Sport


Nürburgring 1927 - 2002


"Ring-Kampf"


Die einen schwärmen von ihr, für andere ist sie die "Grüne Hölle".
Mit nichts auf der Welt ist sie vergleichbar: die Nordschleife
des Nürburgrings in der Eifel. Die alte Dame wird heuer
75 Jahre alt, herzlichen Glückwunsch!

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Metzeler, Honda, BMW, Roland Senff, Archiv

       

Das Klischee ist bekannt: die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Gemeint ist die legendäre Nordschleife des Nürburgrings. Sie gilt als die schönste, anspruchvollste, aber auch gefährlichste Rennstrecke der Welt. Wer schon einmal volles Rohr durch die "Fuchsröhre" gebrettert ist, oder nach dem "Kesselchen" mit weit über 200 Sachen hoch zur "Hohen Acht" gedüst ist, weiß, was gemeint ist. Auf diesen Streckenabschnitten, aber nicht nur da, wird im Renntempo das Asphaltband verdammt eng. Die Leitplanken stehen an manchen Stellen so nahe, dass man sie bei ausgestreckem Arm mit der Hand berühren könnte. Und weil die heutige 20.8 km lange Nordschleife immer noch 74 Links- und 73 Rechtskurven hat, es steil bergab und bergauf geht und weil die Rennstrecke in einer grandiosen dicht bewaldeten Berglandschaft eingebettet ist, könnte die Bezeichnung "Grüne Hölle" das Spektakel kaum besser bezeichnen. Das war vor 75 Jahren so und ist heute nicht anders.



Die Nordschleife war und ist nicht nur weltweit eine der berühmtesten Rennkurs,  die "Grüne Hölle" dient für die Auto- und Motorradindustrie und für Fachzeitungen auch als Teststrecke. 
Hier "Motorrad-Testpapst" Franz Josef Schermer auf der berühmt berüchtigten Kawasaki Z 900 "Z1"

Das erste Rennen wurde Mitte Juni 1927 gestartet, wann der letzte Hobby- Auto- oder Motorradsportler über die Nordschleife rasen wird, ist ungewiss. Als echte Rennstrecke hat der Kurs nämlich längst ausgedient. Seit 1984 gibt es die neue GP-Strecke, und seitdem glühen hier die Kolben. DM-, EM-WM- und Langstrecken-Läufe haben den alten Nürburgring zur Legende gemacht. Rennfahrer, die hier siegten, wurden gefeiert wie Helden und verehrt wie Götter. Der Ring brachte aber auch Enttäuschungen und große Trauer. Die „Grüne Hölle" hat viele Opfer gefordert. Piloten, die sich des Risikos voll bewusst waren und es mit dem Leben bezahlen mussten. Aber auch "Hobby-Heizer", die wie F1-Star Niki Lauda oder 500er Motorrad-Weltmeister Kenny Roberts über die Nordschleife blasen wollten, wurden für ihre Respektlosigkeit und ihren Leichtsinn mit dem Tode bestraft. Auch das ist der Nürburgring.
Für die Fans boten die Rennen auf der Nordschleife eine mit nichts vergleichbare Atmosphäre. Bei keinem anderen Kurs konnte man so dicht an der Strecke campen, Lagerfeuer machen, Würstchen grillen, Bier trinken und dabei aus allernächster Nähe mit den Kumpels das Renngeschehen verfolgen. Viele trafen sich Jahr für Jahr zur gleichen Zeit und an gleicher Stelle. Es waren echte Fans, man kannte die Rennfahrer mit Vor- und Zunamen, wusste genau, mit welcher Maschine und in welcher Klasse sie fuhren. Es gab Piloten, für die wäre man durchs Feuer gegangen, anderen wünschte man in der letzten Runde einen Kolbenfresser. Bei manchen Veranstaltungen waren es über 200000 Zuschauer, es war eine eingeschworene Gemeinschaft, denen weder Wind noch Wetter etwas ausmachte. Denn die Eifel hatte und hat ihre Launen. Es gibt Wochenenden, da holt man sich am Samstag einen Sonnenbrand, am Rennsonntag regnet es und es ist saukalt.

Es war aber nicht nur das Rennspektakel, das wie ein Magnet wirkte. Mitten im Winter zog es Abertausende von Gespannfahrern in die tief verschneite Eifel. Bei Lagerfeuer und Glühwein zelebrierte man das "Elefantentreffen". Seit den achtziger Jahren zählt die Nordschleife zu einer der beliebtesten Strecken für Fahrerlehrgänge. Wer die hohe Schule des Motorradfahrens perfektionieren möchte, ist bei solch einem Training richtig aufgehoben.


Legendäres Elefantentreffen

Fahrerlehrgang:
Rallye-Weltmeister Walter Röhrl

Bücher und Storys über den Nürburgring gibt es genügend, einmalig dagegen ist die Rekordrunde von Helmut Dähne. Am 23. Mai 1993 jagte er nämlich mit seiner Honda RC 30 in nur 7:49,71 Minuten durch den "Grünen Himmel", wie der Ringspezi die "Grüne Hölle" bezeichnet.


