Die Motoren brummen, der Asphalt glüht. Schutzengel schieben
Überstunden. Die Motorradsaison hat begonnen! Doch bevor es
losgeht, sollten sich die Biker vorbereiten. Wir sagen wie.
Motorrad
fahren ist eine äußerst dynamische Angelegenheit und mit nichts
vergleichbar. Alle Bewegungsabläufe sind längst wie ein
Computerprogramm abgespeichert, sie sind in Fleisch und Blut
übergegangen. Man beherrscht die Maschine wie im Schlaf. Denkt man
jedenfalls. In einer Schrecksituation kann beim Bremsen, Ausweichen
oder Lenken das sicher geglaubte Können versagen. Besonders nach der
langen Winterpause wollen die Geister zunächst geweckt werden. Um in
Schwung zu kommen, empfiehlt sich ein Sicherheitstraining. Man kann
aber auch für sich alleine üben. Nicht nur vor Saisonstart, am
besten immer mal zwischendurch.
Der Schreck ist der größte Feind des Motorradfahrers
In diese Situation kann ausnahmslos
jeder kommen.
Nur eine gekonnte Vollbremsung kann vor Schlimmerem bewahren!
(Foto: Archiv-Scheibe)
Kurven sind das Salz in der Suppe beim
Motorradfahren
Bei
einer unausweichlichen Notbremsung kann der Akteur mächtig ins
Schwitzen kommen. Von optimalem Bremsen ist keine Rede mehr, der
lebenswichtige Bremsweg wird verschenkt. Liegt ein verlorener
Gegenstand mitten auf der Straße, kann der Schreck ein reflexartiges
Ausweichen verhindern, man brettert voll ins Hindernis. Beim
Einfahren in eine Kurve hat man sich verschätzt, das Tempo ist zu
hoch. Der Mut zum Bremsen oder zu mehr Schräglage fehlt. Um für
solche Situationen gerüstet zu sein, gibt es nur ein Mittel: üben,
üben und noch einmal üben!
Übung macht den Meister
(Foto: Archiv-Scholl)
Dr.
Christoph Scholl, erfahrener Rennarzt und Organisator von
ADAC-Sportfahrerlehrgängen betont: "Bevor
das Bike mit Gimmicks verziert wird,
sollte das Geld lieber in Sicherheitstrainings investiert werden.
Das gilt quer
durch alle Fakultäten. Es ist nämlich noch kein Meister vom Himmel
gefallen."
"Moto aktiv"
Gemeinsam mit engagierten Instruktoren entwickelte Matthias Kautzsch
das "Integrative-Motorradtraining"
Zielsetzungen
dieser Lehrgänge ist es unter anderem, die gewohnten und
unterbewussten Handlungsabläufe der hohen Kunst des Motorradfahrens
bei den Übungen "bewusst", "wahrnehmbar" und "spürbar" zu machen.
Das war längst nicht immer so. Als es Anfang der 1980er Jahre mit
den Sicherheitstrainings für Motorradfahrer losging, war es eher
eine Art von Geschicklichkeitsübung. Da wurden Pylonen umkreist,
bergauf das Anfahren geübt und über Wippen balanciert. Vollkommen
neue Impulse kamen von dem viel zu früh verstorbenen Sozialpädagogen
Matthias Kautzsch. Ende 1987 hatte der bekennende Motorradfahrer aus
Marburg "Moto aktiv" gegründet. Ein Verein, der sich wie kein
anderer um die Motorradsicherheit bemühte. Gemeinsam mit engagierten
Instruktoren wurde das "Integrative-Motorradtraining" entwickelt.
Das ausgeklügelte Lehrprogramm war zielgruppenorientiert auf die
Bedürfnisse von Beginners über Wiedereinsteiger bis hin zu den
Routiniers aufgebaut und in die Kategorien
Straßen-Sicherheitstraining, Offroad-Fahrerlehrgang, Gespann-Kurs,
Touring-Seminar und Hobbyrennsport unterteilt.
