| Vergaser reinigen
 
 "Kanal-Reiniger"
 Vergaser sind hochsensible
        Bauteile.Besonders empfindlich reagieren sie auf Dreck.
 Hustet und
        spuckt der Motor, ist es an der Zeit,
 die Mischfabrik gründlich
        durchzublasen.
 
 Text&Fotos: Winni Scheibe
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  "Sechs Zylinder - sechs Vergaser"
 Der CBX-Motor läuft nur rund, wenn die Vergaser einwandfrei funktionieren
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  BSA A75R Rocket-Motor mit drei 
        Amal-Concentric-Vergasern
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      | Motoren können 
        manchmal nerven. Schlechtes Anspringen ist ein Alarmzeichen. 
        Zündaussetzer, ungleichmäßiger Leerlauf und wer weiß was noch für 
        Ungereimtheiten bringen den Biker ganz schön in Stress. Systematisch 
        werden Kabelverbindungen zur  Zündspule, Zündkabel, Kerzenstecker, 
        Zündkerzen, Benzinzufuhr und sogar das Ventilspiel sorgfältig überprüft. 
        Doch das Aggregat streikt weiterhin, steckt der "Wurm" vielleicht in 
        der Vergaseranlage?
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  "Vergaser-Durchblick"
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      | Bei
        den Autos ist diese Apparatur längst aus der Mode gekommen. Moderne
        Einspritzanlagen in Verbindung mit schadstoffmindernden G-Kats haben
        ihren Platz eingenommen. Strenge gesetzliche Abgasvorschriften machen im
        PKW-Bereich diese Systeme zwingend notwendig. Bei Motorrädern erschien
        dies für einen Großteil der Hersteller bis zur Jahrtausendwende nicht erforderlich.
        Abgesehen von wenigen Ausnahmen verrichteten bis weit in diese Zeit antiquierte Vergaser
        ihren Dienst. Die Bandbreite reicht vom einfachen Rundschieber-Vergaser
        über Gleichdruck-Vergaser bis hin zu hochmodernen
        Flachschieber-Rennvergasern. So unterschiedlich und aus welcher Epoche
        die Mix-Apparatur auch ist, eines haben alle gemeinsam: sie sollen den
        Motor in jedem Drehzahlbereich und unter allen Betriebszuständen mit
        dem richtigen Kraftstoff/Luft-Gemisch versorgen. Was richtig ist,
        schreiben chemische Zusammenhänge vor. Für eine optimale Verbrennung
        im Zylinderkopf muss zu einem Kilogramm handelsüblichen Kraftstoffes 14,7
        Kilogramm Luft zugemischt werden. Dieses Verhältnis wird als Lambda=1
        bezeichnet.
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  Amal-Vergaser von der 500er Velocette
        Venom Thruxton
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      | Um
        annähernd diesen Idealzustand zu erreichen (moderne Vergaser schaffen
        dies aber nur selten!), müssten und müssen sich die
        Vergaser-Konstrukteure immer wieder was Neues einfallen lassen.
        Genügten im frühen Fahrzeugbau einfache Vergaser mit simplen
        Düsen-Systemen, wuchsen die Ansprüche im Laufe der Zeit und mit
        Weiterentwicklung der Triebwerke gewaltig. Egal bei welcher
        Außentemperatur, es wird immer ein gutes Startverhalten gefordert. Im
        Leerlauf-, Teillast- und Volllastbereich sollte der Motor gut am Gas
        hängen, beim Beschleunigen soll er sich nicht verschlucken, tief in
        Tälern und hoch oben auf Bergen, da, wo die Luft dünn ist, immer noch
        einwandfrei laufen.
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  Dell´Orto-PHM-40-Rundschieber-Vergaser
        der Ducati 750 SS
 
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      | Diese
        Anforderungen machten den Vergaser immer aufwändiger. Für Laien ist er
        inzwischen fast undurchschaubar. Ein Blick ins Innere macht die
        Verwirrung perfekt. Winzige Bohrungen, enge Kanalverbindungen, viele
        unterschiedliche Düsen, verstellbare Düsennadeln, kleine Ventile,
        Schwimmer, Membranen, Pumpen, Federn, Hebel, etliche
        Einstellschräubchen und vieles mehr machen das Gebilde zu einem
        hochkomplizierten Bauteil. Die Zeit, in der sich Vergaser-Anlagen "nach
        Gehör" synchronisieren und exakt einstellen ließen, gehört
        längst der Vergangenheit an. Moderne Messgeräte sind für die
        Einstellarbeiten erforderlich.
 
