Technik


Überholen von Bremssätteln

"Eingerostet"

Die Bremsanlage darf man getrost als "lebensrettende Einrichtung"
bezeichnen. Wer das Bauteil vernachlässigt, muss jedoch mit
verheerenden Folgen rechnen. Im schlimmsten Fall "rosten" die
Bremskolben fest. Mit etwas handwerklichem Geschick lassen sich
verrottete Stopper wieder auf Vordermann bringen.

Text&Fotos: Winni Scheibe
Zeichnung: Honda



Viele Bremssättel, eine Gemeinsamkeit:
Die Scheibe ordentlich in die Zange nehmen!


Bremsen, bis die "Scheibe glüht", ist nicht jedermanns Sache. Wer vorausschauend fährt, kommt selten in die Verlegenheit, voll in die Eisen zu steigen. Diese Fahrweise ist zweifellos sicher, stressfrei und materialschonend. Das tut nicht nur dem Geldbeutel, sondern auch den Reifen und vor allem den Bremsklötzen gut. Sie halten eine Ewigkeit. Da die Anlage auch nicht so häufig gefordert wird, kann ja auch nichts kaputtgehen, - denkt man. Doch Pustekuchen!





Zahn der Zeit, die Bremskolben sind "angerostet"


Wer wenig bremst und vielleicht auch noch im Winter auf salzgestreuten Straßen unterwegs ist, kann sein blaues Wunder erleben. Nämlich dann, wenn die Bremse "einrostet". Eigentlich dürfte solch ein sicherheitsrelevantes Bauteil keiner Korrosion unterliegen, doch in der Praxis sieht es meist ganz anders aus. Besonders dann, wenn die Bremsbeläge ordentlich abgewetzt sind. In diesem Fall haben sich die Druckkolben weit aus dem Bremssattel geschoben, und es kann durchaus vorkommen, dass sich um die Bremskolben Korrosion ansammelt. Will man neue Beläge einsetzen, lassen sich die Kolben nur mit Gewalt in den Sattel zurückdrücken. Dann ist es allerdings zu spät. Es ist höchste Zeit, die Bremsanlage in Schuss zu bringen.



Bevor man sich mit Schraubenschlüsseln an die Arbeit macht, sollten aber alle
benötigen Verschleißteile griffbereit auf der Werkbank liegen. Bremsklötze,
Dicht- und Staubringe lassen sich beim Vertragshändler besorgen, frische Bremsflüssigkeit
sowie Dichtringe für die Anschlussschrauben gibt es im Kfz-Fachhandel

Beispiel Honda GL 500 Silver Wing
Überholen der Bremszangen

 


Das Werkzeug in der Schrauberbude sollte gut sortiert sein, ein Druckluftkompressor ist unbedingt erforderlich, wer kein Entlüftungsgerät zur Hand hat, kann sich auch beim Entlüften auf traditionelle Art mit "Pumpen" helfen. Da die Bremsanlage nach der Kur unbedingt mit frischer Flüssigkeit befüllt werden muss, wird zunächst der alte Saft aus der Anlage gedrückt. Das Verplempern der aggressiven Flüssigkeit beim weiteren Hantieren auf dem Werkstattboden oder Werkbank lässt sich somit weitgehend vermeiden. Die alte Brühe wird in einem Döschen aufgefangen und als Sondermüll entsorgt! 

Di
e Anschlussschrauben für die Bremsleitungen werden entfernt, dann die Sättel abgeschraubt. Um das Ende der herumbaumelnden Bremsleitung wird ein alter Putzlumpen gewickelt, um das Abtropfen von restlicher Bremsflüssigkeit aus der Anlage auf Reifen, Felge oder Fußboden zu verhindern.

Bei Festsätteln werden die Gehäuseteile von Schrauben zusammengehalten. Lassen sich diese Schrauben mit der bloßen Hand nicht lösen, muss man die Bremszange im Schraubstock - zwischen Alubacken versteht sich - festspannen. Jetzt lassen sich die Schrauben einfacher rausdrehen.
Bei schwimmendgelagerten Sätteln ist keine weitere Schrauberei erforderlich, 
die Bremskolben lassen sich so erreichen.
In den meisten Fällen sitzen sie aber bombenfest. Unter keinen Umständen darf man die Kolben mit einer Zange mit Gewalt herauspopeln. Jetzt wird Druckluft gebraucht. Auf die Pistole wird ein kurzes Stück Schlauch aufgesetzt und das offene Ende gegen die Anschlussbohrung gepresst. Mit Hilfe der Druckluft lässt sich der Bremskolben nun mühelos herausdrücken. Handelt es sich um einen Bremssattel mit Doppelkolben, wird ein Stück Holz oder die alten Bremsbeläge eingesetzt, damit beide Kolben gleichmäßig möglichst weit herauskommen. Die letzten Millimeter lassen sie sich mit den Fingern herausziehen.


Die Honda GL 500 verfügt über
schwimmendgelagerte Sättel


(Zeichnung: Honda)



Schrauber-Trick:
Mit Duckluft lassen sich die Bremskolben einfach rauskriegen


Nun werden alle Bauteile gewissenhaft saubergewaschen. Mit Politur und feiner Stahlwolle lässt sich die Kruste auf den Bremskolben wegpolieren. Zeigt sich nach dieser Reinigungsprozedur, dass die Kolbenoberfläche beschädigt ist oder sogar Riefen aufweist, muss er unbedingt erneuert werden. Nur wenn die Oberfläche blitzblank spiegelt, ist gewährleistet, dass die Anlage nach dem Zusammenbau nicht nur einwandfrei arbeitet, sondern auch 100% dicht ist.

 

Mit Politur und feiner Stahlwolle wird die Kruste von den Bremskolben wegpoliert



Mit einem Hakenschlüssel werden die Dicht- und Staubringe aus dem Sattel entfernt




Der Kolben werden mit bloßer Handkraft eindrückt

Die alten Dicht- und Staubringe werden aus dem Sattel entfernt, und falls in der Sitznut Schmutzrückstände sind, muss man diese sauber machen. Mit einem abgewinkelten Draht lässt sich der Dreck gut herauskratzen. Hat man die Bauteile sorgfältig saubergewaschen und mit Pressluft abgeblasen, werden die neuen Dicht- und Staubringe eingesetzt. Vor dem Einsetzen der geputzten oder neuen Bremskolben wird für die einfachere Montage etwas Bremsflüssigkeit aufgetragen. Der Kolben muss sich nun mit bloßer Handkraft eindrücken lassen.

Sind die Kolben eingesetzt, wird die Bremszange gegebenenfalls zusammengeschraubt und mit den neuen Bremsbelägen bestückt. In umgekehrter Reihenfolge wie bei der Demontage wird der Sattel nun wieder angeschraubt und die Bremsleitungen angeschlossen. Auf jeden Fall muss man die Anschlussschrauben mit neuen Dichtringen versehen. Ist alles ordnungsgemäß festgezogen, wird die Anlage mit frischer Bremsflüssigkeit befüllt und entlüftet. Da die Anlage restlos leer war, dauert das Entlüften in diesem Fall länger als gewohnt. Erst wenn keine Luftbläschen mehr im Entlüfterschlauch erkennbar sind und der Bremsdruck gleichbleibend gut ist, darf man sich mit der Arbeit zufrieden geben.



Jetzt lässt sich wieder flott mit der "Silver Wing" durch die Kurven fliegen


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