Motorrad-Marken


Friedel-Münch-Museum
2002 - 2010

"Mammut-Galaxie"

Genialen Konstrukteuren gebühren Denkmäler. Friedel Münch,
Erbauer der legendären "Mammut", gehört zweifellos zu diesen
Kreisen. Längst sind seine Kraftmaschinen zu technischen
Kulturgütern geworden. Im "Friedel-Münch-Museum"
von Wilhelm Groh in Walldorf bei Hockenheim steht
inzwischen eine ganze Mammutherde.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Frohnmeyer


In Reihe und Glied:
Münch-Motorräder im "Friedel-Münch-Museum"

Wilhelm Groh und Friedel Münch

Arbeitsplatz:
Friedel Münchs Büro hat nun im Museum einen neuen Platz gefunden - alte Erinnerungen werden wach, als Gunter Sachs noch Münch-4 fuhr und den Meister zur Inspektion
nach St. Tropez/Südfrankreich orderte.


Der leider im August 2005 viel zu früh verstorbene Wilhelm Groh war echter Münchfan. Und das seit er als Sechzehnjähriger am Hockenheimring zum ersten Mal mit großen Augen vor einer Münch-4 TTS 1200 stand. Und wie es überall und immer mit solchen Leidenschaften ist, wurde zunächst alles, was über dieses Super-Motorrad zu bekommen war, gesammelt. Schon bald waren dicke Ordner mit Prospekten, Preislisten, Aufklebern, ausgeschnittenen Werbeanzeigen, allen möglichen Zeitungsveröffentlichungen, Testberichten und Fotos randvoll gefüllt. Diese Begeisterung wurde fast 20 Jahre lang gepflegt, jedoch ohne dass der Mammutfan je eine Münch-4 selbst besaß. Dafür fuhr Wilhelm Groh, Jahrgang 1951, große Motorräder von Honda, Kawasaki, Benelli und BMW. Mitte der achtziger Jahre war es dann aber doch soweit. Erst war es eine Münch-4, bald folgte die zweite und eine dritte. Zu Friedel Münch entwickelte sich im Laufe der Zeit eine feste Freundschaft, der, was man kaum für möglich hält, selbst kein einziges Motorrad besitzt.


Friedel Münch Story
Münch-Feier 1995: Friedel Münch und Wilhelm Groh
(Zum Bericht: "Friedel-Münch-Story")



Familie Groh vor dem ehemaligen "Friedel-Münch-Museum"



Herr einer "Mammut-Herde":
Wilhelm Groh


Bei Wilhelm Groh wurden es dagegen immer mehr. Und weil sich im Laufe der Jahre auch noch so viele Sachen drumherum angehäuft hatten, beschloss der rührige Sammler, ein kleines privates Museum zu eröffnen. Das war im Herbst 1994. Untergebracht war der Fundus vorerst in den Garagen hinterm Haus. Die, wie sich leicht vorstellen lässt, schon bald aus allen Nähten platzten.


Neues "Friedel-Münch-Museum"


"Friedel-Münch-Museum" in Walldorf


Münch-Fans und Münch-Kenner Wilhelm Groh

Die Planung für ein geräumiges Museum war zwar schon bald gereift, doch die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten blieb zunächst erfolglos. Bis der Walldorfer Mitte 2002 auf eine leerstehende Schreinerei gleich im Industriegebiet seiner Heimatstadt aufmerksam wurde. Nun gab es kein Zurück mehr. Gut ein Jahr dauerten alle erforderlichen Umbaumaßnahmen und dann kamen noch einmal stressige Wochen fürs stilechte Einrichten und den Umzug hinzu. Am 26. Juni 2003 war es dann aber doch so weit. Mit rund 200 Mammutfans, Freunden und Gästen feierte Wilhelm Groh die Eröffnung seines neuen "Friedel-Münch-Museums".


Weltkulturgut


"Münch Mammut"


Ohne Übertreibung darf dieses Münch-Marken-Museum mit dem Prädikat "welteinmalig" bezeichnet werden. Auf gut 450 Quadratmetern Grundfläche stehen 50 Motorräder und zwei NSU Prinz. Wobei der Hauptteil von über 30 Maschinen aus dem Hause Münch eingenommen wird. Aber auch Wilhelm Grohs Horex-Leidenschaft kommt nicht zu kurz. Eine beachtliche Sammlung der klassischen Modelle von 250 ccm bis 400 ccm lassen Einzylinder-Fans die Herzen höher schlagen. Hinzu kommen weitere Exponate von NSU und die einzig bekannte 250er Lutrau von 1926, die ihren Ehrenplatz in der rustikalen Werkstatt gefunden hat.