Mit "Moto aktiv" auf der Rennstrecke in Zandvoort/Holland
"Moto aktiv" Offroad Trial-Lehrgang
Für
die Grundfahrübungen verständigte man sich zum Beispiel auf einen
einheitlichen Programmablauf und gleiche Sprachregelung. Kurse
sollten immer mit einer Vorstellungsrunde und dem Abfragen der
Erwartungen sowie der persönlichen Einschätzung des Fahrkönnens
starten. Das Training wurde in die Übungsabschnitte "locker Sitzen",
"langsame Fahrtechnik", "instabile und stabile Fahrweise",
"Blickführung", "Fahrbahn lesen", "Schreckbremsung", "dynamische
Achslastverteilung", "Lenkimpuls", "Aufstellmoment",
"Kurvenfahrtechnik" und "Ideallinie fahren", um hier nur die
wichtigsten zu nennen, eingeteilt. Ohne den Leitfaden aus dem Auge
zu verlieren, wurden die Teilnehmer mit ihren Erfahrungen und dem
Wissen in den Ablauf mit einbezogen. Der Instruktor fungierte dabei
als Moderator. Das "Moto aktiv" Konzept hat sich auf breiter Front
etabliert und findet sich sogar in den Richtlinien für die
Sicherheitstrainings des Deutschen Verkehrssicherheitsrat, DVR,
wieder. Den Verein Moto aktiv gibt es leider nicht mehr, er hat sich
Ende 2010 aufgelöst.
Inzwischen
gibt es pro Motorradsaison quer durch Deutschland weit über 3000
Motorrad-Trainings nach DVR-Qualitätssiegel. Das Angebot reicht
von ein- bis mehrtägigen Lehrgängen. Kurse für Einsteiger kosten
unter 100 Euro, ein anspruchsvolles Rennstreckentraining ist gut
und gerne 1000 Euro teuer“, lässt Dr. Achim Kuschefski,
Institutleiter des
ifz in Essen, wissen.
Motorrad fahren lernt man
nicht aus Büchern
Prof. Dr. Bernt Spiegel
Motorrad
fahren ist ein hochkomplizierter Vorgang und verlangt eine
ausgefeilte Motorik. Zahllose Regelkreise sind ununterbrochen und gleichzeitig zugange,
um alle möglichen Parameter zu kontrollieren und zu beeinflussen,
ohne dass wir allzu viel davon bemerken. Je ungeübter ein Fahrer
ist, desto weniger Regelkreise sind am Werk und desto grober sind
sie gestrickt - und manchmal haben sie sogar regelrechte Lücken. Je
besser trainiert wir sind, umso feiner sind sie gegliedert und vor
allem: umso größer ist ihre Anzahl. Manchmal wundere ich mich
selber, dass es überhaupt funktioniert",
referiert Prof. Bernt Spiegel. Der Psychologe und Verhaltensforscher
weiß als ausgewiesener Motorradexperte, wovon er spricht. Als Autor
des Klassikers "Die obere Hälfte des Motorrads" hat er sich intensiv
mit dem Thema beschäftigt, fügt aber gleich hinzu: "Und trotzdem,
Motorrad fahren lernt man nicht aus Büchern. Die Routine bekommt man
nur durchs Üben. Fürs richtige Training ist allerdings ein
entsprechendes, theoretisches Grundwissen Voraussetzung. Nur aus dem
Bauch heraus lässt sich mit einem Motorrad zwar gemütlich durch die
Landschaft kutschieren. Doch wehe, es kommt eine unverhoffte
Situation auf einen zu und man muss blitzschnell reagieren. Diese
Handlungsabläufe werden unter Anleitung erfahrener Trainer in den
jeweiligen Sicherheitslehrgängen geübt."
Übung für Unterweg:
"Blickführung", dahin gucken, wohin man fahren will!
Dass
diese Kurse nur als Anleitung für ein verbessertes Fahrkönnen
dienen, dürfte jedem klar sein. Aus diesem Grund hat der schnelle
Professor nachgelegt und sein zweites Stammwerk "Motorradtraining
alle Tage" mit praktischen Tipps und Tricks verfasst.
