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Cool Running


In der Motorradszene mangelt es an Nachwuchs.
Und Moped-Cliquen wie früher gibt es auch nicht mehr.
Sagt man. Alles falsch! In und um  Tuchenbach kurven
Jugendliche mit ihren 125ern über die Chaussee.
Und was sagen die  Eltern dazu? Sie finden
es prima und erinnern sich an ihre Jugend!

Text&Fotos: Winni Scheibe




Paul Fischer, 17, lässt seinem Unmut freien Lauf: "Politiker und alle, die etwas zu sagen haben, sollten mal eine Woche lang auf einer 125er mit maximal 80 Stundenkilometern Spitzengeschwindigkeit rumjuckeln. Spätestens dann wüssten sie, was sie uns damit antun. Jeder Schulbus brettert mit 100 Sachen und oft auch schneller über die Landstraße. Wir sind auf unseren 125er für die und sogar für viele Laster doch die reinsten Schikanen. Da werden gefährliche Überholmanöver fabriziert, dass einem angst und bange werden kann. Mit Verkehrssicherheit hat die 80-km/h-Beschränkung für Leichtkrafträder überhaupt nichts zu tun." Der 17-jährige Schüler aus Tuchenbach muss es wissen. Seit gut einem Jahr ist er stolzer Besitzer einer Yamaha TZR125 von 1997. Gut 15.000 km hat er in seiner ersten Motorrad-Saison abgespult.  Der tägliche Schulweg macht rund 20 km aus. Das ist die Pflicht, danach folgt die Kür.



Tuchenbacher Moped-Cliquen:
Hanni, Paul, Basti, Manu, Andy





                                            Cross-Lehrgang:
                                Basti hört Hanni aufmerksam zu


Selbstbewusst betont Paul: " "Eigentlich treffe ich mich in der Woche paar mal mit meinen Freunden Hanni, Basti, Andy, Butzi und Manu. Was wir dann machen, entscheiden wir ganz spontan. Entweder wir fahren zum Baden oder in die Kiesgrube zum Offroad-Training oder zu anderen Freunden in die Nachbarschaft, auch mal in die Eisdiele nach Langenzenn oder zu unserem Treff im Ort. Langweilig wird es uns so schnell nicht. Unsere weitesten Wochenendtouren gingen nach Südtirol, und ins Erzgebirge.  Manchmal steht aber auch das Schrauben an. Wir reparieren an unseren Maschinen nämlich alles selbst, die Kisten müssen ja schließlich laufen."



Eisdiele in Langenzenn 
Paul mit seinen Freunden 


Pauls Vater fuhr 1981 zwei Motorradweltrekorde

Die 100 und 1000 km-Weltrekord-Titel  gingen
auf das Konto von Hennes Fischer



Vintage-Veranstaltungen 2003 in Misano/Italien
Motorradexperte und Hobby-Oldtimer-Racer Hennes Fischer mit Sohn Paul


Anders als zunächst erwartet laufen die Eltern gegen die Zweiradambitionen ihrer Sprösslinge keineswegs Sturm. Einige fahren selbst Motorrad oder Roller oder haben eine Zweiradkarriere hinter sich. Sie erinnern sich noch gut an ihre Jugendzeit und was ihnen damals Spaß gemacht hat, können sie ihren Kindern natürlich unmöglich verbieten. Der Vater von Paul, Hennes Fischer, ist leidenschaftlicher Biker und ausgewiesener Motorradexperte. Mitte 1981  ging der Tageszeitungs-Journalist von den Nürnberger Nachrichten zum Fachmagazin "Motorrad" nach Stuttgart. Schon wenig später konnte der junge Motorradtester seine Vollgastauglichkeit unter Beweis stellen. Mit den Kollegen Siggi Güttner, Peter Maierbacher und Kalli Hufstadt wollte das Quartett mit einer auf 120 PS getunten und über 250 km/h schnellen Suzuki GSX1100 auf Weltrekordjagd gehen. Am 25.10.1981 purzelten auf der süditalienischen Teststrecke "Nardo" dann auch gleich die Weltrekord-Marken für 10, 100, 1000 Kilometer und für eine Stunde Dauertempo. Die 100 und 1000 km-Weltrekord-Titel  gingen auf das Konto von Hennes Fischer.

Nach gut zwei Jahren bei "Motorrad" wechselte der Mittelfranke zum Konkurrenz-Blatt "MO".  1986 kam ein verlockendes Angebot von der Yamaha Europa-Niederlassung in Amsterdam. Seit 2003 hat er sein Büro in Mailand und pendelt meist mit dem Motorrad zwischen Deutschland und Italien. Mit seinem enormen Fachwissen über den deutschen und europäischen Markt ist er für den zweitgrößten Motorradhersteller der Welt genau der richtige Mann für die Produktplanung und  Entwicklung neuer Modelle.


