Touristik

80 Jahre Tourist Trophy
Motorradtour 1987 mit der Triumph 750 T140 Bonneville auf die Isle of Man

NUMMER FÜNF LEBT


Triumph T140 Bonneville: Über zwanzig Jahre träumte ex-GP-Rennfahrer
Peter Frohnmeyer von einem Besuch der berühmten TT auf der Isle of Man.
Pünktlich zur 80. TT hat er sich 1987 seinen Wunsch erfüllt. Stilecht reiste er mit einer Triumph Bonneville auf die Insel, um zwei Wochen TT-Atmosphäre zu genießen.

Text: Peter Frohnmeyer
Fotos: Winni Scheibe, Peter Frohnmeyer, Triumph



Peter Frohnmeyer mit Sieglinde Zerwer 1987 auf dem Weg zur Isle of Man


Es war kurz nach vier Uhr morgens, und Douglas, die Hauptstadt der Isle of Man, tauchte langsam in der Morgendämmerung auf. Etwas übernächtigt von der langen Anreise saßen wir in einer bunten Mischung von Motorradfahrern aus aller Herren Länder an Deck des verwegenen Fährdampfers der Steam-Packet-Company und feierten eine Geburtstagsparty. Die Tourist Trophy wurde 80 Jahre alt.
Aber da gab es noch einen Grund zum Feiern. Fast unbemerkt von dem hektischen Treiben der Motorrad-Giganten ist das Triumph-Twin Konzept  50 Jahre alt geworden. Ihr Herz, ein Zweizylinder-Viertakt-Motor mit parallel stehenden Gusszylindern, wurde 1936 als Speed-Twin erstmals vorgestellt. Nach genau dem damalig entwickelten Konstruktionsprinzip wird das Aggregat heute noch gebaut.



Triumph 500 Speed-Twin von 1937
(Foto: Triumph)


Das Drumherum der neuen Triumph 750 Bonneville ist im Laufe der Jahre international geworden. Magura liefert die Armaturen, Paioli die Telegabel, Brembo die Scheibenbremsanlage, Koni die Federbeine. Und nun wird das gute Stück nicht mehr von der Triumph Engineering Company Ltd. In Coventry gebaut, sondern seit zwei Jahren von dem neuen Triumph-Eigner Les Harris in Newton Abbot.



Triumph 750 T140 Bonneville von 1985


Triumph-Importeur für Deutschland sind Bernd Lohrig und Udo Kölle in Syke bei Bremen. Die beiden Engländerspezies hatten mit viel Vertrauen in englische Technik und in meine Vernunft eines ihrer besten Stücke herausgerückt, die Triumph Bonneville mit der Fahrgestellnummer 005. Genau diese Maschine war das erste Motorrad, das nach Beginn der Triumph-Produktion unter Les Harris nach Deutschland kam.



Triumph-Importeur Udo Kölle und Tester Peter Frohnmeyer


Um die Triumph Bonneville ehrlich zu erleben, bietet sich wohl kaum ein Platz auf dieser Erde besser an als die berühmt-berüchtigte 60 Kilometer lange TT-Rennstrecke auf der Isle of Man. Der einzigartige Charakter dieses Straßen-Rennkurses war schon immer maßgeblich beteiligt an der Motorradentwicklung der englischen, aber auch der fernöstlichen Motorradwerke.
Mit defensiver Fahrweise bei Tempo 110 und über 1200 Kilometer "bloody Autobahn" erreichten wir unser Quartier in Port Erin im Süden der Isle of Man. Hier wurde die Bonnie das erste Mal durchgecheckt. Routinemäßig erhält sie ihren Schluck Castrol-Öl, Fahrer und Sozia schmieren mit Guinness-Bier. Beim Frühstück wurden wir auch gleich von der Vorsitzenden des englischen Triumph-Clubs freundlich begrüßt, die im gleichen Hotel wohnte. Stolz erzählte sie von den sechs Bonneville, die sie zu Haus in der Garage stehen hat. Doch auf die Insel ist sie, gemeinsam mit ihrem Mann, auf einer BMW gereist, verrät sie mit glänzenden Augen.



