Technik


"Recht § Pflicht"

Warten, pflegen und reparieren sind längst nicht immer
nur Angelegenheiten der Fachwerkstatt. Will der Biker mit
seiner Maschine sicher über die Runden kommen,
ist er für einige Checks selbst verantwortlich.

Text&Fotos: Winni Scheibe


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Moderne Bikes sind zuverlässig und im Vergleich zu Autos ebenso technisch ausgereift. Im Prinzip müssen Motorräder nur zur vorgeschriebenen Inspektion in die Werkstatt, ansonsten ist Fahrspaß angesagt. Jipi! Dennoch, regelmäßige Technik-Checks sind weiterhin immens wichtig. Egal ob nach dem "Winterschlaf" vor der ersten Ausfahrt, vor einer "Spritztour" am Wochenende oder wenn die große Urlaubsreise bevorsteht. Diese Routinechecks und Wartungsarbeiten lassen sich in drei Rubriken unterteilen


! Erstens:
Dinge, für die jeder selbst verantwortlich ist.

Luftdruck überprüfen

! Zweitens:
Checks, die man selbst durchführen kann, oder einem Fachmann anvertraut.

Ölkontrolle

! Drittens:
Basteleien, von denen man besser die Finger lässt.

Auspuffanlagen und noch so manches mehr...

Wer diese Pflichten auf die leichte Schulter nimmt, oder gar sträflich vernachlässigt, gefährdet nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern auch die Betriebssicherheit seines Fahrzeuges. Aber nicht nur das. Durch Leichtsinn bringt man sich selbst und andere in Gefahr. Wird man von der Polizei erwischt, hagelt es Bußgeld, Punkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei gibt es gratis dazu. Wird man in einen Unfall verwickelt und es stellen sich technische Mängel heraus, kann man eine Mitschuld bekommen, und im schlimmsten Fall verweigert die Haftpflichtversicherung sogar die Übernahme der Kosten. Für Schluderjane keine schönen Aussichten, doch meist ist man ja erst hinterher schlauer. Damit es aber erst gar nicht so weit kommt, hier unsere Tipps.


Die "Muss-Checks"

Motorradfahren ist für viele Saisonsache. Im Herbst wird das Bike abgemeldet, oftmals einfach in die Ecke gestellt und im Frühjahr wieder hervorgeholt. Wer jedoch vor der ersten Ausfahrt nur das Nummernschild anschraubt, kann von Glück reden, wenn nichts passiert. Bangemacherei? Wohl kaum. Denken wir nur an den Luftdruck in den Reifen. Nach monatelanger Standzeit hat sich der Wert nämlich verringert. Die Folge, unsicheres Fahrverhalten. Fazit: sofort ran an die Tankstelle und erst mal den Luftdruck kontrollieren. Wie viel bar korrekt in die Pneus kommt, steht im Fahrerhandbuch oder lässt sich beim Vertragshändler erfragen. Geprüft wird grundsätzlich nur bei kalten Reifen, aber nicht nur alle Jubeljahre, sondern alle zwei Wochen, am besten sogar vor jeder längeren Ausfahrt.
Genau wie zu geringe oder viel zu hoher Luftdruck gefährden auch abgefahrene Reifen das Fahrverhalten. Hat man das Gummi bis aufs Textil abgewetzt, ist bei einer Polizeikontrolle ein saftiges Bußgeld fällig. Die Märchen, komme gerade vom TÜV oder einer langen Urlaubsreise, ziehen bei den Beamten längst nicht mehr. Soll das Bike auf trockener wie auch auf nasser Straße Betriebs- und Fahrsicherheit gewährleisten, sind zwei Millimeter Profiltiefe der absolute Grenzwert.



Profilkontrolle

Dass nur die Gummiwalzen aufgezogen sind, die auch in den Fahrzeugpapieren stehen, versteht sich eigentlich von selbst. Aber nicht nur für einwandfreie Bereifung ist der Motorradfahrer selbst verantwortlich, auch die Beleuchtungsanlage und das Signalhorn müssen in Ordnung sein. Ist etwas kaputt oder eine Lampe defekt, hat man umgehend Sorge dafür zu tragen, dass es wieder funktioniert. Traut man sich den Austausch der Glühlampe selbst nicht zu, muss das Fahrzeug unverzüglich zum Fachmann. Motorräder müssen alle zwei Jahre zur technischen Hauptuntersuchung. Für die Einhaltung des Termins ist jeder Fahrzeugbesitzer zuständig. Eine Aufforderung flattert nicht ins Haus. Wann der Termin ist, lässt sich mit einem Blick auf den "TÜV-Stempel" auf dem Nummernschild oder im Kfz-Schein ersehen. Wird der Prüftermin jedoch überzogen und man wird erwischt, kostet das ebenfalls jede Menge sauer Erspartes.



