Oldtimerszene in den USA
"Golden Oldies"
Der neuzeitliche Motorradboom begann nach dem Zweiten Weltkrieg in den
USA. Waren es zunächst die Engländer, die containerweise die Bikes nach
Übersee schifften, eroberten in den sechziger Jahren die Japaner den
Markt. Maschinen aus der damaligen Zeit sind heute Klassiker. Was in der
amerikanischen Oldtimerszene los ist, konnte ich in den letzten Jahren bei
meinen Daytona Besuchen beobachten.
Text&Fotos: Winni Scheibe
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Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war in den USA mächtig was los.
Lange bevor bei uns die Jugend es wagte aufzumucken, entwickelten
heranwachsende Amerikaner Selbstbewusstsein, Selbstständigkeit und
Unabhängigkeit. Diese neue Lebensphilosphie wurde zum großen
Unverständnis der restlichen Bevölkerung "ohne Rücksicht auf
Verluste" demonstriert und unmissverständlich zur Schau getragen.
Wie selbstverständlich ließ man sich die Haare lang wachsen, trug Bärte
und zog schwarze Lederjacken an.
Doch nicht genug. Anstatt wie jeder brave Bürger mit dem Auto durch
die Gegend zu fahren, hockte die "wilde Bande" auf schweren
Maschinen und erschreckte mit ihren Feuerstühlen alte Omas und Kids.
Schnell hatten sie ihren Ruf als böse Buben, Halbstarke oder Rocker weg.
Bereits beim kleinsten Ereignis stürzte sich landauf, landab die Presse
auf die Auswüchse und brachte den Vorfall in großen Lettern auf der
Titelseite.
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So verschrieen diese Gruppe aber war, so klein war sie auch. Innerhalb
der neuen Motorrad fahrenden Subkultur waren sie mit etwa einem Prozent
eine absolute Minderheit. Die restlichen 99 Prozent Biker benutzten das
Motorrad zur Freizeitgestaltung oder als Sportgerät. Ganz anders als in
Europa diente den Leuten in Amerika das zweirädrige Gefährt nicht als
kostengünstiges Fortbewegungsmittel, sondern dem reinen Fahrspaß. Mit
dem Motorrad ließ sich die Freiheit neu entdecken. Damit das neue Hobby
aber nicht mit dem Treiben dieser "ein Prozent-Rocker" in einen
Topf geworfen wurde, bemühten sich Clubs, Verbände und Motorradfirmen um
ein besseres Image.
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Aermacchi-Racing
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Desmo-Racing
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Yamaha XS 650 in Racing-Dress
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Wetzhobel: 650er BSA Spitfire
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Amerika selbst hatte nur eine eigene Zweiradschmiede: Harley-Davidson.
Wer sich keine Harley leisten konnte oder wollte, fuhr ein britisches Bike.
In den Fünfzigern und Sechzigern waren für die englische
Motorradindustrie die USA das Absatzland Nummer eins. Allen vorweg
lieferte BSA und Triumph überwiegend ihre 500er und 650er Viertakt-Twins
"ins Land der unbegrenzten Freiheit". Modelle von anderen
britischen Herstellern oder gar aus Deutschland oder Italien galten als
Exoten.
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Der neue Motorrad-Boom begann
in den 60er Jahren
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750er Renn-Ducati
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An Motorräder aus Japan dachte in dieser Zeit noch kein Mensch. Erst
Ende der sechziger Jahre sollte sich die Situation nachhaltig ändern.
Honda brachte mit der CB450 und CB750, Kawasaki mit der 250er A1Samurai
und 350erA7Avenger, Suzuki mit der T250 sowie T500 und Yamaha mit der
250erDS5 eine vollkommen neue Motorradgeneration erst auf den US- und
wenig später auf den Weltmarkt. Die Nippon-Bikes waren spritzig, schnell,
handlich, sahen pfiffig aus und waren dazu noch relativ preisgünstig.
Fahrzeuge, die haargenau zu der neuen Generationsbewegung passten.
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Fahrerlager-Stimmung
Von wegen Harley sind müde Gäule
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Norton-Métisse
HD-Sportster
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Inzwischen ist ein viertel Jahrhundert vergangen. Motorradfahren ist
in, und keiner braucht sein Hobby zu erklären. Die Maschinen von damals
sind fast vergessen. Doch nicht ganz. Auch in den Staaten gibt es eine
interessante Oldtimer-Szene. Ähnlich wie bei uns werden die Schätzchen
gehegt und gepflegt. Rollen viele Klassiker im Originalzustand mit
Gebrauchtspuren über die Straßen, sind andere Maschinen perfekt
restauriert. Zum Teil sind sie sogar in einem besseren Zustand als in der
Zeit, als sie ihr Herstellungswerk verlassen haben. Überrestauriert
würde man bei uns sagen. Lack- und Chromarbeiten entsprechen neuestem
technischen Stand und haben mit früheren Qualitätsnormen nichts zu tun.
Auch findet man überhaupt nichts dabei, anstelle der
Standard-Trommelbremse eine Scheibenbremsanlage ans Vorderrad zu
montieren. Erlaubt ist, was Freude und Spaß macht. Dementsprechend erfolgt
bei den Marken- oder traditionellen Oldtimertreffen die Klasseneinteilung
in originalgetreue Exponate, modifizierte Maschinen und Custom-Bikes.
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Bei den US-Vintage-Rennen wird "volle Kanne" gefahren
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Haudegen: Yvon DuHamel
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Renn-Legenden
Don Vesco und Gary Nixon
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Einen festen Platz in der US-Oldtimerszene haben die
Vintage-Rennen.
Wobei die Definition "Rennen" wörtlich genommen wird. Wie
"früher" ist nämlich der Fahrer, der als Erster über die
Ziellinie düst der "Sieger" und nicht wie bei den Deutschen
VFV-Veranstaltungen derjenige, der es schafft, den Parcours in möglichst
gleichmäßiger Zeit zu umrunden. Amerikanische Oldtimer-Rennfahrer jagen
ihre Veteranen "volle Lotte" über die Piste. Weiterer
"hörbarer" Unterschied zu unseren Oldtimer-Rennen ist der
Maschinensound. Ist bei unseren Historischen-Rennläufen "Laut
Out", brüllen in den USA die Rennmotoren ungedämpft aus ihren
blanken Megaphonrohren. Doch damit längst nicht genug. Die von der AHRMA
(American Historic Racing Motocycle Association) organisierten Rennen
lassen großen technischen Spielraum zu. Stimmt die Silhouette, ist fast
alles erlaubt. Und so wundert es nicht, dass so manche Maschine auf den
ersten Blick für eine tip-top restaurierte Oldimer-Rennmaschine gehalten
wird, sie sich aber beim Hinterfragen als eine Replika (Nachbau) entpuppt.
Hier mögen sich allerdings die Geister scheiden. Für die echten Puristen
zählt nur, was absolut original ist. Für die anderen, die Rennspaß wie
früher erfahren wollen, haben andere Werte Gültigkeit. Bei ihnen muss
das Fahrzeug einwandfrei funktionieren, zuverlässig und schnell sein.
Für diesen Anspruch werden modifizierte Kolben und Kurbelwellen,
High-Tech Zündanlagen und wer weiß was sonst noch für moderne
technische Errungenschaften in den Oldie gebaut. Einzige Bedingung, die
Optik und der Sound muss wie früher sein...
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