Ziel erreicht: Isle of Man, Port Erin



Historische Burgruine Peel



Isle of Man Wahrzeichen: Lady Isabella



Ballaugh Bridge, Ginger Hall, Glen-Helen - echtes TT-Feeling kam über uns, als wir unseren Oldie über die Rennstrecke trieben. Doch zum Glück wirkte der Motor regulierend auf überschäumendes Temperament. Er hasst hohe Drehzahlen und fühlt sich in Geschwindigkeitsbereichen wohl, in denen man nicht pausenlos um seine Fahrerlaubnis fürchten muss.
Ramsey Hairpin, Quarter Bridge - diese engen Spitzkehren waren die Domäne des 750er Langhubers. Ab 1600 Umdrehungen pro Minute hämmerte das Aggregat, ob mit oder ohne Beifahrer, unbeirrt aus den Ecken los. Wie unglaublich leicht und doch solide so eine 750er sein kann! Alles harmoniert wunderbar zusammen. Der Knieschluss passt, auch das Verhältnis Sitzposition zu dem leicht hochgezogenen Lenker stimmt.
Auch meine Begleiterin gibt zu Protokoll, dass ihr die Bonneville, im Vergleich zu anderen Motorrädern am besten gefällt. Nur die italienische Telegabel machte auf den abenteuerlichen Straßen der Isle of Man Probleme. Hart und gerecht gab sie jede Unebenheit der Fahrbahn fast ungedämpft an den Fahrer weiter. Doch soll, laut Importeur Lohrig, die Gabel nach etwa 8000 Kilometern Einlaufzeit besser arbeiten. Die von mir befürchteten Startprobleme traten zum Glück nicht in Erscheinung. Dank der modernen kontaktlosen Elektronik-Zündanlage und gut abgestimmter Vergaser, genügte meistens der erste Tritt, um den 750er Twin zum Leben zu erwecken. Selbst nach kilometerlanger Autobahnfahrt tuckerte das Triebwerk beim Stopp im Leerlauf brav vor sich hin.




Road-Racing: TT pur


TT-Legende: Joey Dunlop


Mad Sunday: 
Fotograf Winni Scheibe auf seiner BSA-Métisse über den TT-Kurs
(Foto: Peter Frohnmeyer)



Rennfans


Gewöhnungsbedürftig waren die Motorvibrationen, die deutlich ab 4000 Umdrehungen einsetzten und dann oberhalb von 6000 Touren die Zahnplomben lockerten.
Defekte - na ja. Insgeheim hatte ich mich auf einiges vorbereitet, aber getroffen hat es uns echt nur dreimal. Irgendwo steckte in der Nummer Fünf der Kupferwurm. So wurden wir zum Stammgast des Bosch-Dienstes in Douglas. Lötkolben, Isolierband und Sicherungen hatte Mr. Watson immer bereit, wenn wir mal wieder in seiner Werkstatt nach dem Kurzschluss suchten. Bis kurz von unserer Abreise hatten wir die Fehlerquelle endgültig eingekreist und alle Schwächen fest im Griff.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte ich mich auch an den obligatorischen Öltropfen unter dem Motor gewöhnt, der bis heute wohl noch ein Markenzeichen von englischen Motorrädern zu sein scheint. Doch dieses Öltröpfchen verbindet. Bei den verschiedenen Vintage-Treffen, die in der TT-Woche stattfinden, war die Triumph immer ein gern gesehener Gast. An allen Ecken wurde diskutiert, gestikuliert und konstruiert. Probleme mit dem ältesten englischen Motorrad wurden international, ohne Sprachschwierigkeiten, gemeinsam gelöst.



Bonnie an der Tanke



Vintage-Treffen auf der Isle of Man


Wie selbstverständlich transportierte uns die Bonnie im strömenden Regen nach Syke zurück. Was bleibt, ist ein unvergessener Eindruck von der märchenhaft schönen Inselwelt, den Eigenheiten ihrer Bewohner und dem "typisch englischen" Wetter. Aber auch Nachdenklichkeit über das große Spektakel, das sich jedes Jahr auf der Isle of Man ereignet, wenn die Motorradrennfahrer um Ehrung und Pokale streiten. In den zwei Wochen auf der Isle of Man waren wir mit der Bonnie ein Stück davon.



TT-Fan und Triumph-Tester: Peter Frohnmeyer


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