Harley-Davidson Tour
1992
California
Dreaming
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Für viele Biker ist eine Harley-Tour quer durch Kalifornien
schlichtweg "die" Traumreise. Wer allerdings schon im
Januar
die Neue Welt erobern will, muss sich auf einiges gefasst
machen
Text&Fotos: Winni Scheibe
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"It never rains in southern
California" und dann mit der Harley durch eine
Schneelandschaft |
Richtig
spannend gestaltete sich die Suche nach dem Harley-Davidson
Office in San Dimas nördlich von Los Angeles. Ort, Straße und
Hausnummer stimmten. Doch weit und breit war kein großes
Harley-Davidson Firmenlogo zu entdecken, auch einen pompösen
Showraum suchten wir vergeblich. Erst nach dem dritten Anlauf
fanden wir in einem unscheinbaren Gewerbegebiet ein Schild mit
der Aufschrift: "Harley-Davidson, Motorcycle-Testoffice".
Mit einem freundlichen Hallo begrüßte uns - Christine,
waschechte Harley-Fahrerin aus Hamburg und den Autor dieser
Zeilen - Bruce Chubbuck. Bruce ist für die Organisation und
Wartung der Harley-Testmaschinen verantwortlich. Benötigt eine
amerikanische Motorradzeitung - fast alle haben ihren Sitz in
Kalifornien - eine Testmaschine, oder kommen erlebnishungrige
Journalisten aus dem Ausland zu Besuch, erhalten sie, nach
Absprache, das gewünschte Bike.
Harley-Davidson XLH
Sportster 1200
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Harley-Davidson FXRT
Sport Glide |
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Für uns stand
eine funkelnagelneue 1200 Sportster und eine 1340 Sport Glide
bereit. Beides waren `92er Modelle und hatten erst 500 Meilen
auf dem Tacho. "Die erste Inspektion habe ich
durchgeführt," versicherte uns Bruce und wünschte uns
eine gute Fahrt. Schnell waren die Bikes beladen, und ab ging
die Post. Christine, Besitzerin einer Sportster 883, kam auf
Anhieb mit der 1200er gut zurecht. Die 1340er Sport Glide wirkt
zwar, bedingt durch die Halbverkleidung und Packtaschen, recht
klobig, doch rollt das Sofa erst einmal, fühlt man sich wie in
der "Guten Stube" aufgehoben. Besonderen Spaß machte
mir die Stereoanlage mit Cassettenteil. Per Fernbedienung ließ
sich das Gerät ein- und ausschalten, die Lautstärke sowie der
Sender verändern.
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...raus aus LA und Richtung Las
Vegas...
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Gut gelaunt
tuckerten wir die berühmte "Sixty-Six" Richtung San
Bernardino. Vergessen war die winterliche Kälte, die uns noch
vor Stunden in Deutschland nervte, vergessen war der Stress bei
der Einreise auf dem Airport von L.A., und vergessen war die
Sucherei nach dem Harley-Office. Unser Traum, mit zwei Harleys
Kalifornien zu erforschen, hatte sich erfüllt. Die Temperaturen
waren trotz der Jahreszeit, es war gerade Anfang Januar, recht
mild, und wir freuten uns auf die Rundreise. Von L.A. wollten
wir durchs Death Valley nach Las Vegas am Hoover Dam vorbei und
danach zurück nach L.A. Für diesen "kleinen" Trip
hatten wir eine Woche geplant.
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It`s America "live":
change the bikes to car
Doch
erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Als
wir das Verkehrsgewühl von L.A. hinter uns hatten,
ging`s auf dem Highway Nr.15 Richtung Las Vegas gut
vorwärts. Zwar wurde der Verkehr jetzt bedeutend
weniger, aber mit jeder Meile, die wir uns der
Mojave-Wüste näherten, wurde auch die Temperatur um
ein Grad weniger. Gegen 20 Uhr erreichten wir
durchgefrohren Victorville und waren heilfroh, gleich
beim ersten Anlauf ein prima Motel zu finden. Je nach
Anspruch liegt der Zimmerpreis zwischen 30 und 50
Dollar. Dabei spielt es in den USA überhaupt keine
Rolle, ob man alleine, zu zweit oder mit noch mehr
Personen im Zimmer übernachtet. Das Frühstück ist im
Preis allerdings nicht inbegriffen.
Trotz der neun Stunden Zeitverschiebung waren wir am
nächsten Morgen schon um acht Uhr fit. Doch die
Euphorie währte nicht lange. Auf dem Weg zum
Frühstücks-Restaurant holten wir uns fast den Tod.
