Motorrad-Marken
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Münch-Story 5. Teil
Münch Mammut - ein
deutsches, technisches Kulturgut
DBH-Motorradtechnik MÜNCH-4 Motorradbau
"Arten-Pflege"
Vor gut 40 Jahren besaß ich
für einen Sommer lang eine Münch Mammut.
Der Münch-Virus hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Auch in der
Szene hat 2010
das außergewöhnliche Big-Bike nichts von seiner
Faszination
verloren. Es herrscht ein regelrechter Münch-Boom,
bei den Klassikern, es gibt aber auch Neue.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv Münch und Wilhelm Groh,
Münch Motorrad Technik GmbH,
NSU-Kühlmann
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DBH-Chef Rolf Damen und Mammut-Mann Friedel
Münch
Münch-4 TTS 1100
Diese Mammut wurde von DBH in Lüneburg restauriert
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Mitte Februar 2010 war ich
bei DBH-Motorradtechnik Münch-4 Motorradbau in Lüneburg. Firmenchef Rolf Damen führte mich
durch seine Werkstatt und lacht: "Niemals hätte ich mir träumen
lassen, dass mich das Münch-Geschäft noch einmal so auf Trab bringt.
Noch vor ein paar Jahren kümmerten wir uns hauptsächlich um BMW
Motorräder. Pflegten und warteten die bayerischen Maschinen, führten
Tuningarbeiten durch, widmeten uns Restaurationen und individuellen
Gespannumbauten. Alles, was das Thema Münch betraf, war mehr
leidenschaftliches Hobby als Geschäft, wirtschaftlich ließ sich damit
kein Staat machen. Diese Situation hat sich inzwischen gründlich
geändert. Den BMW-Part habe ich an meinen Mitarbeiter Joachim Lohmeier
abgegeben, ich selbst und mein Lehrling Tobias Ruth können uns nun
voll auf die Münch-Motorräder konzentrieren. Das Arbeitsaufkommen ist
enorm, ganz gleich ob Ersatzteilversorgung, Wartungsarbeiten oder
Restaurationen. Sogar einige neue Münch-4 TTS 1200 und Münch-4 TTS-E
1200 haben wir inzwischen auf die Räder gestellt. Wer solch ein
Motorrad möchte, der muss ab 60.000 Euro aufwärts rechnen. Abgesehen
von einigen Detailmodifikationen entsprechen unsere Maschinen exakt
den Ur-Münchs, wie sie unter Federführung von Friedel Münch entstanden
sind, und genau wie früher werden bei uns auch Kundenwünsche
berücksichtigt. Nur ein Zaubertrick gelingt uns leider nicht und das
ist die Hürde für die Straßenzulassung. Die aktuellen gesetzlichen
Abgasnormen und Geräuschvorschriften lassen sich mit der Münch-4 in
ihrer ursprünglichen Bauweise unmöglich einhalten. Unsere Kunden
wissen das und erwarten es auch nicht. Schließlich wollen sie eine
original Münch-4 genau wie früher. Nach meinen Erfahrungen sind es
keine Leute, die die Münch als Spekulationsobjekt betrachten, sondern
es sind echte Motorradfans. Die einen stellen die Mammut in ihre
Sammlung, andere zeigen sie auf Oldtimer-Veranstaltungen. Die
Wertschätzung der Münch ist inzwischen extrem hoch. Für viele ist sie
die Traummaschine schlechthin, andere betrachten die Mammut als
einzigartiges deutsches, technisches Kulturgut."
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Autor Winni Scheibe 1972 auf seiner Münch-4
TTS 1200
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Über das handgemachte Big-Bike mit dem 1200er Vierzylinder-NSU-Automotor von Meister Friedel
Münch wurden schon viele Berichte geschrieben. Es gibt zwei
sehenswerte Filme und ein
Münch-Buch. Im Prinzip ist alles erzählt.
Und doch gibt es etwas Neues. Mit dem nötigen Kleingeld in der Tasche
kann man sich bei DBH in Lüneburg wieder eine Münch-4 kaufen. Fast so wie früher...
Eigentlich dürfte ich
diesen Artikel aber gar nicht schreiben. Man könnte mir unterstellen,
ich
sei befangen. Würde die Geschichte glorifizieren, alles schön reden,
vieles besser machen, als es in Wirklichkeit war. Es ist auch nicht
einfach, ich gebe es zu. Nur wenige Motorräder auf dieser Welt lösen
derartige Emotionen aus. Spalten aber auch die Fraktionen. Für die
einen sind sie das Königreich auf Erden, die anderen wollen nichts
davon wissen. Die Rede ist von der legendären Münch Mammut. Und genau
so ein Biest hatte ich als 20jähriger Motorradnovize. Das war im
Sommer 1972. Der Münch-Bazillus hat mich nie verlassen. Als MO-Mann
der ersten Stunde erschien mein erster Testbericht in der Ausgabe
12/1979 über die Münch-4 TTS 1300 mit dem Titel:
"Ich habe Respekt vor diesem Ungetüm".