Mit bestandener Fahrprüfung
erhält man die Lizenz zum Üben
Sicherheitsinstruktor Perry Rodan
(Foto: Archiv-Rodan)
Früher,
damit meine ich unsere Generation, die in den 1970er und 1980er
Jahren auf dem Mofa, Moped oder Kleinkraftrad angefangen hat, wurde
mit 18 der Auto- und Motorradführerschein gemacht. Auf den kleinen
Flitzern hatten wir bereits eine Menge Fahrpraxis gesammelt.
Motorrad fahren war der Aufstieg in eine höhere Klasse. Zwar ging es
mit dem Lernen dann erst richtig los, allerdings mit dem Vorteil,
dass ein solides Fundament bereits vorhanden war", verrät Trainer
Perry Rodan. "Heute hat sich die Situation vollkommen gewandelt. Die
Jugend interessiert sich nicht die Bohne fürs Motorrad, meine
Kundschaft ist 40 und aufwärts. Ein Teil hat den
Motorradführerschein schon seit vielen Jahren, die anderen haben ihn
eben erst bestanden. Motorrad fahren ist für sie neben Tennis, Golf
oder Skifahren ein weiteres Hobby. Diese Generation ist sich der
Notwendigkeit bewusst, ähnlich wie auch bei den anderen
Freizeitaktivitäten, dass eine gute Schulung sinnvoll und
unverzichtbar ist."
Training bei gemeinsamen Ausflug.
Biken, lernen und dabei noch das Gruppenerlebnis genießen
(Foto: Wolfgang Fromm)
Voraussetzungen
für die Teilnahme an einem Fahrertraining sollte allerdings eine
gesunde Selbsteinschätzung über das eigene Fahrkönnen sein sowie die
grundsätzliche Bereitschaft etwas dazu lernen zu wollen, um den
Fahrstil zu perfektionieren. Dr. Christoph Scholl, ein eifriger
Befürworter von Fahrerlehrgängen betont: "Genau wie bei allen
anderen Sportarten sollte das Training strukturiert absolviert
werden. Man beginnt mit einem Basiskurs, nach rund 5000 Kilometern
Fahrpraxis ist ein Perfektionstraining an der Reihe. Nach weiteren
5000 Kilometer Straßenerfahrungen wird ein Sportfahrerlehrgang auf
der Rennstrecke absolviert. Es ist die effektivste Art, bewusstes
und somit sicheres und umsichtiges Motorradfahren zu erlernen."
Sportfahrerlehrgänge auf
Rennstrecken gehören für die Heizer zum Muss
Nina Prinz
Die
Knieschleiferfraktion will mit Schmackes über die Piste düsen. Das
geht natürlich nicht mit der Brechstange, sondern nur mit einem
sauberen und schnellen Fahrstil. Ideallinie fahren, spät bremsen,
hohe Kurvengeschwindigkeit mit möglichst großer Schräglage und nach
der Kurve früh ans Gas gehen, sind die wichtigsten
Trainingseinheiten", plaudert Nina Prinz, Instruktorin und als
Rennfahrerin schnellste Frau Deutschlands, aus dem Nähkästchen.
Sportfahrerlehrgänge in Zolder/Belgien
Das
Fahrertraining gehören längst zum festen Bestandteil der
Motorradszene. Der Gegenwert ist beachtlich. Das Selbstvertrauen
steigt, die Sicherheit nimmt zu, das Können wird besser. Dazu kommt
das Gruppenerlebnis, man lernt Gleichgesinnte kennen, knüpft
Freundschaften.
Learning by Doing
Bremsübungen auf einem Übungsplatz.
(Foto: Wolfgang Fromm)
Perfekt
Motorrad fahren kann jeder für sich üben. Heute, morgen, eigentlich
bei jedem Ausflug. Die Fahrübungen "Lenkimpuls" und "Bremsen" sollte
man, um einen optimalen Lerneffekt zu erzielen, allerdings auf einem
Verkehrsübungsgelände oder leeren Parkplatz trainieren. Auch
empfiehlt es sich, die Übungen immer zu zweit zu absolvieren.
Hierbei kann man sich gegenseitig beobachten und Tipps geben.
