Technik


Bolzen ausbohren

"Bruchstelle"

Das Lösen von Schrauben und Muttern ist im Prinzip ein Kinderspiel.
Nur wenn beim Werkeln mal eine Schraube abreißt, ist Know-How
gefragt. Mit einem Schraubenausdreher kann man sich hier aber 
in den meisten Fällen weiterhelfen.

Text&Fotos: Winni Scheibe



Erster Versuch:
Mit einer Kombi- oder Gripzange versucht man den abgerissenen Bolzen rauszudrehen


Eigentlich gibt es beim Losdrehen von Schrauben und Muttern kaum etwas Besonderes zu beachten. Bis auf wenige Ausnahmen (Linksgewinde) sind alle Schraubverbindungen mit Rechtsgewinde versehen, und beim Lösen muss mit dem Werkzeug linksherum, gegen den "Uhrzeigersinn", hantiert werden. Je nach Schraubenstärke ist hier mehr oder weniger Handkraft erforderlich. Nach Überwinden des ersten Widerstandes lässt sich die Schraube dann in den meisten Fällen mühelos herausdrehen. Doch wehe, wenn sich beim Losdrehen ein "teigiges" Gefühl im Handgelenk bemerkbar macht und sich der Schraubenschlüssel plötzlich ganz leicht drehen lässt! Selbst bei größter Vorsicht ist nichts mehr zu retten, denn die Schraube ist abgerissen. Der Rest von dem Bolzen sitzt fest in Gewinde, und guter Rat ist nun teuer.



Der abgerissene Bolzen wird genau mittig gekörnt


Allerdings ist das Problem bei weitem nicht so schwer zu lösen, wie es im ersten Moment erscheint. Lässt sich der abgerissene Bolzen mit einer Kombi- oder Gripzange erreichen, sollte zunächst auf diesem Weg versucht werden, ihn herauszudrehen. Sitzt er bombenfest und ein Ausdrehen ist so nicht möglich, kann man sich mit einem "Schraubenausdreher" weiterhelfen. Für diese Reparaturarbeit sind eine Handbohrmaschine, Bohrersortiment, Körner, Hammer und ein passender Schraubenausdreher erforderlich. In jedem gut sortierten Werkzeughandel sind die Gewindeausdreher in verschiedenen Größen, die sich nach dem Schraubendurchmesser richten, bereits ab 2 Euro pro Stück erhältlich. In der Praxis benötigt der Motorradschrauber maximal zwei oder drei verschieden große Ausdreher für Schrauben von 3 bis 6 mm, von 6 bis 8 mm und von 8 bis 11 mm Gewindedurchmesser. Entsprechend der Größe des Ausdrehers muss das Loch gebohrt werden. Bis 6 mm Gewindedurchmesser wird ein 2,5 mm Loch gebohrt, bis 8 mm ein 3 mm Loch und bis 11 mm ein 4,5 mm Loch.



Der abgerissene Bolzen wird aufgebohrt


Zunächst wird der abgerissene Bolzen genau mittig gekörnt und danach, in unserem Beispiel handelt es sich um eine Ø 8 mm Schraube, ein 4,5 mm Loch gebohrt. Bei dieser Arbeit muss die Bohrmaschine unbedingt senkrecht auf dem beschädigten Bolzen gehalten werden, andernfalls könnte beim Schiefbohren das Gewinde von dem Gehäuse beschädigt werden. Nun kommt der Schraubenausdreher zum Einsatz und wird in das 4,5 mm Bohrloch gegen den "Uhrzeigersinn", also linksherum, eingedreht. Hat sich der konische Ausdreher fest in den beschädigten Bolzen eingeschnitten, überträgt sich jetzt die Drehkraft auf den Bolzen, und er lässt sich so aus dem Gehäuse schrauben.



Mit dem Schraubenausdreher wird gegen den "Uhrzeigersinn"
das restliche Gewindestück ausgedreht



Der Fall ist gelöst


Im Grunde ist hiermit die Arbeit erledigt, doch kann es nie schaden, das Innengewinde in dem Gehäuse sicherheitshalber mit einem Gewindebohrer nachzuschneiden. Damit sich beim nächsten Werkeln die Schraube problemlos herausdrehen lässt, empfiehlt es sich, auf das Gewinde etwas Kupferfett oder Graphitpuder aufzutragen. Das gilt natürlich auch für alle anderen Schrauben, für das Zündkerzengewinde und sogar für die Radachsen. Dieser Gewinde-Service gilt aber nicht für Schraubverbindungen, die auf Hinweis des Fahrzeugherstellers unbedingt mit flüssiger Schraubensicherung eingesetzt werden müssen. 


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