Die "Kann-Checks"

Im Prinzip hat der Biker an der Bremsanlage nichts zu suchen. Doch sollte er wissen, dass sich mit einem kurzen Blick sofort erkennen lässt, wie es um die Stopper bestellt ist. An den Verschleißmarkierungen von Scheibenbremsklötzen oder der Hebelei von Trommelbremsen lässt sich deutlich ablesen, wie weit die Bremsbeläge abgenutzt sind. Wer sie bis aufs Eisen abhobelt, braucht nach einem Unfall nicht mehr nach Ausreden zu suchen. Er trägt die Schuld!


Bremsbeläge noch OK?

Bremsflüssigkeitsstand noch OK?

Kühlwasser noch OK?

Kettenpflege OK?


Auch dem Bremsflüssigkeitsstand muss Augenmerk geschenkt werden. Ein kurzer Blick aufs Schauglas im Vorratsbehälter lässt erkennen, ob noch genügend von diesem lebenswichtigem Saft vorhanden ist. Stellt man eine Unregelmäßigkeit fest oder ist man unsicher, führt der nächste Weg in eine Fachwerkstatt. Denn: Hände weg, Arbeiten an der Bremsanlage dürfen nur dort ausgeführt werden! Zur Pflicht gehört es, einmal im Jahr die Bremsflüssigkeit vom Fachmann erneuern zu lassen.

Anders sieht es bei kleinen Wartungs- und Pflegearbeiten aus. Hier kann man zwischen den vom Hersteller vorgeschriebenen Inspektionen mit wenigen Handgriffen nicht nur Kleingeld sparen, sondern selbst etwas für die Betriebssicherheit tun und obendrein sein Bike besser kennenlernen. Am einfachsten ist die Ölkontrolle. Manche Viertakt-Motoren verbrauchen mehr, andere weniger. Liegt der Konsum jedoch deutlich über einem Liter pro 1000 km, sollte man schleunigst die Fachwerkstatt aufsuchen. Als Faustregel für den Ölcheck gilt, bei jedem zweiten Tankstopp oder alle 500 Kilometer. Dazu muss das Motorrad genau senkrecht und mit beiden Rädern auf ebenem Asphalt stehen. Ist der betriebswarme Motor abgestellt und sind etwa zwei Minuten verstrichen, wird durch einen Blick ins Schauglas oder durch das Ablesen des Peilstabes die Höhe des Öl-Niveaus festgestellt. Zu wenig, aber auch zuviel Schmierstoff kann zu Motorschäden führen. Nicht nur beim Auto kann der "Kühler kochen", auch viele Motorradtriebwerke werden inzwischen flüssigkeitsgekühlt. Am Ausgleichsbehälter lässt sich der Kühlflüssigkeitsstand ablesen. Fehlt was, wird nachgefüllt.
Um die Batterie muss man sich bei modernen Motorrädern keine Gedanken machen. Sie sind durchweg mit wartungsfreien Batterien ausgerüstet. Sie benötigen also keine Pflege. Nur bei älteren Semestern reduziert sich im Laufe der Betriebszeit der Säurestand. Ist der Pegel unter die Minimalmarkierung gesunken, muss destilliertes Wasser nachgefüllt werden, das es an jeder Tankstelle, im Kfz-Handel und im Supermarkt gibt.
M
otorräder mit Antriebsketten, auch wenn es eine O-Ring-Kette ist, benötigen Pflege und Wartung. Soll sie lange halten, kann sich kein Biker vor dieser Arbeit drücken. Antriebsketten sind Verschleißteile und müssen in regelmäßigen Abständen mit Kettenspray geschmiert werden. Am besten ist es, wenn man das Gliederwerk gleich nach dem Ausflug von innen nach außen einsprüht. Bis zum nächsten Morgen hat sich das Lösungsmittel verflüchtigt, und der Schmierstoff haftet gut an den Gliedern. Ab und zu muss die Kette allerdings auch gespannt werden. Denn je nach Pflege, Fahrstil und Betriebszeit wird die Kette immer länger. Wenn sie durchhängt, stellt man das Motorrad auf den Haupt- oder einen Schnellständer. Das Hinterrad muss auf jeden Fall freistehen. Bevor man nämlich nachspannt, muss man zunächst am Hinterrad drehen und die strammste Stelle der Kette suchen, denn sie könnte sich ungleichmäßig längen. Ist die strammste Stelle gefunden, wird das Motorrad in dieser Position abgebockt und mit einer Person belastet. Erst jetzt wird die Kette gespannt. In der Mitte zwischen Hinterachse und Getrieberitzel sollte sie etwa "Zwei Finger hoch", das sind 15 bis 20 Millimeter, Spiel haben. Eine ungeschmierte, zu fest gespannte oder weit durchhängende Kette ist dagegen hohem Verschleiß ausgesetzt und birgt vielfältige Gefahren in sich. Sie kann reißen und dabei den Motorblock zerschlagen oder gar einen Unfall verursachen.
A
usfahrten zu zweit oder Urlaubsfahrten mit Gepäck verlangen besondere Vorkehrungen. Der Luftdruck in den Reifen wird über den Standardwert um 0,2 bar erhöht. Federelemente, die Verstellmöglichkeiten bieten, müssen entsprechend anders justiert werden. Ist die Fuhre bepackt und tief in die Federn gesackt, wird mit dem Bordwerkzeug die Federvorspannung erhöht. Danach befindet sich die Maschine wieder auf ihrer fahrdynamischen Basis, die Federelemente schlagen nicht so schnell durch, und für Schräglagenfreiheit ist wieder gesorgt.