Lenkimpuls "erfahren" in der Kreisbahn
(Foto: Wolfgang Fromm)
Nur
mit bewusst eingesetztem Lenkimpuls lässt sich einem auf dem Platz
aufgebauten Hindernis ausweichen. Beim "Rechts umfahren" wird rechts
am Lenker gedrückt, beim "Links umfahren" wird links am Lenker
gedrückt. Diesen Trick braucht man auch beim Kurvenfahren. Um dieses
Phänomen "zu erfahren" dreht man mit rund 40 bis 50 km/h auf dem
Platz rechts herum einen großen Kreis. Mit der rechten Gashand wird
die Geschwindigkeit stabilisiert und gleichzeitig durch sanften
Druck auf die rechte Lenkerseite der Kurvenradius bestimmt. Nimmt
man den Handdruck vom Lenkerende, richtet sich das Motorrad sofort
wieder auf, erhöht man den "Lenkimpuls" auf den rechten Lenkergriff,
nimmt die Schräglage zu und man fährt einen kleineren Kreis.
Bremsen ohne ABS
Vollbremsung mit blockierendem Hinterrad
Das
größte Szenario ist die "Not- oder Schreckbremsung". Hier heißt es:
"Voll in die Eisen steigen!". Bei dieser Vollbremsung zählt jeder
Meter, im Extremfall geht es um Leben oder Tod. Kritisch ist dabei
ein überbremstes Vorderrad. Blitzartig muss die Bremse gelöst
werden. Ein nur 0,2 Sekunden blockierendes Vorderrad führt (fast)
immer zum Sturz!
... ohne Worte ...
Für
das gezielte Bremstraining bilden zwei Dosen ein "Tor", bei allen
Übungen aus 50 km/h und 70 km/h, wer sich traut auch aus 100 km/h,
wird ab dieser Linie gebremst. Das Augenmerk liegt hierbei auf der
Vorderradbremse. Jeder, der ehrlich zu sich ist, wird spätestens
jetzt zugeben, welch enormes "Fingerspitzengefühl" für eine optimale
Bremsung erforderlich ist. Die hohe Kunst einer effektiven
Vollbremsung ist es, das Vorderrad mit einer gefühlvollen,
kraftansteigenden Bremsaktion zum "Wimmern" zu bekommen. Die
Bremsleistung soll dabei bis kurz vor der Blockiergrenze wirken, die
Blockiergrenze darf dabei aber nie überschritten werden.
Lehrsatz für Motorräder ohne ABS.
Blockiert das Rad: "Bremse lösen!"
ABS-Bremstraining
ABS-Bremstraining: "Bremse bis zum
Stillstand halten!"
(Foto: Wolfgang Fromm)
Ein
Bike mit ABS verlangt nun aber genau das Gegenteil. Bei einer
Notbremsung kann oder muss sogar die Bremsanlage kräftig betätigt
werden. Klingt einfach, ist aber eine gewaltige Umstellung. Die
Bremsungen müssen unbedingt im ABS-Regelbereich trainiert werden,
solange, bis dieser neue Programmablauf "Bremse halten" in "Fleisch
und Blut" übergegangen ist.
Lehrsatz für ABS-Motorräder.
Bei Vollbremsung: "Bremse halten!"
Üben im Alltag
"Blickführung & Fahrbahn lesen"
Sehen und erkennen, was auf der Straße liegt!
Nur
wer locker im Sattel sitzt, fühlt sich auch wohl. In der freien
Wildbahn kann das Kurvensurfen süchtig machen. Um die Kurventechnik
zu perfektionieren, sind "Blickführung" und "Fahrbahn lesen",
wesentlicher Bestandteil des Trainings. Anders gesagt, dahin, wohin
man guckt, fährt man. Dabei darf das Fahrbahnlesen nicht zu kurz
kommen. Der Asphalt kann schmierig, löchrig oder mit Rollsplitt
übersät ein.
"Zielfahren", eine Übung für unterwegs
Um
die Abläufe Blickführung, Fahrbahn lesen und Lenkimpulsgebung weiter
zu perfektionieren wird das Bike beim "Zielfahren" bewusst über die
Fahrbahn gelenkt. Befindet sich zum Beispiel mitten auf der Fahrspur
ein Kanaldeckel, wird dieser umfahren. Bei Zebrastreifen wird
zwischen den weißen Feldern durchgefahren.
