Herstellung von Decken ist die
        Lauffläche nach der Herausnahme aus der Form immer spiegelglatt. Das
        gilt für alle Reifen und für alle Reifenmarken. Diese glatte
        Oberfläche macht Pneus auf den ersten Kilometern extrem rutschig. Je
        nach Fahrbahnbeschaffenheit und Streckenführung kann die "Anfahrzeit"
        bis zu 200 Kilometer betragen. Erst wenn die Gummiwalzen über die
        gesamte Lauffläche "angefahren" sind, können sie für
        einwandfreien Grip auf dem Asphalt sorgen und natürlich auch erst
        garantieren.  | 
             
            
              
                
                  
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        Luftdruck regelmäßig prüft!
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        "Reifen - Profiltiefe - Luftdruck"  | 
                         
                        
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                          Der richtige Luftdruck in den Reifen  ist sehr wichtig. Besonders nach
        monatelanger Standzeit hat sich der Wert verringert. Die Folge:
        unsicheres Fahrverhalten. Fazit: sofort ran an die Tanke und erst mal
        den Luftdruck checken. Wie viel Bar korrekt in die Pneus kommt,
        steht im Fahrerhandbuch oder lässt sich beim Vertragshändler erfragen.
        Geprüft wird grundsätzlich nur bei kalten Reifen, aber nicht nur alle
        Jubeljahre, sondern  
                          alle  zwei Wochen, am besten sogar  vor jeder 
                           längeren Ausfahrt!  | 
                         
                       
                      
                     
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        Bitte so nicht! Biker bleib cool! 
         
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        Neben dem "Ein"- und "Anfahren" sowie
                "Einbremsen"
        ist das richtige Losfahren für die Fahr- und Betriebssicherheit "lebenswichtig".
        Als Grundsatz gilt: Nie ein kaltes Triebwerk mit hoher Drehzahl starten
        und danach sofort voll belasten. Richtig ist: Starten, losfahren, das
        Triebwerk in den einzelnen Gängen maximal bis 2000 oder 3000 Touren
        drehen lassen. Denn, gleichgültig wie viele Kilometer auf dem Tacho
        stehen, ein Motor braucht immer seine Betriebstemperatur. Je nach
        Jahreszeit beträgt die Warmfahrphase 10-30 Kilometer. Nur
        betriebswarmes Öl im Triebwerk gewährleistet einwandfreie Schmierung
        und verhindert frühzeitigen Verschleiß. 
        Aber auch die Reifen benötigen Betriebstemperatur. Kalte Pneus können
        in Schräglage wegschmieren. Erst wenn sie auf Betriebstemperatur sind,
        ist maximale Schräglage gewährleistet.  | 
             
           
         
      
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