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      | Aber
        nicht nur falsch justierte Vergaser sind für schlechten Motorlauf
        verantwortlich, auch Schmutz in der Misch-Fabrik bewirken Chaos. Sind
        Kanäle mit Ablagerungen verstopft oder hindern winzige Schmutzpartikel
        den freien Düsendurchfluss, kann die Gemischaufbereitung ganz schön
        durcheinanderkommen. Das Gemisch magert ab, der Motor hustet und spuckt.
        Im schlimmsten Fall kann es zu einem kapitalen Triebwerkschaden kommen.   | 
         "Fingerspitzengefühl"
 Vergaser synchronisieren
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      | Vergaser-Reinigungsaktion am Beispiel einer
 Honda GL 500 Silver-Wing von 1983
 
 
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         Honda GL 500
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      | Gehörte
        "früher" die Vergaserreinigung zum kleinen Einmaleins des
        Motorradfahrers - in jeder Betriebsanleitung war diese Arbeit
        detailliert beschrieben - sorgen bei "modernen" Maschinen
        feine Luftfilter für saubere Atemluft und machen die Putzaktion
        weitgehend überflüssig. Verschmutzte oder verharzte Vergaser sind aber
        beileibe keine Seltenheit. Besonders, wenn die Maschine eine Ewigkeit in
        der Ecke stand und man den Kraftstoff aus den Schwimmerkammern nicht
        abgelassen hat. Der Sprit verflüchtigt sich nämlich nicht samt und
        sonders in der Luft. Rückstände bleiben übrig und setzen sich
        hartnäckig im letzten Winkel fest.
 Voraussetzung für Arbeiten am Vergaser ist ein hohes handwerkliches 
        Geschick und eine gut ein gerichtete Schrauberbude. Hobbybastler, die 
        sich diese Tätigkeit allerdings nicht zutrauen, sollten sich vertrauensvoll an 
        einen Fachmann wenden.
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  Die Ansauggummis können brüchig sein
        oder feine Haarrisse haben
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      | Für
        eine gewissenhafte Säuberungsaktion ist es ratsam, die Anlage
        abzubauen. Eine allgemeine Arbeitsanleitung für die Demontage lässt
        sich allerdings kaum geben. Bei manchen Maschinen ist das Bauteil im Nu
        abschraubt. Bei anderen Bikes müssen zunächst Tank, Sitzbank,
        Seitendeckel, Batterie, Luftfilterkasten und wer weiß was sonst noch
        abmontiert werden, um überhaupt an den Vergaser zu kommen. Gas- und
        Chokezug werden ausgehangen und die Entlüftungsschläuche abgezogen.
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  Beim Ausbau der Vergaser sorgfältig
        Choke- und Gaszüge aushängen
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      | Zum Zerlegen wird die Anlage auf
        die blitzblank saubergewischte Werkbank gelegt. Im Rahmen dieser Arbeit
        sollte man unbedingt ein Augenmerk auf die Ansauggummis und Anschlussstücke
        zum Luftfilterkasten legen. Hat das Bike bereits einige Jahre auf dem
        Buckel, sind fast immer die Gummis brüchig oder bereits eingerissen.
        Sie müssen unbedingt erneuert werden. Löcher in den Ansauggummis
        können verheerende Folgen mit sich bringen. Der Motor zieht Nebenluft,
        magert ab und kann Schaden nehmen.
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      | Doch
        zurück zur Misch-Apparatur. Selbst geübten Schraubern sei empfohlen, sich
        beim Zerlegen genaue Aufzeichnungen zu machen, wo welche Düse oder
        welches Einstellschräubchen eingeschraubt war und wie viel Umdrehungen 
        erforderlich waren, um das Schräubchen herauszudrehen. Liegt die "Fabrik"
        in allen Einzelteilen auf der Werkbank, gehts ans große Reinemachen.
        Mit welchen Mittelchen oder Flüssigkeiten der Restaurateur der
        Apparatur zu Leibe rückt, ist sehr unterschiedlich.
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  Vergaser-Reinigungsflüssigkeit
 altgedient, aber inzwischen ausgedient
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      | Lange Zeit war  die Vergaser-Reinigungsflüssigkeit von
        Yamaha das Maß der Dinge. Im Verhältnis ein Teil Reiniger zu drei Teilen 
        Benzin werden beide Flüssigkeiten in einer Schüssel zusammengemixt und 
        die Vergaserbauteile über Nacht darin eingeweicht.
 Was
        man am anderen Tag aus dem Bottich angelt, kann sich sehen lassen. Nicht