Mit der "dynamischen Fahrweise" ist gemeint, dass der Fahrer bewusst
Gas gibt, bewusst rauf- und runterschaltet, beschleunigt und
verzögert. Bei dieser Übung bekommt man ein Gefühl für die
Beschleunigung des Bikes und beim Gaswegnehmen für den
Motorbremseffekt. Anders als einfach nur beim Verzögern wird die
Bremsanlage hierbei deutlich stärker gefordert. Durch die dynamische
Achslastverteilung taucht beim Bremsen die Vorderradgabel ein,
dieses Eintauchen gibt dem Fahrer eine klare Rückmeldung über die
Stärke der Bremsverzögerung.
Wer alle diese Handlungsabläufe unter einen Hut bekommt, fühlt sich
mit dem
Motorrad bald eins. Man fährt vorausschauend und bewusster, die
Fahrdynamik
wird flüssiger und der Fahrstil vor allen Dingen auch sicherer.
Zum
Schluss noch eine nette Episode. Nach dem Interview mit Prof.
Spiegel schauten wir uns seine neue Honda CBR1000RR Fireblade, 178
PS stark und fast 300 km/h schnell, an. Der agile 85-Jährige zeigte
auf ein kleines Kästchen links am Lenker: "Das ist mein
Fehlerzähler. Wenn ich mal die Ideallinie verbeutele, Bremspunkte
falsch gewählt wurden oder ich einen anderen Murks gebaut habe,
drücke ich mit dem Daumen aufs Hebelchen und das Zählwerk springt
eine Ziffer weiter. Das ist eine gute Selbstkontrolle. Nur wer
Fehler erkennt und zugibt, kann sich verbessern. Beim Motorrad
fahren lernt man schließlich nie aus." Darüber sollten wir uns alle im Klaren sein!
"Recht & Pflicht"
"Kleines Biker 1x1"
Kette spannen
(Foto: Wolfgang Fromm)
und
Reifenluftdruck prüfen
Je
nach Lehrgang gehen die Trainer auf die Technik ein. Routine-Checks
und Wartungsarbeiten lassen sich in drei Rubriken unterteilen:
Dinge, für die jeder selbst
verantwortlich ist, Checks, die man selbst durchführen kann oder
einem Fachmann anvertraut und Arbeiten, von denen man besser die
Finger lässt. Grundsätzlich ist der Biker aber für den verkehrs- und
betriebssicheren Zustand des Motorrades verantwortlich. Dazu gehören
Bereifung, Luftdruck, Beleuchtungsanlage, Hupe, TÜV und Bremsen. Bei
festgestellten Mängeln muss das Bike umgehend in die Werkstatt.
Einiges lässt sich selbst erledigen. Zum Beispiel Kontrolle der
Betriebsmittel, Motoröl, Kühlflüssigkeit, Batterie, Pflege und
Spannung der Antriebskette. Alle Wartungs-, Inspektions- und
Reparaturarbeiten gehören dagegen in die Werkstatt,
Wovon man am besten die Finger lässt, sind alle Änderungen am
Fahrzeug, durch die die Verkehrs- und Betriebssicherheit beeinflusst
oder sogar gefährdet werden, oder die Betriebserlaubnis erlischt.
Tipps für Einsteiger: "Familie
Schmidt"
Dana und Kirsten Schmidt
Der
Bazillus sitzt tief. Vater Dietmar, Mutter Kirsten, Tochter Dana und
Sohn Nico fahren Motorrad. Beim 44jährigen Ducati-Fahrer war das
schon immer so. Ab letzten Sommer kam für Kirsten, 40, "nur noch
mitfahren" nicht mehr in Frage. Doch selbst fahren? Ein Tag bei
Honda "Fahren ohne Führerschein" brachte Gewissheit: der
Motorradführerschein musste her. "Bei der Suche nach einem
Fahrlehrer setzte ich strenge Kriterien. Er musste selbst
Motorradfahrer sein, eine für mich geeignete Schulungsmaschine und für
die ersten Fahrstunden einen Übungsplatz haben und mir sympathisch
sein", lässt Kirsten wissen. Die Ausbildung beim Zweiradexperten
Andy Scheele in Bad Arolsen ging in einem Rutsch. Nach 25
Schulungsstunden, dann fühlte sie sich fit für die Prüfung, war's
geschafft. Eine gebrauchte 750er Honda steht bereits in der Garage.