Putzen und Polieren ist weder ein vorgeschriebenes Muss noch ein Soll. Die meisten kleinen und großen Mängel am Motorrad lassen sich allerdings beim "Großreinemachen" so am schnellsten finden und erkennen. Das können zum Beispiel lose Speichen, eine angescheuerte elektrische Leitung, Lackschäden oder eine verlorene Schraubverbindung sein. Wer sich in diese Arbeit richtig hineinkniet, lernt sein Bike besser kennen und verstehen. Und obendrein hat das Ganze auch noch den Vorteil, dass man damit den Wert erhält und zusätzlich etwas für die Betriebs- und Verkehrssicherheit macht.


"Finger weg"



Hiermit sind sämtliche Bastler- und Schrauberkunststücke gemeint, die das Bike schöner, lauter, stärker und schneller machen. Gemeint sind sogenannte Frisiermaßnahmen, die auf eigene Faust und ohne abschließende TÜV-Prüfung erfolgen, sozusagen illegales Tuning. Nach gut informierten Kreisen verzichtet rund die Hälfte aller Heim- und Edeltuner auf diesen bürokratischen Weg, nachträgliche Eintragungen in die Fahrzeugpapiere finden sie einfach lästig. Um welche Modifikationen es sich im Einzelnen hierbei handelt, soll nur an einigen Beispielen aufgezählt werden. Da wäre zunächst einmal die Auspuffanlage. Ein Racingtopf bringt zwar nur äußerst selten mehr Leistung, dafür aber einen Mordssound. Und damit auch jeder mitbekommt, dass man so ein Rohr am Bike hat, wird der Gashahn natürlich kräftig aufgedreht. Sicherlich eine der leichtesten Arten, sich jede Menge Feinde zu schaffen.

Zwar nicht laut, aber auch grell ist ein superbreiter Hinterradschlappen. Am besten gleich so eine Walze, dass das Bike ohne Haupt- und Seitenständer von alleine stehen bleibt. Für eine coole Sitzposition sorgen hoher Chopperlenker und vorverlegte Fußrasten. Wer die Show liebt, bastelt Lämpchen und Blinklichter ans Bike. Andere stehen aufs Puristische, kein Blech, keine Deckel soll den Blick auf das Wesentliche verhindern, die serienmäßige Verkleidung und vieles mehr landet auf dem Speicher. Schließlich sind echte Streetfighter immer etwas illegal.




Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen, nach jeder baulichen Änderung, die weder vom TÜV abgenommen wurde noch in den Fahrzeugpapieren steht, erlischt automatisch die Betriebserlaubnis. Man fährt ohne Zulassung und ohne Versicherungsschutz! Nicht ganz so schlimm, aber auch noch ganz schön teuer sind die "kleinen Sünden", die vom Gesetzgeber im Bußgeldkatalog festgelegt worden sind. Zur Beruhigung darf allerdings gesagt werden, dass bei mehreren Verstößen die Tatbestände nicht automatisch gleich zusammengezählt werden. Es wird jeweils nur das schwerwiegendste Vergehen geahndet. So die Regel. Die Bußgeldbehörde kann allerdings bei mehreren Verstößen das Bußgeld auch auf eine Zwischensumme festlegen. Brenzlig wird es für Leute, die noch in der Führerscheinprobezeit stecken. Wer sich hier Bockmist leistet, wird nicht nur ordentlich zur Kasse gebeten, er muss zur Nachschulung und im schlimmsten Fall die Fahrkarte sogar noch einmal neu machen. 


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