Steht heute eine Münch
neben einer Triumph Rocket III
oder Yamaha Vmax wirkt die Mammut
längst nicht mehr "sooo" gewaltig. In der Oberliga sind die Bikes
inzwischen auch groß und mächtig geworden. Es gibt sogar welche, die
haben einen Rückwärtsgang, zum einfacheren Einparken.
Oft wurde das Mammut
schon für tot erklärt, war abgeschrieben. Doch das Mammut lebt und
bebt, fast möchte man sagen, gewaltiger denn je. Dabei durfte die
Münch nie Mammut heißen, der Markenname war bereits geschützt.
Besitzer und Fans stört es allerdings nicht die Bohne. Das Motorrad
war, blieb und ist bis heute für sie die Mammut. Die offizielle
Bezeichnung klingt ja auch nicht so mystisch.
Münch-4 TTS
1200 steht für die Vergaser-Version und
Münch-4 TTS-E 1200 für die
Ausführung mit Einspritzanlage.
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Vor vier
Jahrzehnten war die Münch-4 TTS 1200
das stärkste, schnellste und teuerste Motorrad der Welt
Mammut-Mann: Friedel Münch
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In einer
Zeit, als bei uns der Motorradmarkt mausetot am Boden lag, tüftelte 1965
der hessische Kfz-Meister Friedel Münch, Jahrgang 1927, mit
unerschütterlichem Enthusiasmus an seiner Traummaschine. Stark und
schnell sollte sie werden, hohe Tourenqualität besitzen und auch
seitenwagentauglich sein. Als Kraftquelle diente dem begabten Handwerker
der Vierzylinder-Automotor vom NSU 1000. Viele Bauteile musste er selbst
herstellen, Anfang 1966 war der Prototyp fertig. |
Frühjahr 1966: Münch Mammut "Prototyp"
(Foto: NSU-Kühlmann) |
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Münch Mammut
"Prototyp"
Speichenräder, 4-in-4-Auspuffanlage,
offene Antriebskette
(Foto: NSU-Kühlmann ) |
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Doch
schon bald zeigten sich gravierende Schwächen. Wieder war
Einfallsreichtum gefragt. Das Mammut, das ja nicht Mammut heißen
durfte, hatte mit dem gewaltigen
Doppelscheinwerfer, der Münch-Rennbremse im Vorderrad, dem massiven
Guss-Heckteil, der Schwingenkonstruktion mit Ölbadkettenkasten und
einem aus Elektronguss gefertigten Hinterrad seine unverkennbaren
Merkmale bekommen. Nach dem 1000er und 1100er Motor kam ab 1969 das
von Friedel Münch auf 88 PS frisierte 1200er Triebwerk vom NSU TT zum
Einsatz. Ab 1973 gab es neben der Münch-4 TTS 1200 die 104 PS starke
Münch-4 TTS-E 1200 mit Einspritzanlage. Motorradspezialist Münch,
immer auf der Suche nach neuen technischen Lösungen, war geprägt von
der Lebenseinstellung: "geht nicht, gibt es nicht". Auf diesem Gebiet
war er ein "Hans Dampf in allen Gassen", mit seinen finanziellen
Partnern hatte der Hesse weniger Glück. Mitte der 1970er Jahre
übernahm Heinz W. Henke die Fabrik, Friedel Münch war in seiner
ehemaligen Firma nur noch "Technischer Leiter". Ende 1976 trennten
sich Münch und Henke. Henke fertigte die Münch-4 weiter, insgesamt
wurden von Anfang 1966 bis 1980 zum Produktionsende 478 Münch-4
gebaut.
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Münch-4 TTS 1200 von 1968
Herausragende Merkmale der "Mammut" waren:
Doppelscheinwerfer, Rickman-Gabel mit 250er Münch-Dupplextrommelbremse,
individuelle Tank-Fertigung, Geschlossener Kettenkasten mit Gussfelge
(Schaufelrad) und
Dupplextrommelbremse, Sitzbank mit Radabdeckung und natürlich das von
Friedel Münch modifizierte 88 PS 1200er NSU-Triebwerk. |
Münch-4 TTS 1200 von 1969
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Gunter Sachs Mitte der 1970er Jahre auf
seiner Münch-4 TTS 1200
(Foto: Münch Motorrad Technik GmbH)
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Münch-4 TTS-E 1200 von 1975
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DBH ist Nachfolger
der Münch-Motorradfabrik
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Die nächsten vier
Jahre wurde es still um das hessische Urvieh. 1984 kaufte Jens Hallhuber aus Boltersen Heinz W. Henke den gesamten Warenbestand,