Dana, 18, ist ihr dicht auf den Fersen, die Autolizenz und die
theoretische Motorradprüfung hat sie frisch in der Tasche. Im
Frühjahr folgt noch die praktische Motorradausbildung. Und der
16jährige Nico steigt demnächst von seiner 50er Derbi Enduro
ebenfalls auf ein richtiges Motorrad.
Standpunkte von Experten
Doc-Scholl "Premium"
Fahrertraining
"Ernährung und Pausen sind unverzichtbar"
Doc Scholl
Dr.
Christoph Scholl, 64, gehört zu den Urgesteinen in der Szene. Als
bekennender Motorradfahrer kann der Rennarzt auf einen
jahrzehntelangen Erfahrungsschatz blicken, fast genauso lange
engagierte sich der sympathische Chirurg fürs perfekte Motorrad
fahren. "Geht es um die Betriebsstoffe für seine Maschine, ist der
Biker sehr anspruchsvoll. Für sich selber sollten die gleichen
Maßstäbe gelten. Keine Schweinshaxe und keine Cola und keine Energy-Drinks. Für unterwegs empfiehlt sich leichte Kost. Auch
kleine Zwischenmahlzeiten schaden nichts. Ein Butterbrot von zu
Hause, Obst und immer etwas zu trinken, Mineralwasser oder
Apfelsaftschorle. Bei Touren sollte man nicht länger als eineinhalb
Stunden im Sattel sitzen, auf der Rennstrecke sind 20 Minuten das
Maximum", lauten Doc Scholls Ratschläge.
Instruktorin Nina Prinz:
"Ladys First"
Nina Prinz: "Wo bleiben denn die
Herrschaften?"
Schnelle Damen auf der
Rennstrecke erregen Aufmerksamkeit. Die zweifache "Superstock 1000
European Women´s Champion" 2007 und 2008
Nina Prinz, 28, hat damit
kein Problem. Als Instruktorin bei Sportfahrerlehrgängen gibt sie
ihr Wissen gern weiter und verrät: "Zwischen Männer und Frauen mache
ich in meinen Gruppen keinen Unterschied. Nach meinen Erfahrungen
stellen Frauen allerdings unbefangener ihre Fragen, sie haken nach,
wollen verständliche Erklärungen haben. Auf der Piste ziehen Frauen
stramm am Kabel, fahren harmonisch, elegant und trotzdem schnell.
Manche Herren der Schöpfung verfallen hin und wieder ins alte
Rollenspiel, fahren aggressiv, lassen die Sau raus, wollen einem
Blondzopf zeigen, wo der Hammer hängt. Vielfach endet dieser Übermut
als bittere Erfahrung im Kiesbett."
Prof.
Dr. Bernt Spiegel: "Die obere Hälfte des Motorrades"
Prof.
Dr. Bernt Spiegel
Motorrad fahren hält jung,
bestes Beispiel Bernt Spiegel, 85. Seine Honda Fireblade ist das
ganze Jahr zugelassen und wenn es im Winter 10 Grad warm wird, dreht
der schnelle Professor seine Runden. "Bevor ich losfahre, bereite
ich mich mental auf den Ausflug vor. Das beginnt bei der
Streckenwahl. Die Straßen durch den Odenwald können tückisch sein.
Die Reifenhaftung, der Grip, kann beim Beschleunigen, in Schräglage
und beim Bremsen nicht die Performance bieten, wie an einem
Sommertag. Im Geiste stelle ich mir alle möglichen Szenarien vor,
auch dass andere Verkehrsteilnehmer in dieser Jahreszeit nicht mit
Motorradfahrern rechnen. Diese mentale Vorbereitung bewahrt mich vor
unerwarteten Schrecksituationen, durch Einstimmen auf eventuelle
Vorkommnisse habe ich mich in Bereitschaft versetzt. Die mentale
Einstellung sollte sich jeder Motorradfahrer vor dem Start als
Pflichtübung angewöhnen", doziert Professor Spiegel.