Helmut Dähne in 7:49,71 Minuten um den Ring - kein Biker war je schneller!
(Foto: Metzeler/Honda)


"Meilensteine am Ring"


Nürburgring mit Süd- und Nordschleife Mitte der 60er Jahre
(Foto: Archiv)

Grundsteinlegung 1925. Geplante Baukosten 4 Millionen Reichsmark. Streckenbeschaffenheit: Nordschleife 22,8 km, Südschleife 7,75 km, Start und Zielschleife 2,23 km, Gesamstreckenlänge 28,27 km, 88 Links- und 84 Rechtskurven, maximale Steigung 17 und maximales Gefälle 11 Prozent. Bauzeit zwei Jahre, tatsächliche Kosten 14,1 Millionen Reichsmark.
18./19. Juni 1927: erstes Auto- und Motorradrennen, 85000 Zuschauer. Im gleichen Jahr folgte der Große Preis von Deutschland und Europa für Motorräder und der Große Preis von Deutschland für Sportwagen. Darüber hinaus diente die neue Rennstrecke der Fahrzeugindustrie als Versuchs- und Teststrecke. Außerdem durfte jeder Auto- und Motorradfahrer gegen eine Mautgebühr über den Nürburgring fahren.
Bis 1939 folgten zahlreiche nationale und internationale Auto - und Motorradrennen, Höhepunkt war jeweils der Große Preis von Deutschland mit über 200000 Zuschauern. Während des Zweiten Weltkrieges gab es keine Rennen.
Im Mai 1947 begann der Wiederaufbau, das erste Motorradrennen wurde am 17. August 1947 veranstaltet, über 80000 Fans pilgerten zur Südschleife.

BMW-Werksfahrer und Motorradlegende: 
Georg "Schorsch" Meier. 
Auf dem Nürburgring hat der schnelle BMW-Pilot Geschichte geschrieben. Beim "Eifelrennen" im Mai 1953 gewann Schorsch Meier auf seiner BMW 500 RS überlegen das Rennen.

Georg "Schorsch" Meier
(Foto: BMW)

       
In den 50er erfolgreichster BMW-Privatfahrer in der Deutschen Meisterschaft und bei WM-Läufen: Ernst Hiller. 
Der schnelle Westfale wurde sechsmal Deutscher Meister, 
davon dreimal mit seiner Königswellen-BMW 500 RS.

Ernst Hiller


Bis zum ersten internationalen Motorradrennen mussten sich die Sportsfreunde aber noch bis zum Juni 1951 gedulden, und beim Motorrad-Grand-Prix, im Juni 1955, war seit 1931 endlich auch wieder die gesamte Weltelite am Start. Bis 1968 wurde der Große Preis von Deutschland für Motorräder auf der Südschleife ausgetragen.
Die Autorennfahrer heizten dagegen über die Nordschleife, aber nicht kritiklos. 1970 bestreikten die Formel-1-Stars die "Grüne Hölle". Über 17 Millionen Mark wurden in die Modernisierung der Nordschleife gesteckt, aber offensichtlich nicht genug. Beim Motorrad-GP 1974 streikten die Zweirad-Asse. Zwei Jahre später verunglückte Niki Lauda schwer, es sollte nie wieder ein Formel-1-Rennen auf der Nordschleife geben. Die Motorrad-GP-Fahrer hielten bis 1980 durch. Unvergessen ist das Duell zwischen Toni Mang und Jon Ekerold. Es ging um die 350er Weltmeisterschaft, die um Haaresbreite Jon Ekerold gewann. Die großen Zeiten für die Nordschleife waren damit vorbei, die Pläne für die neue GP-Rennstrecke lagen längst in der Schublade.


"Ring-Highlights"


...Nürburgring 1980: letzter WM-Lauf in der 350er Klasse. Mang gegen Ekerold - Ekerold gegen Mang, nur einer konnte Weltmeister werden...

 

...und nur 1,2 Sekunden trennten beim Zieleinlauf  Toni Mang von Jon Ekerold. 
Toni Mang wurde 350er Vize-Weltmeister...

 

Toni Mang fünffacher Weltmeister. 1980 holte er sich in der 250er Klasse auf dem Nürburgring seinen ersten WM-Titel
(Foto: Senff) 

... und Jon Ekerold 1980 neuer 350er Weltmeister 


Im Motorradrennsport der Größte: 
Giacomo Agostini 15facher Weltmeister. Auf dem Nürburgring schrieb der Multi-Weltmeister GP-Geschichte. 1965 gewann der junge Italiener in der 350er Klasse seinen ersten WM-Lauf, 1976 holte "Ago" auf der 500er MV Agusta den  letzten GP-Sieg mit einer Viertakt-Maschine 


Rennlegenden unter sich:
Giacomo Agostini, links,  und der sechsfache Weltmeister Jim Redman.
In den 60er Jahren waren sie Konkurrenten, heute sind sie bei Oldtimerrennen gefeierte Superstars

 

Deutsche Motorradstars und Ring-Kenner: 
Dieter Braun, links, zweifacher Weltmeister und Rallye-Multi-Meister Helmut Dähne 

 




1978 wurde im GP-Sport ein neues Kapitel aufgeschlagen. Erstmalig in der GP-Geschichte holte sich ein US-Amerikaner den Titel in der 500er WM. Der Wunder-Boy hieß Kenny Roberts, er  führte das Driften mit dem Hinterrad im Motorradrennsport ein


Gleich dreimal in Folge 1978, 1979 und 1980 wurde "King Kenny" 500er Weltmeister. Seinen ersten Titel sichert sich der Asphalt-Cowboy am 20. August 1978 auf dem Nürburgring.  
Kenny Roberts jun. ließ sich 2000 als 500er Weltmeister feiern!


125er Weltmeister 1993: Dirk Raudies 
(Foto: Archiv)


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