Dreirad-Rally:
Serienmäßig gab es die Münch-4 nie als Gespann. 
Wer mit Beiwagen herumfuhr hat diesen selbst angeschraubt 
oder anschrauben lassen. Im Museum stehen gleich zwei Münch-Gespanne.


Die Wände der geheiligten Halle sind liebevoll mit Schätzen aus der Sammlung dekoriert. Konstruktionszeichnungen, Poster, Werbeplakate, Pokale, Fotos, Münch-Bremse, Elektron-Schaufelrad, Fahrwerk, Wimpel oder Typenschilder, alles hat irgendwie einen Bezug zur legendären Mammut oder zur Epoche. Man fühlt sich sofort in die Zeit der 60er und 70er Jahre versetzt. Aber auch die Gegenwart ist mit der neuen "Münch-Mammut-2000" aus dem Jahr 2002 präsent.



"Münch-Lager":
Friedel Münch und Wilhelm Groh, im Hintergrund die original Rennfahrerausstattung 
(Helm + Leder) von Münch aus den 50er Jahren.

In einer Regalwand sind über 30 Tanks ausgestellt, jeder Kraftstoffbehälter ist ein echtes Münch-Exponat. Denn genau wie es bei der Münch-4 im herkömmlichen Sinne nie eine Fließbandfertigung gab, haben die Spritfässer alle eine andere Form und Farbe. Nicht nur dass der Kunde individuell die Tankgröße wählen konnte, auch wurde der Knieschluss haargenau auf die Größe und Sitzhaltung des Fahrers angepasst.



Kraftspender:
Das Triebwerk für die "Mammut" stammt vom NSU TT.
Der Auto-Schnittmotor zeigt, welche Umbaumaßnahmen Friedel Münch leisten musste, 
bis das Aggregat im Motorrad saß.



Wie früher:
Stilecht eingerichtete Motorradwerkstatt mit 250er Lutrau von 1926


Diese Abwechslung spiegelt sich auch bei den ausgestellten Münchs wieder. Denn jede, für sich betrachtet, ist ein individuelles Einzelstück. Eine der ältesten Mammuts in der Grohschen Herde ist das Big-Bike mit der Rahmennummer 17. Sie wurde 1967 gebaut und hat nachweislich 267.000 km auf dem Buckel. Einen besonderen Fang machte Wilhelm Groh Mitte 1998. In Frankreich entdeckte er die Münch-4 mit Chassis-Nummer 31, es war Ende 1967 die erste Mammut mit 1200-ccm-Triebwerk und der damals sensationellen Leistung von 88 PS. Davor hatte Friedel Münch den NSU 1000 TT-Motor mit 1085 ccm und 55 PS verwendet. Als Kawasaki 1972 die bärenstarke Z900 "Z1" auf den Markt brachte, setzte der Hesse sofort noch eins oben drauf. Er modifizierte seinen Überhammer mit einer Einspritzanlage und somit war die Münch-4 TTS-E 1200, das "E" stand für Einspritzung, mit 100 PS und 245 Sachen Spitze noch vor der "Z1" weltweit das schnellste Serienmotorrad. Vom "E"-Typ stehen im Museum gleich neun Maschinen.


Münch Fahrbericht
On the Road:
Wilhelm Groh auf seiner Münch-4 TTS 1200 von 1971
(
Zur Story: "Fahrbericht Münch-4 TTS 1200 & Münch TTS-E 1300")


Der Großteil der Mammuts ist picobello restauriert und jederzeit einsatzbereit. Andere wiederum zeigen deutlich ihre Gebrauchsspuren. Sie sind durch die Bank weg fahrbereit und im guten technischen Zustand, aber eben noch genauso, wie Wilhelm Groh sie von ihren Vorbesitzern gekauft hat. Inwieweit diese Maschinen allerdings noch so sind, wie sie einst die Münch-Produktionsstätte in Ossenheim oder Altenstadt verlassen haben, lässt sich kaum bestimmen. Einige verfügen über Modifikationen, die aus späterer Fertigungszeit stammen, bei anderen ist Zubehör montiert, und andere wiederum wurden durch kosmetische Maßnahmen, wie zum Beispiel vernickelter Rahmen, verchromte Ventildeckel, polierte Gehäusedeckel oder spezielle Lackierung nachträglich veredelt.