sämtliche Konstruktionszeichnungen, die Fertigungseinrichtungen, alle
Gussformen sowie den Firmennamen ,,Münch" ab. Der Norddeutsche plante
Großes. Neben Wartung, Service und Ersatzteilversorgung wollte er die
Mammut wieder auf Band legen. Doch soweit sollte es nicht kommen. Am
30. September 1991 verstarb Jens Hallhuber im Alter von 36 Jahren.
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Münch-Experte Jens Hallhuber |
DBH-Chef Rolf Damen bei dem Neu-Aufbau einer
Münch-4 TTS-E 1200
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Als nächster Eigner
firmierte ein Jahr später DBH in Lüneburg. Kfz-Meister Rolf Damen,
selbst seit 1979 Münch-Fahrer, hat sich mit Herz und Seele dem Erhalt
der Mammut verschrieben. "Die größte Mühe machte uns die
Neuherstellung der Gussteile. Zwar hatten wir die benötigten Formen
aus dem Hallhuber-Fundus übernommen, doch für einige Bauteile mussten
die Gussmodelle überarbeitet bzw. instandgesetzt werden. Das war aber
nicht das eigentliche Problem, der Knackpunkt liegt in den geringen
Stückzahlen. An kleinen Mengen sind Gießereien nicht interessiert",
verrät der Mammut-Experte.
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Unter der Regie von
Friedel Münch wurden etliche Teile aus dem
sündhaft teuren Elektronguss gefertigt. Anfangs ist man von dieser
Herstellungsweise bei DBH abgewichen. Man lässt die Gehäuse aus
hochwertigem Aluguss fertigen. Zwar sind sie im Vergleich zum
Elektronguss etwas schwerer, dafür ist das Material
alterungsbeständiger. Seit einiger Zeit ist es allerdings auf Wunsch
auch wieder möglich die Teile aus einer modernen Elektrongusslegierung
zu bekommen.
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DBH-Team:
Rolf Damen und Tobias Ruth |
Abgesehen vom
Zylinderkopf, Zylindern, Kolben, Kurbeltrieb und Motorblock, den
Weber-Doppelvergasern, einem Teil der elektrischen Ausrüstung,
Telegabel und Federbeinen stellen wir für die Münch fast alle Teile
selbst her. Die Beschaffung von original NSU-Teilen wird dagegen immer
schwieriger", bedauert Rolf Damen.
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Wohl wissend dieser
Situation ist der Firmenchef ständig auf Ausschau nach
NSU-Ersatzteilen. Die Mühen lohnen sich, entsprechen gut ist das Lager
sortiert. Die Vorratshaltung ist allerdings auch erforderlich. Bei
meinem Besuch zähle ich in den DBH-Räumlichkeiten ein Dutzend Münch
Motorräder. Bei einem Teil sollen Wartungs- und Reparaturarbeiten
erledigt werden, die anderen warten auf eine Generalüberholung. "Ein
gutes Beispiel ist diese Maschine", Rolf Damen zeigt auf eine Münch-4
TTS-E 1200 von 1976 und verrät, "der Kunde hat die Mammut für knapp
50.000 Euro gekauft. Das Motorrad ist fahrbereit, das wars aber auch
schon. Nach seinen Vorstellungen soll die Münch wie frisch aus dem
Werk werden, diese Restauration wird mit Sicherheit über 20.000 Euro
kosten."
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Ab 60.000 Euro aufwärts gibt es bei DBH eine
neue Münch-4 |
Kenner gehen davon
aus, dass von den 478 je gebauten Münchs nur noch rund 250 Maschinen
existieren, optimistische Szenenexperten schätzen den Bestand auf 300
Motorräder. "Auf den ersten Blick sind das wenige Motorräder. Bei der
Münch darf man zwar von einer Kleinserie sprechen, doch hinsichtlich
der Ausstattung bot Friedel Münch seiner Kundschaft ein breites
Spektrum. Die Münch konnte mit Doppelscheinwerfer oder einem
Einzelscheinwerfer geordert werden, Tank-Größe und Tank-Form wurden
genau auf die Bedürfnisse des Fahrers maßgeschneidert, es gab sie als
Einsitzer oder mit Zweipersonensitzbank, dazu kam ein reichhaltiges
Zubehörangebot über Lenkerform, Ölkühler, Sturzbügel, Zusatzhörner und
zusätzliche Messinstrumente bis hin zu individuellen Farbwünschen.
Keine gleicht der anderen, jede Münch wurde so ein kostbares Exponat.
Prominente Münch-Fahrer waren der Industrielle und Starfotograf Gunter
Sachs und der bekannte ZDF-Nachrichtensprecher Jochen Breiter", lässt
Rolf Damen wissen.
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Kontakt:
DBH-Motorradtechnik
Münch-4 Motorradbau
Bahnhofstraße 21-23
21337 Lüneburg
www.dbh-motorradtechnik.de
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