Oldtimerfans unter sich:
Hennes und Paul Fischer, Waldi Nieser



Japan-Reise 1985
Hennes Fischer (Mitte) zu Besuch bei Tuning-Guru
Pops Yoshimura (links)
Zufällig war auch die neuseeländische Rennfahrerlegende Graeme Crosby bei Pops


Verschmitzten lässt der Tuchenbacher mit einem Schmunzeln wissen: "In meiner Familie gehören Motorräder zum Alltag. Meine Frau und unsere vier Kinder kennen es überhaupt nicht anders. Paul ist mit dem Benzingeruch in der Nase aufgewachsen. Früher bin ich aktiv Rennen gefahren, inzwischen hängt mein Herz am Oldtimersport. So wie es die Zeit zulässt, fahre ich mit meiner Maico RS125 und Yamaha TZ250 Production-Racer bei Vintage-Veranstaltungen im In- und Ausland mit. Beide Maschinen habe ich selbst restauriert.  Paul hat mir oft dabei geholfen, auch zu den Rennen ist er als 13 und 14-jähriger gerne mitgefahren," plaudert Hennes Fischer aus der Familienchronik. "Doch als er 15 wurde, haben wir unseren Jungen plötzlich  nicht mehr wiedererkannt. Er hatte nur noch Flausen im Kopf, es ließ sich kein vernünftiges Wort mehr mit ihm reden, in der Schule stand es auch nicht zum Besten, es war zum Verzweifeln."


Für den Führerschein wurde eisern gespart

Paul mischt sich ein und lacht: "Ja, ja, das war damals eine echt chaotische Zeit. Ich glaube, da bin ich meinen Eltern ziemlich auf die Nerven gegangen".  Wenn man ihm so zuhört, könnte man fast meinen, es ist eine Ewigkeit her.    Vater Hennes erzählt weiter. "Vor seinem sechzehnten Geburtstag kam er dann an und wollte den Führerschein machen. Ich hab ihm gesagt, kein Problem. Die Kosten für die Ausbildung muss du dir aber selbst verdienen. Wenn du den Schein hast, besorge ich dir dafür eine gebrauchte Yamaha TZR125."


Yamaha-Fan:
Paul Fischer


Das Geschäft wurde per Handschlag abgemacht.  Paul legte sein Taschengeld auf die hohe Kante und um die benötigten knapp 1000 Euro zusammen zu bringen jobbte er nach Schulschluss beim seinem Onkel auf dem Bauerhof. Vom Vater gab es im Herbst 2004 eine Yamaha TZR125 mit rund 6300 km auf dem Tacho. Versprochen ist schließlich versprochen. In Pauls Freundeskreis blieb die Geschichte natürlich kein Geheimnis. Auch Hanni, Basti und Andy waren inzwischen in der Fahrschule, Butzi und Manu hatten ihre "Fahrkarte" bereits.



Die Helden von Tuchenbach
Basti, Paul, Andy, Manu, Hanni


Hennes Fischer erinnert sich:
"Pauls wieder aufgeflammte Motorradbegeisterung war auf seine Kumpels übergesprungen. Wenn sie bei uns zu Haus waren, fragten sie nach Motorradzeitungen, borgten sich Motorrad-Kataloge aus und anstelle in ihrem Partyschuppen trafen sie sich immer öfter in meiner Hobbywerkstatt."
Hier bastelten sie an Pauls TZR herum, diskutierten stundenlang über Valentino Rossis MotoGP Erfolge und schraubten aus vielen Einzelteilen eine "Cross taugliche" Yamaha DT 80 zusammen, mit der sich ihr Fahrkönnen in einer stillgelegten Kiesgrube perfektionieren sollte. Auf die Frage, was für Paul das Hightlight in der vergangenen Saison war, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: "In den Sommerferien war ich mit meinem Vater in Tschechien. Auf der Rennstrecke in Brünn wurden Testfahrten mit neuen Yamaha Modellen durchgeführt. Es war auch eine Yamaha TZR125 in offener Version mit 34 PS dabei. Ich durfte, so oft ich wollte, mit der Maschine fahren. Spitze ging die fast 180 Sachen. Das war ein echt geiles Erlebnis."



Tuchenbacher "Yamaha-Cup"


In der Clique sind sich alle einig, noch etwas über ein Jahr und dann machen sie den Motorradführerschein. Ihr Traumbike kennen sie auch schon: die Yamaha YZF-R6. Nur Andy liebäugelt mit der Kawasaki Ninja ZX-6R. Aber vielleicht entscheidet er sich ja doch für eine R6, dann wäre der Tuchenbacher "Yamaha-Cup" komplett. 


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