Daytona Bombe
Daytona-Bombe
(
Zur Story: "Daytona-Bombe")


Münch3
Münch3
(
Zur Story: "Münch3")


Zweifellos Prachtstücke der Kollektion sind Daytona-Bombe, Münch-3, Turbo, Sport-Münch, Titan 1600 und die beiden Münch-Gespanne. Mit der Daytona-Bombe wollte Friedel Münch 1970 im Speed-Way von Daytona Beach/USA einen Weltrekord aufstellen. Die Voraussetzungen waren gut. Ferdinand Kaczor schaffte mit der 125 PS starken Renn-Münch auf Anhieb 284 Stundenkilometer. Doch schon nach einigen Runden flogen die Profil-Blöcke aus dem Hinterreifen. Damals gab es eben noch keinen Pneu, der die immensen Strapazen aushielt. Aus dem Rekord wurde nichts, dafür hat die Daytona-Bombe nun einen Ehrenplatz im Museum gefunden. Die Münch-3 ist ein Prototyp mit 700er Dreizylinder-Zweitakt-Motor, der allerdings nie endgültig fertiggestellt wurde und somit nie in Serie ging. Von der Turbo wurden insgesamt nur sieben Exemplare gebaut, der Sammler hat drei von den Brennern. Bei der Sport-Münch sucht man die Münch-typischen Elemente vergeblich. Modernes Gussrad mit Doppelscheibenbremse vorne, Sportlenker und Habermann-Verkleidung gehörten so ganz und gar nicht zum Bild der sonst so gewaltigen Mammut, waren aber ausdrücklicher Wunsch eines Kunden.



In Reih und Glied:
Wilhelm Grohs zweite Leidenschaft sind die Dampfhämmer aus Bad Homburg, 
er besitzt alle Horex-Einzylindermodelle.

An dieser Stelle sei eine Anmerkung erlaubt. Im Schaffensdrang von Friedel Münch stand die Formel "geht nicht, gibt es nicht" immer ganz oben. Schließlich hat er 1966, als kein Mensch mehr ans Motorrad glaubte, den Traum vom Big-Bike verwirklicht, und er war der erste, der eine Gussfelge fürs Hinterrad und eine Einspritzanlage verwendete. Nach der eigentlichen Münchfertigung baute Friedel Münch natürlich auch weiterhin Motorräder. Eine davon ist die Titan 1600, im Prinzip ist es aber auch eine Münch-4. Münch-Gespanne gab es ab Werk allerdings auch nie. Es sind private Umbauten, nach Wissen von Wilhelm Groh laufen nur fünf Münch-Dreiräder.


Eine ganz wichtige Maschine verdient es, zum Schluss noch erwähnt zu werden: die 50er Mammut von 1958. Und die ist tatsächlich echt. Es ist ein Moped von haargenau dem Hersteller, der 1966 Friedel Münch untersagt hatte, den Namen Mammut zu verwenden. Wilhelm Groh hat gut lachen und erklärt mit einem verschmitzten Schmunzeln: "Nicht jeder, der behauptet in seinem Leben eine Mammut gefahren zu haben, hat auch gleichzeitig eine Münch-4 gehabt. Die Münch-4 wurde von 1966 bis 1980 gebaut. Genau 476 Maschinen entstanden, keine mehr und keine weniger. Davon existieren weltweit heute noch etwa 250 Motorräder. Wem sie gehören und wo sie stehen, ist in fast allen Fällen bekannt", verrät Wilhelm Groh. Der Walldorfer muss es wissen.
Er ist neben dem Besitzer des Museums
auch noch 1. Vorsitzender des
Münch-4-Clubs e. V. .


Mammut 50 ccm Moped





Wilhelm Groh im "Verkaufsraum"
(Foto: Frohnmeyer)


Mit dem "Friedel-Münch-Museum" schuf Wilhelm Groh ein Denkmal,
das den Namen eines Mannes trägt, für den Motorräder stets der Mittelpunkt
seines Lebens sind. Die Münch-4 ist ein Meilenstein in der Motorradgeschichte
und ein technisches Kulturgut in der deutschen Zweiradhistorie.

Link:
In Erinnerung an Wilhelm Groh



Friedel Münch Ausstellung


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