        nur, dass die Düsen blitzblank blinken und alle Ablagerungen im
        Vergaser verschwunden sind, auch die Aussenflächen des Vergasers sind
        tadellos sauber. Zur Nachreinigung werden die Teile mit frischem Benzin
        abgewaschen und anschließend mit Druckluft abgeblasen. Hierbei aber
        bitte aufpassen, dass einem die kleinen Düsen nicht zwischen den
        Fingern wegfliegen.
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  Alles ist wieder "blitz-blank"
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      | Die 
        asiatische Wunderbrühe ist sehr hautaggressiv und darf
        auf keinen Fall in die Augen gelangen, dafür greift sie aber keine
        Vergaserbauteile aus Kunststoff oder Gummi an. Nach der Prozedur ist es
        ratsam, den kostbaren Saft zum Beispiel durch einen Kaffeefilter in
        einen sauberen Behälter zu schütten. Gut verschlossen bleibt die
        Reinigungskraft erhalten, und die Mixtur lässt sich bei der nächsten
        Gelegenheit erneut verwenden. Wird die Flüssigkeit nicht mehr
        benötigt, muss man sie wegen der Umweltschädlichkeit unbedingt als Sondermüll entsorgen!
 So weit, so gut. Inzwischen wurde aus den oben genannten Nachteilen der 
        Verkauf der Spezialflüssigkeit in Deutschland eingestellt. Im 
        benachbarten Ausland haben die Yamaha-Händler das Produkt 
        verschiedentlich noch im Angebot. Viele Edelschrauber hierzulande 
        schwören weiterhin auf das Teufelszeugs und lassen nichts auf die Tinktur 
        kommen.
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  Die Teile werden mit frischem Benzin
        abgewaschen
 und anschließend mit Druckluft abgeblasen
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      | Eine 
        inzwischen fest etablierte Methode der Vergaserreinigung ist das 
        Ultraschallbad. Gut ausgestattete Werkstätten verfügen über solch ein 
        Gerät. Auch hier muss man den  Vergaser bis auf die letzte Schraube 
        zerlegen, alle Teile wandern dann in das Bad. Je nach Verschmutzung 
        dauert die Behandlung 10 bis 15 Minuten, bei hartnäckigen Ablagerungen 
        kann es auch etwas länger werden. In der Regel verfügen die 
        Werkstattexperten über einen großen Erfahrungsschatz und agieren den 
        Umständen entsprechend.
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  Ultraschallreinigungsgerät hier mit Amal-Vergasern
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        Für die Heimwerker 
        und Selbstschrauber empfiehlt sich ein Geheimtipp. In der Drogerie 
        besorgt man sich ein 500 Gramm-Pack Zitronensäure für zwei Euro. Die 
        Hälfte der Packung wird in einen ausgedienten Kochtopf mit heißem Wasser 
        gegeben.  Alle zerlegten Vergaserbauteile kommen dann für 10 bis 15 
        Minuten in das alternative Reinigungsbad. Kunststoffteile erleiden 
        hierbei keinen Schaden. Ist die Prozedur beendet, genügt zum Abspülen 
        normales Leitungswasser.
 Nach erfolgreicher Reinigungsaktion 
        werden alle Teile übersichtlich auf den Arbeitsplatz geordnet, der 
        Zusammenbau kann beginnen.
        Sind
        irgendwelche Vergaserdichtungen beschädigt, werden sie
        selbstverständlich erneuert. Beim Einschrauben der Düsen ist darauf zu
        achten, dass sie lediglich nur "handfest" gezogen werden. Wer
        die Düsen zu kräftig festknallt, hat schnell ein Gewinde überdreht.
        Welches Bauteil beim Zusammenbau mit Montagefett eingeschmiert werden muss,
        lässt sich aus dem Werkstatthandbuch entnehmen. Das Gleiche gilt für
        das Schwimmerstand-Einstellmaß und die Grundeinstellung der
        Gemischregulierschraube. Bei Mehrvergaseranlagen ist es ratsam, den
        Schiebergleichlauf vor dem Einbau zu überprüfen und gegebenenfalls
        anzupassen.
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  Nach der Kur läuft die Honda GL 500
        wieder wie ein Uhrwerk
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      | Ist die Anlage zusammengeschraubt und 
        angebaut, wird sie abschließend eingestellt. Hierfür müssen die genauen 
        Daten - die von Maschine zu Maschine unterschiedlich sind - vorliegen. 
        Sie stehen im Werkstatthandbuch oder lassen sich in der Fachwerkstatt 
        erfragen.
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