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"Born to be wild" Erinnerungen von Winni Scheibe an den Kultfilm Easy
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Informationen übers Hobby waren dürftig, in den 1960er Jahren war der westdeutsche Motorradmarkt fast ausgestorben. Unsere Quellen waren Erzählungen von "Alten Hasen", DAS MOTORRAD, Fachbücher und Kinofilme. Wir hatten "Die wilden Engel" (The Wild Angels, USA, 1966) mit Peter Fonda gesehen. Es war ein Motorradfilm über Rocker auf skurril umgebauten Harleys, wilden Parties und ansonsten ganz schön schräg. Mit unseren Vorstellungen übers Motorrad fahren hatte es allerdings wenig zu tun. Mit Rockern und Choppern konnten wir damals nichts anfangen. Für uns gabs nur schnelle Sportmaschinen. Wir verehrten die Rennfahrer Mike Hailwood, Phil Read, Bill Ivy und Giacomo Agostini. Sie waren unsere Helden und Vorbilder. |
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Damals war ich erst 17, alle meine Kumpels hatten den Film gesehen. Wau! Hat uns Easy Rider umgehauen! Er traf uns mitten ins Mark, passte in den Zeitgeist der aufmüpfigen Jugend. Genau so hatten wir uns echte Freiheit, Unabhängigkeit und Motorrad fahren, auf endlosen Highways quer durch atemberaubende Landschaften in Amerika, vorgestellt. Dazu Soundtracks von Steppenwolf, Byrds, Jimi Hendrix & Co. Wir übernahmen im Sprachgebrauch: "Morgens ein Joint und der Tag ist dein Freund", gönnten wir uns zwischendurch mal einen kleinen Schnaps, wippten wir lässig mit dem rechten Ellbogen und äfften Wyatts drogensüchtigen Beifahrer George mit (frei interpretiert) "Nick! Nick! - Nick! Nick!" nach. Wir konnten uns mit Easy Rider voll identifizieren. Besonders auch deswegen, weil wir, ähnlich wie die beiden Filmbiker Wyatt, alias Captain America, und Billy, als junge Moped- und Motorradfahrer von Erwachsenen oftmals verspottet und beschimpft wurden. Superschlaue Neunmalkluge prophezeiten uns wilden Rasern: "Ihr fahrt euch bald den Hals ab". Für die etablierte Gesellschaft waren wir langhaarige Hippies und Gammler, ungezogene Halbstarke und Rowdies und Rocker sowieso. So einen zum Schwiegersohn hätte für viele Eltern den Weltuntergang bedeutet. Altnazis sagten uns frech ins Gesicht: "Beim Hitler hatte man euch vergast oder an die Wand gestellt". So etwas ließen wir uns natürlich nicht gefallen und prompt bekamen wir zu hören: "Wenns euch hier nicht passt, geht doch rüber, geht doch in die DDR". Und so wirkte damals das schockierend-tragische Ende von Easy Rider überhaupt nicht abschreckend auf uns. Ganz im Gegenteil. Trotzig schworen wir, dass wir uns niemals einschüchtern und unterkriegen lassen. Die Geschichte gab uns Recht. Motorräder, Motorrad fahren, Biker und Chopper waren schon bald salonfähig. "Born to be wild" von Steppenwolf wurde ein Welthit und zur Bikerhymne schlechthin. Einfache Biker, Geschäftsleute, Rechtsanwälte, Zahnärzte und Promis fuhren Harley-Davidson und jeder träumte ein bisschen von der US-Route 66 und Easy Rider. |
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Bike Week 2001, Indian-Rally und Peter
Fonda |
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Für meine Berichte über den Kultfilm Easy Rider und den damaligen Zeitgeist hatte ich bereits umfangreiche Recherchen angestellt. Was allerdings in der Sammlung noch fehlte, war ein persönliches Gespräch mit Peter Fonda, Jahrgang 1940. Bereitwillig nahm er sich Zeit. Zunächst unterhielten wir uns über Gott und die Welt. Mit einem Augenzwinkern verriet mir der überzeugte Motorradfahrer dann, dass weder Indian noch Harley-Davidson seine Favoriten wären, sondern dass er ein leidenschaftlicher BMW Tourenfahrer sei. Fügte dann aber gleich mit einem verschmitzten Lachen hinzu, dass die neuen Indian-Modelle auch sehr gute Bikes wären. |
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Wer wollte, schüttelte
Peter Fonda die Hand, ließ sich
ein Autogramm geben |
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Amerika, das Land der
unbegrenzten Freiheit, ist für viele |
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Vom Bopper zum Chopper So etwa in den 1940er, 1950er Jahren waren es einige amerikanische Motorradfahrer auf ihren dicken 1340er Harleys endgültig leid, sich ständig von spritzigen 500er englischen Maschinen abhängen zu lassen. Im Vergleich mit ihren zwar ausgesprochen bequemen aber dafür viel zu schweren und auch trägen Harley-Davidson Big-Twins waren die britischen Bikes von BSA, Triumph und Norton nämlich bedeutend leichter, handlicher und schneller. Vorzugsweise in Kalifornien kamen dann pfiffige Kerle auf eine geniale Idee. Alles, was nicht unbedingt am Bike erforderlich war, wurde im Rundumschlag abmontiert. Mit diesen auf´s Wesentliche abgespeckten und teils frisierten Bobber (Der Ausdruck stammt vom "entsorgten" serienmäßigen wuchtigen Harley-Vorderradkotflügel) ließen sich nun auf freier Strecke, beim Ampelstart oder den damals populären aber auch illegalen Beschleunigungsrennen über die viertel oder halbe Meile britische Twins in sportlicher Herausforderung abledern. In der Bopper-Szene wurden bewusst Wettfahrten mit anderen Bikern provoziert. Wer als erster durch´s Ziel brauste, war Sieger, wurde wie ein Held gefeiert. Neben diesen furchtlosen
Draufgängern bildeten sich etwa zeitgleich quer durch´s Land
Motorradclubs, kurz MCs. In diesen Gemeinschaften ging´s um die
Leidenschaft für´s Motorrad fahren, um Kameradschaft und
Freundschaft. Bei Ausfahrten im Konvoi herrschte Ordnung und Disziplin.
