Spezialisten
in Deutschland |
Interview mit Yamaha XT500 Spezialist Meinold
Müller
Single-Experte
Eintöpfe haben in der Regel ein Haltbarkeitsdatum.
Bei der Yamaha XT500 zählen dagegen andere Werte.
Dass es noch lange so bleibt, dafür sorgt Meinold Müller.
Das Interview mit Meinhold Müller (MM) führte Winni Scheibe
(WS)
Fotos: Winni Scheibe, Yamaha |

XT-Guru: Meinold Müller
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WS: Kaum ein anderes Motorrad wie die Yamaha XT500 verkörpert Freiheit,
Abenteuer und Wüstendurchquerung, was ist daran dran?
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MM: Viel, eigentlich
alles. Der enorme Erfolg des Singles basiert auf diesen Lifestyle, wie man
heute sagen würde. Aber mal im Ernst, der Single wurde ja von Yamaha für
das wichtige Export-Land Nordamerika konzipiert. Für die damaligen offroad-angefressenen US-Biker präsentierte das Werk im Herbst 1975 in der
Wüstenmetropole Las Vegas den kernigen Viertakter als TT500 Moto Cross und
XT500 Enduro. Die XT500 wurde dann weltweit zum echten Allrounder, für die
Straße, zum Verreisen, für Abstecher auf Schotterpisten und zum Rumtoben
im leichten und schweren Gelände. So etwas hat es bis dahin noch nicht
gegeben. Und als 1979 und 1980 der Franzose Cyril Neveu mit der XT500 die
knochenharte Rallye Paris-Dakar gewonnen hatte, war der Mythos von der
Wüsten-Enduro geboren. Alle weiteren nationalen und internationalen
Geländesport-Erfolge sowie Berichte über spektakuläre Wüstendurchquerungen
und Abenteuerfahrten füllen Bücher. Diese Geschichten liegen zwar
inzwischen weit zurück, sie haben sich aber fest im Gedächtnis der XT-Fans
eingebrannt.
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"Das Männer-Motorrad"
Yamaha XT500 Enduro von 1977
(Foto: Yamaha)
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WS: Mythos Yamaha XT 500, ein Männer-Motorrad? |
MM: In den 1970er Jahren waren es junge Burschen,
die das Motorrad für Spaß, Sport und Abenteuer für sich entdeckt haben.
Die echten Kerle konnten ihre Maschinen an jeder Straßenecke reparieren,
die Technik kannten sie in- und auswendig. Auf einen elektrischen Anlasser
pfiffen sie, ein kräftiger Tritt auf den Kickstarter und der Motor lief.
Wer das nicht schaffte, war ein Waschlappen. Das war kein Klischee, das
war ihre feste Überzeugung, für mache sogar eine Weltanschauung. Auch in
Testberichten wurde von der Presse der Single als kerniger, ursprünglicher
Dampfhammer gefeiert. Für Werbeaufnahmen stellte Yamaha die XT500 in den
Wüstensand oder ließ XT-Enduristen durchs Gelände knüppeln. Maßgeblich mit
beteiligt am Mythos Männer-Motorrad waren die damals üblichen
Stammtischgespräche über die Kunst des Antretens. Die Erzählungen
reichten von akrobatischen Verrenkungen bis zu gebrochenen Fußknochen
durch den zurückschlagenden Kickstarter. Um ehrlich zu sein, alles
Quatsch.
Wer sich an die Zeremonie hält, sollte es problemlos schaffen. Benzinhahn
öffnen, Choke ziehen, Zündung einschalten, mit dem Kickstarter den Kolben
auf Kompression bringen, der Kickstarter steht ebenfalls oben. Nun den
Dekompressionshebel ziehen und den Kickstarter auf "Viertel-vor-Zwölf" herabtreten. Ohne Gas wird der Motor nun angekickt und läuft. Das schaffen
auch 50-kg-Frauen und bei XT-Treffen bringen Experten den Motor mit der
Hand zum Laufen. So weit zum Thema Männer-Motorrad.
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Mit etwas Geschick lässt sich die XT prima
warten
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WS: Einfache Technik, etwas für Selbst-Schrauber?
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MM: Im Prinzip ja. Als die XT500 auf den Markt kam, kannten sich die
Motorradfahrer mit der Technik noch ganz gut aus. Pflege, Wartung und
Reparaturen wurden selbst erledigt. Bei der XT500 ist das ja auch kein
Hexenwerk. Wer damals mit der 500er Enduro bis ans Ende der Welt fahren
wollte, dem blieb allerdings auch nichts anderes übrig. Und genau deswegen
war die XT500 ja auch so beliebt. Mit etwas Geschick und dem
entsprechenden Ersatzteilvorrat in den Seitenkoffern, ließen sich fast
alle Defekte mit dem Bordwerkzeug am Straßenrand beheben.
Heute sieht es anders aus. Abgesehen von wenigen Ausnahmen sind es Sammler
und Single-Fans, die eine oder mehrere XTs besitzen. Zum Selbst-Schrauben
haben sie vielfach kaum Zeit. Für diese Leute sind wir da, wir erfüllen
jeden Wusch von der 100prozentigen Restauration bis zum individuellen
Umbau.