Offrod-Trainer Klaus Nennewitz: "Über
Stock und Stein"
Klaus Nennewitz
(Foto: Archiv- Nennewitz)
Fahrzeugingenieur Klaus Nennewitz, 44, ist leidenschaftlicher
Enduro-Fahrer und Offroad-Trainer. "Motorrad fahren ist reine
Gefühlssache. Um dieses Gefühl zu perfektionieren sind Offroad-Lehrgänge eine ideale Spielwiese", ist sich Klaus Nennewitz
sicher. "Für eine optimale Fahrzeugbeherrschung steht man in den
Rasten, dirigiert die Maschine über sieben Punkte des Körpers, Füße,
Knieschluss, Hinterteil und Hände durchs Gelände. Dieser Fahrstil,
in Verbindung mit wachsamer Blickführung und Fahrbahn lesen,
ermöglicht blitzschnelle Fahrspurwechsel und ausweichen von
Hindernissen. Offroad-Fahren verlangt enorme Konzentration und
Kondition, die Sinne werden geschärft, Reflexe
trainiert. Anfänger und untrainierte Fahrer
steuern ihre Maschine auf der Straße fast ausschließlich über die
Lenkimpulse. Beim dynamisch bewußten Fahren auf der Straße müssen
genauso wie im Gelände die 7 Kontaktzonen des Körpers zur Steuerung
der Maschine eingesetzt werden. Das Training im Gelände hilft, diese
Effekte besser zu verstehen für die Anwendung auf der Straße."
DVR-Instruktor Perry Rodan:
"Mit einem Basistraining sicher ins Bikerleben"
Perry Rodan
(Foto: Archiv-Rodan)
Perry Rodan, 55, engagierter Triumph, Aprilia und Peugeot
Motorradhändler
aus Limburg, betätigt sich seit über 20 Jahren vom Basislehrer bis
hin zum Rennfahrertrainer und weiß: "Nach meinen Beobachtungen nimmt
das Interesse quer durch alle Altersgruppen an Grundfahrlehrgängen
in den letzten Jahren ständig zu. Das Können der Teilnehmer befindet
sich etwas über Fahrschulniveau, es besteht erheblicher
Übungsbedarf, besonders beim Ausweichen, Kurvenfahren und Bremsen.
Positiver Aspekt dabei, sie kommen um etwas zu lernen. Manche werden
zu Wiederholungstätern, pünktlich zu Saisonbeginn trudeln ihre
Anmeldungen ein."
Seit
30 Jahren beschäftigt sich Motorradjournalist Winni Scheibe, 59, mit
dem Thema Sicherheitstraining. Aus diesen Erfahrungen wurde die Idee
für das Duale-Perfektions-Training entwickelt. Seit vier Jahren ist
das Konzept exklusiv bei den offiziellen "Honda-Allrounder-Touren"
eingebunden. "Die viertägige Veranstaltung beginnt Sonntag mit Grundfahrübungen. Die beiden folgenden, geführten Tourtage unter dem
Motto `Biken und Erleben´ führen durch die wunderschönen
Landschaften von Nordhessen und dem Sauerland. Die Ausflüge sind
jeweils in vier Übungsabschnitte unterteilt, während des Fahrspaßes
wird das Training mit erledigt. Am Mittwoch wird zum Abrunden
gezielt Lenkimpuls geben und bremsen im ABS-Regelbereich trainiert",
erläutert Winni Scheibe das Konzept.
Adressen
ADAC e.V.
Motorrad-Training
Am
Westpark 8
81373
München www.ADAC.de
BMW AG
BMW Motorrad Riding Experience.
Petuelring 130
80809 München
www.BMW-Motorrad.de
Ducati Motor Deutschland GmbH
Ducati 4U Fahrertraining
Emil-Hoffmann-Str. 55
50996 Köln
www.Ducati.de