Ganz vorne fuhr meist der Clubpräsident oder einer, der den Weg kannte.
Alle anderen folgten abwechselnd rechts-links versetzt. In der Gruppe
galt untereinander striktes Überholverbot. Ähnlich wie in der
Bopper-Gemeinde waren auch bei den Clubmitgliedern individuelle
Bike-Umbauten schwer angesagt. Sie nannten ihre Handwerkskunst "to
chop", was so viel wie abhacken bedeutete. Überflüssiges Blech,
Verkleidungen, Hebel und Stangen landeten auf dem Schrott. Für
gemütliches Chopper-fahren wanderte der Fahrersitz möglichst tief in
die Maschine, die Stiefel standen auf vorverlegten Fußrasten und die
Hände umfassten einen hochgezogenen Buckelhornlenker. Zum weiteren
typischen Chopper-Merkmal gehörten ein spindeldünnes Vorderrad und
eine breite Hinterradwalze. Aufrecht sitzend, die Nase im Wind, kam
keine Hektik auf, beschaulich bummelten die Biker auf ihren skurrilen
Chopper-Maschinen |
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Doch zwei Wochen nach der Randale in
Hollister erschien ein Bericht im Life-Magazin. Die Krönung des
Sensationsartikels war ein Foto, das einen offensichtlich betrunkenen
Biker zeigte. Für die verspießte amerikanische Gesellschaft war die
Geschichte ein riesiger Skandal und jeder, der Motorrad fuhr, bekam
sofort sein Fett weg. Und so darf es nicht wundern, dass fortan bei
jedem kleinen Vorfall Motorradclubs, kurz MCs, in die Schlagzeilen
gerieten. Ganz gleich ob "Boozefighters", "Bandidos",
"Dragons", "Vargos", "Mongols" oder "Hells
Angels", die Bevölkerung warf alle MCs in einen Pott. Für sie
waren es böse Buben, denen man nicht von hier bis über die Straßen
trauen durfte, und so einen als Schwiegersohn hätte den Weltuntergang
bedeutet. |
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Die MC-Mitglieder sahen es dagegen ganz anders. Für sie bedeutete der
Club eine feste Gemeinschaft, für viele war der Club wie eine zweite
Familie. Man hielt zusammen wie Pech und Schwefel, und bei der
Maschinenwahl gab man sich großzügig. Neben Harleys wurden genauso
gern Indians, Triumphs, BSAs, Nortons und sogar BMWs gefahren. |
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Der Motorradindustrie war dieses Biker-Image allerdings überhaupt nicht recht. Anfang der 1960er Jahre war in Amerika ein gewaltiger Motorradboom in Gang gekommen. Englische, aber auch japanische Firmen verzeichneten gewaltige Umsätze. Bereits 1959 hatte Soichiro Honda eine Werksniederlassung in Los Angeles gegründet. Mit einem rund zwei Millionen Dollar teuren Reklamefeldzug eroberte Honda die USA. Der Werbeslogan "You meet the nicest people on a Honda" ging in die Geschichte ein. |
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Zwar verkaufte Honda in jener Zeit nur Mopeds und Motorräder bis maximal 305 ccm, aber auch die anderen Marken profitierten vom Imagewechsel. Die Amis schienen regelrecht motorradverrückt zu sein. Man hatte es als Freizeit-, Spaß- und Hobbyfahrzeug entdeckt. Mit dem harten Kern, den rohen, langhaarigen und schmuddeligen Bikern auf ihren Choppern, wollten die Feierabend- und Sonntagsfahrer allerdings nichts zu tun haben. Aus San Francisco schwappte die Flower-Power-Bewegung übers Land, und wer gut draufsein wollte, rauchte einen Joint. |
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Damals war Larry Coleman "Präsident" der Frankfurter Bones. Als Larry mit einigen US-Boys die Bones gründete, ahnte sicherlich keiner von ihnen, dass der Club mal Ursprung für den Bikerkult in Deutschland werden sollte. Nicht nur, dass die Bones sich im Laufe der Jahre zu dem größten Biker-Club bei uns entwickelten, auch sind sie für viele deutsche MC`s das Vorbild. Heute ist der Club fest in deutscher Hand, die Amis sind in ihre Heimat zurückgekehrt. Geblieben ist die Erinnerung zum Ur-Chopper, die Vorbilder aus Easy Rider gingen den Jungs nicht mehr aus dem Kopf. |
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