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Reisen und Rasten, Pannen sind die Ausnehme
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WS: Panne on Tour, kann sich der Fahrer selbst helfen?
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MM:
Zunächst einmal, ist die XT pikobello in Schuss und wird artgerecht
behandelt, geht nichts kaputt. Das war früher so und daran hat sich bis
heute nichts geändert. Wo nicht viel dran ist, kann auch nicht viel kaputt
gehen. Falls doch, kann es nur eine defekte Zündkerze oder Sicherung,
verstellte Zündung oder Vergaser sein. Mit etwas Geschick oder
Improvisationskunst bekommt man den Single wieder zum Laufen.
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Franz Wayand mit seinem klassischen BSA 500 Gold Star
"Dampfhammer"
zu Besuch beim Single-Experten Meinold Müller in Blankenau
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WS: Fan-Kreis, fahren junge Leute auf die XT ab? |
MM:
Leider nein. Das Interesse für die XT-Modelle liegt ganz eindeutig in der
Altersgruppe über 40 Jahren, meist sind sie aber etliche Jahre älter. Es
ist halt ihre Erinnerung an die Blütezeit der XT, die sie fasziniert.
Viele haben damals von dem Single geträumt, waren entweder zu jung oder
konnten sich noch keine XT leisten.
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Yamaha "Ur" XT500 von 1976
(Foto: Yamaha) |
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WS: Schnelllebigkeit. Wertverlust, Wertanlage? |
MM: Keine andere japanische Maschine wurde rund
15 Jahre lang kaum verändert produziert. Das will schon mal etwas heißen.
Eine gebrauchte XT gibt es kaum unter 2000 Euro. Soll die Enduro
ordentlich restauriert werden, sind schnell 6000 Euro, bei hohem Anspruch
auch 8000 Euro fällig. Picobello überholte XTs, besonders die Enduros aus
den ersten Modelljahren, können Preise bis 10.000 Euro erreichen.
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"Familien-Treffen"
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WS:Ist die XT bereits ein Kult-Bike?
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MM: Keine Frage, ja. In der Hitliste der
Japan-Klassiker stehen drei Maschinen ganz oben. Auf Platz eins die Honda
CB750 Four als erstes Vierzylinder-Großserienmotorrad, dann die Kawasaki
Z900 "Z1" als erstes Big-Bike und dann die Yamaha XT500 als Ur-Ahne der
Enduro-Generation.
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"Erbengemeinschaft"
Yamaha XT500 von 1975 und Yamaha XTZ1200
Super Ténéré von 2010 |
WS: Hätte die XT500 heute eine Marktchance?
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MM: Meiner
Überzeugung nach ja. Eine neue Yamaha XT500 müsste im Outfit der 1970er
Jahre daher kommen, allerdings mit Einspritzanlage, G-Kat, Scheibenbremsen
und ABS, Kick- und E-Starter. Als Enduro mit Speichenrädern und das
Fun-Modell mit Gussfelgen. Alles andere wie gehabt, leicht, handlich,
niedrige Sitzposition und ein bezahlbarer Preis. Die neue Yamaha XTZ1200
Super Ténéré hat leider nur den Namen von der Ur-XT geerbt.
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Beim Ersatzteil-Nachschub sind die Connections das A und O |
WS: Gibt es noch Ersatzteile? |
MM: Wenn
ein XT-Besitzer zu einem Yamaha Händler geht, kann er dort noch etliche
Ersatzteile bekommen. Es ist allerdings nicht mehr alles vorrätig. Bei
Tanks, Motorgehäusen, Auspuffanlagen und Kunststoffteilen kann es Probleme
geben. Mein Teilelager ist mit original Neuteilen und Nachbauteilen gut
sortiert. Aber in manchen Fällen muss ich auf gebrauchte Teile
zurückgreifen, die jedoch astrein restauriert werden. Bei der Lackierung
vertraue ich auf meinen langjährigen Freund und Kollegen
Rainer "Lacky"
Lindemann in 34439 Willebadessen-Eissen und bei der Überholung von
Kurbelwellen verlasse ich mich auf die Fachkünste von
Großewächter in
32139 Spenge. Die Instandsetzung von Tachos und Drehzalmesser erledigt ein
Spezi aus dem XT-Club. |

Yamaha XT500 Experte
Motorrad-Müller
Kasseler Straße 11
37688 Beverungen - Blankenau
www.motorrad-mueller.net
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WS: XT-Szene, wo macht man sich schlau? |
MM:
Das Interesse an der XT-Baureihe ist enorm (der XT-Guru lacht). Wer Information sucht,
Kontakte knüpfen will oder sonst etwas über den Single wissen möchte, darf
sich jederzeit an mich wenden. Oder man gibt in den bekannten
Internet-Suchmaschinen die Schlagworte "Yamaha XT500" ein und wird bestens bedient.
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WS: Herr Müller wir bedanken uns für das Gespräch |