Technik


Reifenmontage

"Frisch besohlt"

Mit Know-How lassen sich schlauchlose Reifen
auch Zuhause montieren.
Wir zeigen, wie's gemacht wird.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werk


Es gibt einige Arbeiten, vor denen sich manche Biker gern drücken. Zum Beispiel der Reifenwechsel. Das Feuerross wird in der Fachwerkstatt abgegeben und frisch besohlt wenig später abgeholt. Auch gut sortierte Reifenhändler sind mittlerweile mit Montagegeräten für Motorradreifen ausgerüstet. Hier muss man aber meist das Rad selber aus- und wieder einbauen. Der Pneu-Fachmann kümmert sich in aller Regel nur um die Montage der neuen Decke.

Doch was tun, wenn weder der Motorradspezialist noch der Reifenhändler um die Ecke einen Termin frei hat. Nun, dann greift man eben selber zum Werkzeug und schmeißt den neuen Reifen in Eigenregie auf die Felge. Im Gegensatz zu Schlauchreifen lassen sich nämlich schlauchlose Decken recht problemlos wechseln. Zuerst muss das Rad ausgebaut und die Luft abgelassen werden. Ist die Felge und der Reifen verschmutzt, wird das Rad gründlich gesäubert. Besonders bei Kettenantrieb ist in den meisten Fällen das Hinterrad vom Kettenspray stark verschmutzt. Da aber schlauchlose Reifen 100prozentig luftdicht mit dem Felgenwulst abschließen müssen, ist hier große Sorgfalt erforderlich. Schmutzreste können nach Montage der neuen Decke einen schleichenden Plattfuß bewirken.

 


Im Schraubstock wird die Decke
behutsam "abgedrückt"

Das Rad wird so auf den Fußboden gelegt, dass die Bremsscheibe nach oben zeigt. Bei Vorderradfelgen mit Doppelbremsanlage wird auf jeden Fall ein Tuch unterlegt. Mit dem Stiefelabsatz wird nun die Decke in das Tiefbett gedrückt. Ist dies so nicht möglich, wird die Decke in einen Schraubstock gespannt und in das Felgenbett gedrückt. Bei dieser Arbeit darf man aber auf keinen Fall die Felge beschädigen. Damit sich der Reifenwulst danach einfacher über das Felgenhorn hebeln lässt, werden sie entweder mit Montagepaste oder Seifenwasser eingestrichen. Noch einmal wird die Decke in das Felgenbett gedrückt und nun mit dem Montagehebel über den Felgenrand gehievt. Zwischen das Werkzeug und die Felge wird ein festes Tuch gelegt. Ist der erste Widerstand gebrochen, lässt sie sich per Hand einfach von der Felge drücken.

 



Bevor die neue Decke aufgezogen wird, muss das Felgenbett mit einem sauberen Lappen gereinigt und der Ventilkörper auf Beschädigung untersucht werden. Zeigen sich feine Risse, muss man das Ventil unbedingt erneuern. Vor dem Aufziehen unbedingt die Reifenlaufrichtung beachten! Die Wulste werden jetzt mit der Montagepaste oder dem Seifenwasser eingestrichen und per Handkraft über den Felgenrand gezogen. Nur wenn sich die Decke nicht ganz über den Felgenrand drücken lässt, sollte man die Montagehebel zur Hilfe nehmen. Auch hier wieder einen Lappen zwischen das Werkzeug und die Felge legen, denn Aluminiumfelgen verkratzen bei Unachtsamkeit sehr schnell.




Da es unmöglich ist, per Luftpumpe die neue Decke aufzupumpen, muss man mit dem Rad an eine Tankstelle fahren. Ohne Ventileinsatz wird nun Druckluft eingepumpt. Entweicht hierbei die Luft zwischen dem Wulst und der Felge, muss per Handruck das frische Pneu an die Felgenkante gedrückt werden. Will sich die neue Decke trotzdem nicht an den Felgenrand anlegen, hilft nur ein bewährter Schraubertrick. Mit Hilfe eines Spannbandes wird der Mantel in der Laufmitte etwas zusammengedrückt. Nach aller Erfahrung lässt sich nun die Luft in den Reifen pumpen. Damit sich die Decke richtig setzen kann, wird bis maximal 3,5 bar aufgepumpt. Sitzt sie nun korrekt in der Felge, wird das Ventil eingeschraubt und der vorgeschriebene Luftdruck eingefüllt.
Der richtige Luftdruck in den Reifen  ist sehr wichtig. Immer! Besonders nach monatelanger Standzeit hat sich der Wert verringert. Die Folge: unsicheres Fahrverhalten. Fazit: sofort ran an die Tanke und erst mal den Luftdruck checken. Wie viel Bar korrekt in die Pneus kommt, steht im Fahrerhandbuch oder lässt sich beim Vertragshändler erfragen. Geprüft wird grundsätzlich nur bei kalten Reifen, aber nicht nur alle Jubeljahre, sondern alle  zwei Wochen, am besten sogar  vor jeder  längeren Ausfahrt!

Nicht nur das Vorderrad, sondern auch das Hinterrad sollte ausgewuchtet werden. Wer kein eigenes Wuchtgerät besitzt, muss mit dem Rad in die Fachwerkstatt.

 

 


Ist das Rad eingebaut, unbedingt darauf achten, dass alle Schrauben ordentlich festgezogen sind. Beim Hinterradeinbau kann hierbei gleich die Kettenspannung überprüft und gegebenenfalls gespannt werden.



Auch Multi-Weltmeister Rossi weiß:
Nur gut angefahrene Reifen haben ordentlich Grip
(Foto: Werk)


Auch Reifen müssen eingefahren, oder treffender gesagt, angefahren werden. Für neue Pneus bedeutet das in der Praxis: Gewaltbremsungen, starkes Beschleunigen und "Schräglage bis zum Umfallen" vermeiden. Erst wenn nach etwa einem Tag die Reifenmontagepaste oder das Seifenwasser sich restlos verflüchtigt hat und die Gummioberfläche angerauht ist, gewährleistet der Pneu ordentlichen Grip auf dem Asphalt. Aus diesem Grund also die ersten Kilometer verhalten fahren!


Gute Fahrt!


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