Über Nacht war es schweinekalt geworden. Ein leichter
Graupelschauer brachte unsere Laune entsprechend der
Temperatur auf den Nullpunkt. "It never rains in
southern California", die Zeiten sind
offensichtlich auch vorbei! Jetzt hatten wir unsere
Harleys, und draußen schneite es. Nach Abwägen von
Für und Wider beschlossen wir, die Bikes stehenzulassen
und die Fahrt ins Death Vallye und nach Las Vegas mit
einem Mietwagen abzuspulen. Unsere Entscheidung war
goldrichtig. In den nächsten Tagen blieb es so kalt,
und bei der Einfahrt ins Death Valley mussten wir
unseren Chevrolet "Luxusliner" sogar
meilenweit über eine festgefahrene Schneedecke
jonglieren! Zwei Tagen gönnten wir uns den Komfort des
Chevrolets und tauschten danach den Straßenkreuzer
wieder gegen unsere Harley-Davidsons ein. |
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Fahrt durch die
Mojave-Wüste... |
... und vorbei an Ghost-Towns |
Und die nächsten 113
Meilen keine Tankstelle |
Einmalig: Death Valley |
Badwater:
86 Meter unter dem Meeresspiegel |
Wild-West Highway
Romanze... |
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Beeindruckend:
Hoover Dam in Arizona
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Death Valley mit Blick
auf Furnace Creek |
Über kleine
Nebenstraßen setzten wir die Erkundungsreise in Richtung Palm
Springs fort. Vorbei an weitläufigen Feldern mit
umweltfreundlichen Windkraftwerken tuckerten wir zum San
Bernardino National Forest. Die Gegend wurde wieder bergig und
erinnerte uns etwas an den Schwarzwald. Nur mit dem kleinen
Unterschied, dass er Tausende von Meilen mitten im alten Europa
liegt und in dieser Jahreszeit tief verschneit ist, wir aber
gutgestimmt mit Harleys durch Kalifornien kutschierten. Das
kernige Gestabbele der urigen V-Motoren übertrug sich
automatisch auf unseren Fahrstil. Ist erst einmal der fünfte
Gang eingelegt, schwimmt man ohne aggressive Überholmanöver
oder willkürliche Sprinteinlagen gleichmäßig mit dem anderen
Verkehrsteilnehmer mit. Nie wurde das Speedlimit von 55 Meilen
pro Stunde zur Qual. Ganz im Gegenteil. Bei diesem Tempo fühlen
sich die Harleys sauwohl. Kaum mehr als 5 Liter Sprit pro 100 km
verbrauchten die Bikes bei dieser Geschwindigkeit. Bei einem
Spritpreis von nur einem Dollar pro Gallon (4 Liter) ein
billiger Spaß. Dennoch muss Christine mit ihrer Sportster alle
150 km eine Zapfsäule ansteuern. In den mickrigen Tank passen
nämlich nur läppische 8,5 Liter Treibstoff. In den Tank von
meiner Sport Glide ließen sich dagegen gut 16 Liter einfüllen.
Mit diesem Vorrat konnte locker 300 km bis zum nächsten
Tankstop zurückgelegt werden.
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Im San Bernardino National Forest
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Fahrspaß
"wie zu Haus" bekamen wir auf den verwinkelten Passstraßen im San Bernardino Forest. Richtig flott ließ es
sich mit den Harleys um die Ecken flitzen. Ohne große
Bremsaktionen wurde vor den Kurven einfach das Gas zugedreht,
der mächtige Drehmoment des V-Motors sorgt für gute
Verzögerung. Nach dem Straßenknick wurde das Gas wieder
aufgezogen, und das bärenstarke Triebwerk schob die Fuhre
kräftig vorwärts. Besonders die Sportster war auf dieser
kurvenreichen Etappe in ihrem Element. Im Vergleich zu dem zuvor
gefahrenen schnurgeraden Highway hatten wir mit dieser
Reiseroute einen Glückstreffer gelandet. Wir legten immer
wieder Pausen ein, um ausgiebig die Landschaft zu genießen.
Auch die Temperaturen waren mit 15 Grad inzwischen wieder
bikermässig. Doch der Spaß sollte noch besser werden. Auch in
dieser Gegend hatte es in den letzten Tagen geschneit, und je
höher wir kamen, um so weißer wurde die Natur. Zwar waren die
Straßen gut geräumt, doch nebenan lag eine geschlossene
Schneedecke. Jetzt fuhren wir bei frühlingshaften Temperaturen
mitten durch den Winter. Doch nur für wenige Minuten. Nachdem
wir die Passhöhe hinter uns hatten, wurde es von Meile zu Meile
immer wärmer. Nach einem ausgiebigen Streifzug durch den Süden
von L.A. fuhren wir zum Abschluss unserer Harley-Tour an den
Strand von Long Beach. Wir genossen die milde Meeresbrise und
schauten lange kalifornischen Surfern zu. Es war der 10. Januar,
und gegen Abend mussten wir die Testmaschinen leider schon
wieder zurückbringen.
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Fun, fun, surf in USA: Long Beach 10.
Januar 1992
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